Der Sommer bringt nicht nur lebensfrohe Power und Aktivität mit sich, seine Wärme lädt uns auch dazu ein, uns mit der nährenden Energie der äußeren und inneren Sonne aufzuladen. Mit dieser sanften Sequenz besinnst du dich auf deine Mitte, spürst ihre Kraft und fühlst dich rundum wohl und beschützt.
Text & Sequenz: Sybille May Fung Scherer / Fotos: Jasmin Breidenbach
Bevor du beginnst
Die Körpermitte steht für Balance und Kraft, sie ist dein Kern, oder “Core”. Mit den folgenden Übungen kräftigst du deinen gesamten Rumpf zwischen Zwerchfell und Becken, besonders die geraden und seitlichen Bauchmuskeln, den unteren Rücken und die Muskulatur, die deine Hüften beugt und streckt. 5–10 Minuten üben pro Tag sind völlig ausreichend, um dir ein Gefühl von Kraft, Beweglichkeit und innerer Mitte zu verleihen.
Meditations-Tipp: “In 5 Schritten zu innerem Sonnenschein”
1. Katze und Kuh
Beginne im Vierfüßlerstand. Die Knie stehen hüftbreit und die Fußrücken liegen entspannt am Boden. Die Handflächen sind schulterbreit so aufgesetzt, dass die Arme und Handgelenke in gerader Linie unter den Schultern liegen. Mit einer Einatmung hebst du den Blick, ziehst die Schultern weg von den Ohren und stellst die Zehen auf. Spüre eine Weite in deiner Brustvorderseite, halte den Bauch aber stabil. Lenke die Aufmerksamkeit auf deine Mitte und spüre ihre muskuläre Stabilität. Das ist die Position der Kuh.
Mit der Ausatmung rollst du den Kopf ein und rundest den Rücken nach oben zu einem Katzenbuckel. Dabei ziehst du den Bauch in der Bewegung nach innen Richtung Wirbelsäule und spürst erneut die Kraft in dieser Mitte.
Wiederhole die beiden Bewegungen im Atemrhythmus mindestens 3 Mal, gerne auch länger.
2. Schulterdehnung
Finde aus der Katze-Kuh-Bewegung zurück in eine neutrale Position der Wirbelsäule. Einatmend hebst du dann deinen rechten Arm. Die Fingerspitzen zeigen Richtung Himmel und dein Blick folgt sanft dieser Bewegung. Spüre, wie deine rechte Brustvorderseite sich weitet. Dabei hältst du das Becken stabil, die Beine bleiben hüftbreit und der untere Bauch ist aktiv. Atme noch ein weiteres Mal tief in deinen oberen Brustkorb ein.
Dann lässt du ausatmend deinen rechten Arm unter der Brust zur linken Seite durchfließen. Lege Arm und rechte Schläfe auf der Matte ab und ziehe deinen unteren Bauch behutsam ein, um dich zu stabilisieren. Atme einige Male tief in deinen Brustkorb, lenke die Aufmerksamkeit auf deine Mitte und spüre, wie deine Kraft von innen wächst.
Wenn du magst, wiederholst du die Bewegung anschließend noch einige Male dynamisch: einatmend Arm heben und nach rechts drehen, ausatmend unter dem Körper durchfließen nach links. Die dynamische Bewegung massiert deine Bauchorgane und unterstützt ihre Funktion. Das Gleiche wiederholst du auf der anderen Seite.
3. Seitliche Streckung
Ausgangshaltung ist wieder der Vierfüßlerstand. Mit einer Einatmung verlagerst du dein Gewicht auf die linke Seite und löst die rechte Hand und das rechte Knie vom Boden. Richte deine linke Hüfte über dem linken Knie aus, strecke das rechte Bein und drehe das Becken so zur Seite, dass die Hüftknochen übereinander stehen. Halte den unteren Bauch aktiv, um dich aus der Mitte heraus zu stabilisieren. Aus diesem kraftvollen Halt kannst du den rechten Arm weich in Verlängerung vom Bein über dein rechtes Ohr ziehen. Lenke deine Aufmerksamkeit auf die Atmung: Atme einige Male tief in deinen Brustkorb ein und aus. Spürst du die aufkommende Wärme? Lass dich von ihr energetisieren und festigen. Mit einer Ausatmung kommst du zurück in den Vierfüßlerstand und wechselst mit der Einatmung die Seite.
TIPP: Wenn du dich stabil und kräftig genug fühlst, hebst du in der Haltung dein ausgestrecktes Bein. Dabei musst du noch aktiver mit den Bauchmuskeln arbeiten. Das fällt leichter, wenn du am gehobenen Fuß die Zehen nach vorn ziehst.
4. Sitzende Vorwärtsbeuge
Komm zum Sitzen und stelle deine Füße hüftbreit auf. Einatmend richtest du dich auf, ausatmend umarmst du deine Knie und ruhst deine Stirn auf den Knien aus. Atme in dieser Haltung tief ein und aus. Deine Schultern sind entspannt, der Rücken weitet sich sanft. Spüre, wo im Körper diese Haltung sich vielleicht herausfordernd anfühlt. Bleibe eine Weile und lass dich langsam tiefer sinken.
