Alles wird anders
Es ist nicht angenehm, sich das Ausmaß der aufziehenden Katastrophe realistisch vor Augen zu führen. Es ist noch nicht einmal so einfach: Da fliegen einem die widersprüchlichsten Zahlen und Szenarien um die Ohren. Apokalyptiker*innen, Verschwörungstheoretiker*innen und Beschwichtiger*innen schreiben um die Wette – und gleichzeitig geht in unseren eigenen Leben bislang ziemlich alles so weiter wie gewohnt: Die schmelzenden Eisberge und die tauenden Permafrostböden sind weit weg, die brennenden Wälder bisher auch. Die schrecklichen Bilder davon poppen zwar immer häufiger auf, sie lassen sich aber im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Daumenbewegung “wegwischen”.
Trotzdem dämmert es uns wohl allen: Es ist viel schlimmer, als wir bisher wahrhaben wollten. Alles Wegwischen, Aufrechnen, Relativieren und Beschwichtigen kann uns vor dieser Wahrheit nicht mehr lange abschirmen. Bernd Ulrich, der stellvertretende Chefredakteur der ZEIT meint in seinem Buch “Alles wird anders” sogar: “Die Energie, die nötig ist, um das Problem zu verdrängen, scheint mittlerweile größer zu sein als der energetische Aufwand, die Dinge endlich in der Größe anzugehen, die sie haben.” Und sie sind groß: Der Weltartenschutzverband warnte 2019 klipp und klar: “Die Erde steht vor dem ökologischen Zusammenbruch”. Selbst der in seinen Prognosen als eher konservativ geltende Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) gibt uns angesichts der sich beschleunigenden Entwicklung nur noch wenige Jahre, um noch irgendetwas zu unternehmen. Dann erreichen wir die berüchtigten “Tipping Points”, die eine Kehrtwende gänzlich unmöglich machen werden.
Auch wenn die Details genau so strittig sind wie die politischen Handlungen, die man daraus ableiten müsste, eines scheint sich also abzuzeichnen: Es kommen riesige Veränderungen auf uns zu. Entweder weil die maßgeblichen Staaten in letzter Minute das Ruder herumreißen und endlich Maßnahmen einleiten, die der Erderwärmung und dem Artensterben noch wirksam Einhalt gebieten können. Oder weil genau das nicht geschieht und wir die Folgen dieses blinden “Weiter wie bisher!” zu spüren bekommen. Vermutlich wird es auf eine Mischung aus beidem herauslaufen. Und das ziemlich bald.
4 Regeln aus der Yogaphilosophie
Patanjalis Yogasutra stellt die ethische Lebensführung als Grundlage jeglicher Yogapraxis dar – ohne Ethik ist streng genommen nichts Yoga. Vier Begriffe aus den Yamas und Niyamas sind für das Thema Umwelt von besonderer Bedeutung:
1. Ahimsa – Nicht-Verletzen oder Gewaltlosigkeit
Das erste Yama – Ahimsa – ist die Grundlage und der Ausgangspunkt für alle weiteren: Schädigendes Verhalten ist unter allen Umständen zu vermeiden. Damit ist nicht nur unmittelbar zugefügte Gewalt gemeint, etwa wenn ich jemanden beleidige oder ein Tier töte, sondern auch alles, was sich indirekt schädlich auf andere Wesen auswirkt.
2. Satya – Wahrheit oder Wahrhaftigkeit
Satya ist das Gegenteil von Lüge, Betrug und Heuchelei – und zwar nicht nur im Umgang mit anderen, sondern auch gegenüber sich selbst: Wer Satya praktiziert, ist darum bemüht, die Dinge so zu sehen und zu benennen, wie sie tatsächlich sind, anstatt sich etwas vorzumachen, zu verdrängen oder das eigene Verhalten zu beschönigen.
3. Aparigraha – Nicht-Raffen oder Freiheit von Gier
Höher, schneller, weiter und immer noch ein bisschen mehr von allem – das, was in unserer Kultur als völlig normales Bestreben gilt, widerspricht dem Grundsatz Aparigraha. Hier geht es darum, sich seine “Haben-Wollen”-Muster bewusst zu machen und sie zu durchbrechen, nicht nur was unseren (fraglos viel zu hohen) Konsum angeht, sondern auch bei Dingen wie Status und Aufmerksamkeit.
4. Santosha – Genügsamkeit oder Zufriedenheit
Santosha ist die positive Seite von Aparigraha: die Fähigkeit mit dem zufrieden zu sein, was da ist. Nicht im Sinn von dürrem, asketischem Verzicht, sondern als eine innere Haltung von Freude und Dankbarkeit in dem Bewusstsein: Es ist alles da, was ich brauche. Das Yogasutra verspricht daher: “Aus Santosha geht unvergleichliches Glück hervor.”