Dr. Ronald Steiner: Alignment Cues für Parivritta Trikonasana

Oberflächlich betrachtet ähnelt die gedrehte Dreieckshaltung der gestreckten
Dreieckshaltung, die im vorigen Heft Thema dieser Kolumne war.
Aber der Eindruck täuscht: In ihrer physischen Wirkung und der Ausführung ist sie grundlegend anders.

Wirkung

Parivritta Trikonasana entwickelt Länge in der Wirbelsäule, sie beinhaltet eine tiefe Drehung der Wirbelsäule und bereitet sie zugleich auf Rückbeugen vor. Dabei entsteht Dehnung an der Rückseite des vorderen Beines. Am hinteren Bein hast du Gelegenheit, die Außenrotation zu entwickeln. Symbolisch betrachtet verbindet die Haltung die Erde mit dem Himmel: Sie weist aus einem starken physischen Fundament zu einer feinstofflichen spirituellen Inspiration.

So geht’s

Setze die Füße in eine Schrittstellung: Dabei zeigt der vordere, rechte Fuß nach vorn, der hintere, linke ist schräg nach außen gedreht. Der Abstand ist etwas kürzer als eine Beinlänge und der hintere Fuß steht etwa eine Spannbreit außerhalb der durch den
vorderen Fuß gebildeten Linie. Richte dein Becken gerade nach vorne aus und breite die Arme auf Schulterhöhe zu den Seiten aus. Dann streckst du den Oberkörper in die Horizontale nach vorne. Erst jetzt leitest du aus der Brustwirbelsäule die Drehung
nach rechts ein und nimmst dabei die gestreckten Arme mit in die Drehung. Wenn möglich, setzt du die linke Hand an die Außenkante des rechten Fußes. Der Blick folgt dem rechten Arm.

Alignment Cues

Füße breit!

Im Vergleich zum gestreckten Dreieck stehen die Füße hier etwa zwei Faustbreit kürzer und um den selben Abstand breiter – und damit etwa hüftbreit. Während der vordere Fuß gerade nach vorne weist, platzierst du den hinteren um etwa 45 Grad nach außen gedreht. Diese Position ermöglicht es dir, an beiden Füßen Kraft zwischen fest verwurzelter Ferse, Großzehballen und Kleinzehballen aufzubauen und dein Fußgewölbe aufzurichten.

Becken quer!

Aus dem stabilen Fundament von Füßen und Beinen fällt es leichter, das Becken quer zur Yogamatte auszurichten, es also gerade nach vorn weisen zu lassen. Rotiere dabei bewusst aus dem Hüftgelenk des linken, hinteren Beines den Oberschenkel nach außen. So bekommt dein hinteres Bein zwischen Becken und Fußgewölbe Stabilität durch die gesamte Achse hindurch.

Richtige Reihenfolge:

Erst Vorbeuge, dann Drehung, dann Rückbeuge: Für die Lendenwirbelsäule ist die Kombination aus Vorbeuge und Drehung äußerst herausfordernd. Strecke dich deshalb beim gedrehten Dreieck zuerst aus dem Becken heraus mit völlig geradem Rücken nach vorne. Durch die Positionierung von Füßen und Becken hast du dafür die optimale Voraussetzung. Erst wenn dein gesamter Oberkörper die Horizontale erreicht hat, leitest du aus der Brustwirbelsäule die Drehung ein. Bei entsprechender Beweglichkeit kannst du dabei deine linke Hand relativ mühelos auf dem Boden platzieren und mit dem Blick der rechten Hand nach oben folgen. Von hier aus weitest du deinen Herzraum, streckst die Wirbelsäule lang und rotierst in eine gefühlte leichte Rückbeuge.

Hand triggert Schulter:

Platziere die Fingerkuppen deiner linken Hand zunächst an der Innenseite deines rechten Fußgewölbes (oder auf einem Block). Lasse die Finger dabei rechtwinklig vom Fuß wegweisen. Stelle dir vor, du würdest mit der rechten Handfläche gegen die Luft drücken. So kannst du beide Achselhöhlen heben, etwa so, als wolltest du mit ihnen die Rückbeuge weiter verstärken. Dadurch hebt sich das Schulterdach vom Oberarmkopf und es entsteht eine für das Schultergelenk gesunde Weite.

Traditionelle Handstellung zum Schluss:

Erst im nächsten Schritt platzierst du die linke Hand an der Außenkante des rechten Fußes. Hier weisen die Fingerspitzen nach vorne. Achte dabei darauf, dass die zuvor beschriebene Aktivität und die Ausrichtung des Schulterblatts erhalten bleiben.


Alternative Form

Dr. Ronald Steiner in der alternativen Form von Parivritta Trikonasana Foto: Richard Pilnik

Wie jede Asana kannst du auch diese in verschiedenen Varianten ausführen. Die alternative Form übernimmt die wichtigsten Wirkungen und die Charakteristik, vermeidet jedoch ihre Schwierigkeiten. Beim gedrehten Dreieck ist vor allem die Lendenwirbelsäule mit ihren Bandscheiben in Gefahr. Darauf nimmt diese sichere Basic-Form besonders Rücksicht.

Gleiche Basis: Baue hierzu dein Fundament aus Füßen und Becken wie oben beschrieben auf. Breite deine Arme wie ein Segelflieger zu den Seiten aus und kippe von hier aus mit dem Becken und gerader Wirbelsäule nach vorne.

Stabilität statt Mobilität: Bleibe in dieser aktiven Vorwärtbeuge und genieße die Dehnung in der rechten Beinrückseite und die Streckung mit Kräftigung entlang der Wirbelsäule, ohne die Drehung.

Egal ob Rückenschmerzen, Nacken, Schultern, Beine … Dr. Ronald Steiner erklärt auf yogaworld.de, wie du Schmerzen mit Hilfe von Yogatherapie vorbeugen kannst.


Yoga-Anatomie


Dr. Ronald Steiner ist Arzt für Sportmedizin und zählt zu den bekanntesten Praktikern des Ashtanga Yoga. Die von ihm begründete AYInnovation®-Methode baut eine Brücke zwischen der Tradition und progressiver Wissenschaft, zwischen präziser Technik und praktischer Erfahrung. www.AshtangaYoga.info

Fotos: Richard Pilnick


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