Wenn es sich richtig anfühlt, von hier aus noch tiefer zu gehen, streckst du behutsam deine Beine aus. Dabei schiebst du die Fersen nach vorn und ziehst die Zehen hoch. Kippe dein Becken Richtung Beine und beuge dich nur soweit nach vorne, sodass du eine angenehme Dehnung deiner Rückseite wahrnimmst. Halte den Bauch und den oberen Rücken dabei möglichst lang, Schultern und Gesichtszüge sind entspannt (Pashchimottanasana). Atme auch hier ruhig und tief.
Dann richtest du dich mit einer Einatmung wieder langsam zum Sitzen auf. Im Anschluss legst du dich auf den Rücken und spürst einige Atemzüge lang nach.
5. Sanfte Rückbeuge
Atme in der Rückenlage ein und stelle deine Füße etwa hüftbreit auf. Atme aus und spüre deine Mitte. Mit der nächsten Einatmung ziehst du dein Schambein an, kippst das Becken und rollst es langsam nach oben, auch der Rücken löst sich von der Unterlage. Halte das Becken in der Luft und verschränke wenn möglich deine Finger unter dem Rücken. Wenn das nicht geht, ziehst du die lang gestreckten Arme etwas näher zueinander. Halte deinen unteren Bauch aktiv und nimm die Kräftigung deiner Körpervorderseite wahr. Spürst du schon die kräftigende Energie in deiner Mitte? Atme ruhig in die Weite des Brustraums, während du das Becken mehrere Atemzüge lang gehoben hältst (Setu Bandha Sarvangasana).
Dann löst du mit einer Ausatmung deine Finger und rollst Wirbel für Wirbel wieder aus der Haltung. Entspanne dich einige Atemzüge lang auf dem Rücken liegend oder ziehe die Knie zur Brust.
TIPP: Wiederhole die Bewegung noch einige Male dynamisch im Atemrhythmus: Einatmend heben, ausatmend abrollen. Die Bewegung wirkt sich festigend auf deine Core–Muskeln aus.
6. Energieausgleich
Hebe in der Rückenlage deine Beine mit einer Einatmung und strecke sie locker gen Himmel. Atme einige Male tief ein und spüre die fließende, wohltuende Bewegung deiner Atmung im gesamten Oberkörper und darüber hinaus. Nimmst du den energetischen Ausgleich wahr? Bewusster Atem und bewusste Bewegung wirken harmonisierend auf deinen Körper und deinen Geist.
7. Ausklang
Lege die Beine wieder ab und richte dir eine angenehme, entspannende Rückenlage ein: Deine Beine sind dabei locker hüftbreit geöffnet, die Füße sinken nach außen. Die Arme winkelst du so weit vom Körper ab, dass du die Handflächen entspannt nach oben drehen kannst (Shavasana). Spüre deine gesamte Körperrückseite am Boden und lass dich in diesen Halt hinein sinken. Entspanne bewusst auch deine Gesichtszüge. Bleibe 5 Minuten lang liegen. Während du so liegst und entspannst, baut dein Körper Stresshormone ab, dein Immunsystem wird gestärkt, Heilprozesse gefördert. Das stärkt deinen Geist und du fühlst dich innerlich ruhig.
8. Atem-Meditation
Finde eine Sitzhaltung, die für dich bequem und mühelos ist. Lege deine rechte Hand auf die Mitte der Brust, wo das Herz-Chakra liegt, und deine linke auf den unteren Bauch. Lenke deine Aufmerksamkeit sanft auf deine Atmung. Spüre ihre Bewegungen. Stell dir vor, in dein Herz hinein einzuatmen und vom Bauch her auszuatmen. Bleibe 3–5 Minuten lang bei diesem feinen Atmen und Spüren. Du wirst sehen: Es füllt deinen Tag mit Ruhe und positiver Kraft.
TIPP: Hast du das Gefühl, dass ständig ein neuer Gedanke deine Konzentration unterbricht? Dann wiederhole im Geist ein schlichtes Mantra: Einatmend sagst du im Stillen “Ich atme ein” und ausatmend “Ich atme aus.”
SYBILLE MAY FUNG SCHERER übt geschmeidige Balance aus der Mitte nicht nur im Yoga und im Leben, sondern besonders gerne auch auf dem Surfbrett. Die Fotos entstanden an einem ihrer Lieblings-Surf-Spots, dem französischen Hossegor. Meistens ist sie aber als Jivamukti- und Yin-Therapie-Yogalehrerin in München. Mehr zu Sybille und ihrer Arbeit findest du unter www.sybillemayyoga.de
Du möchtest heute deine Körpermitte lieber dynamisch aktivieren? Dann empfehlen wir dir zum Beispiel diese Praxis: