Kurz erklärt: Was sind Patanjali und der 8-gliedrige Pfad des Yoga?

Einer der am häufigsten genannten Namen, wenn es um Yogaphilosophie geht, ist Patanjali. Allerdings erfahren viele erst in der Yogalehrerausbildung mehr über den Philosophen. Schade, findet unsere Autorin Kerstin. Denn sein Werk bildet die Grundlage für viele Aspekte des Yoga. Wir geben einen kurzen Überblick

Als ich mit Yoga begonnen habe, war Patanjali für mich lange nicht greifbar. Sein Name bedeutet übersetzt “meisterhafte (pat) Verneigung (anajali)” und er gilt als Vater des Yoga. Klar, dass er oft im Philosophie-Teil der Yogastunden erwähnt wird. Allerdings nicht mit einer persönlichen Lebensgeschichte, wie das bei anderen Gurus der Fall ist. Das liegt auch daran, dass man bis heute sehr wenig über seine Person weiß.

Die sagenumwobene Gestalt Patanjalis

Wahrscheinlich hat Patanjali zwischen dem zweiten bis vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung gelebt. Der Legende nach ist er der Sohn der Eremitin Gonika. Angeblich wünschte sie sich einen Schüler und erhielt vom Sonnengott Surya eine Schlange. Diese verwandelte sich später in einen Jungen, weswegen Patanjali bis heute auf Bildern oft mit dem Unterkörper einer Schlange dargestellt ist. Andere Erzählungen sehen ihn als Sohn eines Sanskrit-Grammatikers namens Panini.

B.K.S. Iyengar fasste die Legenden zusammen. So schrieb er Patanjali das Verfassen der Grammatik, des Ayurveda und des Yoga zu. Unklar ist, ob Patanjali Buddha beeinflusste oder umgekehrt Buddha ihn. Jedenfalls weist Patanjali starke Parallelen zu Aspekten des Buddhismus auf. Und deshalb gilt Yoga bis heute als Mischung aus buddhistischer und hinduistischer Lehre.

Es kann allerdings auch sein, dass es einen Patanjali gar nicht gab. Vielleicht wurden unter diesem Namen mündlich überlieferte Texte und mehrerer Autoren zusammengetragen.

Die Yogasutras

So wenig auch von seinem Leben bekannt ist; sein Werk wirkt bis heute nach. Denn Patanjali gilt als der Verfasser der Yogasutras. Einer der wichtigsten Texte für die Lehre und Praxis des Yoga bis heute. Sutra bedeutet Lehrsätze. Und genau das steckt auch hinter Patanjalis Yogasutras: einzelne bedeutungsschwere Sätze auf Sanskrit. Deshalb braucht es zum Verstehen auch eine gute Übersetzung und Einordnung in den Kontext, wie beispielsweise bei Patanjalis 10 Geboten in Hörbuchfassung. Eine klassische und besonders ausführliche Übersetzung bietet auch Ralph Skuban. Zudem kann ich persönlich die Fassung “Von der Erkenntnis zur Befreiung” sehr empfehlen; mit ihr habe ich meine eigene Yogalehrerausbildung bestritten und lese immer noch gerne darin.

Das Buch behandelt das Ziel der Yogapraxis: die Verschmelzung mit dem Göttlichen. Patanjalis zweites Kapitel ist dabei am wichtigsten. Es beschreibt den Weg zu genau diesem Ziel über den 8-gliedrigen Pfad des Yoga. Die acht wichtigsten Aspekte des Yoga werden hier in der Reihenfolge festgehalten, in der sie erlernt werden sollen:

Der achtgliedrige Pfad des Yoga
  1. Niyamas – ethische Richtlinien für den Umgang mit sich selbst
  2. Yamas – ethische Richtlinien für den Umgang mit der Umwelt und Anderen
  3. Asana – Körperübungen
  4. Pranayama – Atemübungen
  5. Pratyahara – Zurückziehen der Sinne nach innen
  6. Dharana – Konzentration auf einen Gegenstand
  7. Dhyana – Meditation
  8. Samadhi – Erleuchtung

Lies auch: Die Bedeutung von Yamas und Niyamas

Dabei bleibt die Erleuchtung zu Lebzeiten jedoch ein unerreichbares Ziel, dem man durch Yoga immer näher kommt. Denn die Auflösung allen Karmas, was die Erleuchtung bedeutet, ist eigentlich erst nach dem Tod möglich. Dann steigt die Seele aus dem Kreislauf der Wiedergeburten aus und verschmilzt mit dem Göttlichen.

Der achtblättrige Lotus

Übrigens: Du kennst doch bestimmt eines der beliebtesten Yogasymbole, die Lotus-Blume. Sie wird oft mit acht Blättern dargestellt, da diese die 8 Aspekte des 8-gliedrigen Yogapfades symbolisieren. All das zeigt, dass Asanas nur ein kleiner Bestandteil des großen Yogabegriffs sind. Damit ist Yoga eben nicht nur eine Praxis auf der Matte. Yogi*nis sollten Yoga also immer im Alltag abseits der Yogamatte üben. Beispielsweise kannst dafür sorgen, dass nicht nur dein eigenes Innenleben im Frieden ist, sondern auch auf der Straße Deeskalation betreiben und für andere einstehen. So schützt du nicht nur dich selbst, sondern auch deine Mitmenschen. Dieses Prinzip kann man auch auf den Umweltschutz anwenden, indem du dich vor dem Shoppen fragst, ob du diese Sache wirklich braucht.

Lies noch mehr über Yogaphilosophie und eines der Yamas: Was bedeute Ahimsa?


Quelle: YogaWiki| Foto von Jon Li von Pexels | Text von Kerstin Thost

6 Kommentare

    • Hallo lieber Michael, danke für deinen Kommentar. Das “Problem” an Patanjali und den Yoga Sutras ist halt, dass man sie zeitlich so schwer einordnen kann. Die Yoga Sutras sind, solange sie nicht von der einen Person Patanjali stammen, sondern dieser vielleicht frühere Lehren nur zusammen gefasst hat, vielleicht schon älter eben von Buddhas Lehrzeiten. Die genauen Hintergründe kannst du hier bei unseren Freund*innen von Yoga Vidya bei Yoga Wiki nachlesen
      Viele Grüße,
      Kerstin

    • Namaste Lara,
      das freut uns natürlich sehr, wenn dir der Artikel weitergeholfen hat 🙂
      Gibt es vielleicht noch ein Thema, zu dem du dir so einen kurzen Wissensartikel wünschen würdest?
      Alles Liebe an dich,
      Kerstin

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