Leicht von der Leber weg – Wie wir die Lebensenergie im Fluss halten

Leber - Ernährung
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Leber und Galle sind das Königspaar für Entgiftung und Fettverbrennung. Ihr Funktionszyklus ist aus Sicht der TCM sinnbildlich für den Fluss der Lebensenergie, des Qi. Hier erfährst du, wie du die empfindliche Harmonie dieser wertvollen Organe erhalten und ganzheitlich im Fluss bleiben kannst – auch mit Yoga.

Text: Andrea Goffart / Titelbild: Foxys_forest_manufacture / Getty Images Pro via Canva

Leber und Leben – nur ein einziger, winziger Strich fehlt und es wäre dasselbe Wort. Die mittelalterliche Gelehrte Hildegard von Bingen sah – genau wie viele Heilkundige seit der Antike – da durchaus einen Zusammenhang. Für sie war die Leber “Sitz des Lebens”. In ihrer Lehre der vier Körpersäfte nimmt unser größtes (und mit bis zu zwei Kilo schwerstes) Organ daher eine zentrale Rolle ein: Hier entspringt nach Hildegards Vorstellung nicht nur unsere Lebenskraft, hier brennen auch unsere stärksten Gefühle, etwa Zorn und Begierde. Heute können wir die zentrale Bedeutung der Leber auch schulmedizinisch begründen: Als Zentralorgan des Stoffwechsels kommen ihr essenzielle Aufgaben zu, die unseren gesamten Organismus im Fluss halten – meistens …

Funktionskreis Leber und Galle – Die Fakten

Die Leber reinigt täglich rund 2000 Liter Blut und produziert bis zu 1 Liter Gallenflüssigkeit.
Diese für Fettverdauung und Cholesterinspiegel entscheidende Flüssigkeit
(umgangssprachlich: Galle) wird in der Gallenblase gespeichert und eingedickt.
Die Gallenfunktion ist tagaktiv, die Leber arbeitet nachts.
Die Leber liegt auf der rechten Körperseite und ist mit der Unterseite des Zwerchfells
verwachsen. Sie verschiebt sich daher bei jedem Einatmen nach
unten und kann bei tiefer Einatmung unter
dem rechten Rippenbogen getastet werden.
Die sehr viel kleinere Gallenblase liegt direkt unterhalb der Leber.

Ein perfekter Kreislauf

Leber
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Dafür, dass die Leber so viel Raum einnimmt, führt sie ein ziemliches Schattendasein. Einer der Gründe: Sie hat keine Schmerzrezeptoren.

Manchmal genügt allerdings schon die kleinste Gemütsbewegung, um uns aus dem Gleichgewicht zu bringen. Es reicht, wenn uns eine “Laus über die Leber läuft” – und schon “geht uns die Galle über”. Die Redewendungen rund um Leber und Galle sind zahlreich und zeigen: Ähnlich wie unsere Gefühlswelt muss auch die Leber mit allem klarkommen, was wir ihr bieten. Sie macht das Beste daraus und gibt es unserem Körper dann wieder zurück. Als Stoffwechselzentrale ist die Leber Teil unseres Immunsystems, sie überprüft und filtert fortwährend das Blut, über das ihr der Darm die Inhaltsstoffe unserer Nahrungs- (und Medikamenten-) Aufnahme zur Verfügung stellt. Für diese Aufgaben benötigt sie selbst eine Menge Treibstoff – sogar mehr als das Gehirn – und sie setzt diese Energie mannigfaltig ein: Sie scheidet Giftstoffe aus, reinigt, verwertet und versorgt unseren Körper mit essenziellen Nährstoffen: Zucker, Eiweiße, Blutgerinnungsfaktoren, Antikörper und Cholesterin.

Außerdem beeinflusst die Leberfunktion unseren Hormonhaushalt. Inhaltsstoffe, die aktuell vom Körper nicht benötigt werden, speichert sie so lange, bis eine Bedarfsmeldung kommt – Hirn an Leber: Ich brauche Zucker, ich muss denken. Und was die Leber nicht verwenden kann, entsorgt sie über die Nieren oder verpackt es in Gallenflüssigkeit (bis zu einemLiter pro Tag), die unserem Darm dann zur Fettverdauung über das Speicherorgan Gallenblase zur Verfügung gestellt wird. So entsteht ein perfekter, ganzheitlicher Kreislauf.

Stehaufmännchen

Körperliche Gesundheit, geistige Balance und seelische Ruhe – alle drei basieren auf unserer Fähigkeit, diesen Zyklus dabei zu unterstützen, sich um Reinigung und Lebendigkeit zu kümmern und den Organismus mit allem zu versorgen, was gerade benötigt wird. Funktioniert der Kreislauf reibungslos, leert die Leber ihre Speicher immer wieder aus – sie reinigt sich selbst. Sogar einseitige Ernährung, Umweltgifte, Medikamente, Alkohol – die Leber wird mit all dem ziemlich gut und ziemlich lange fertig.

Ihre enorme Regenerationsfähigkeit ist Geschichte – bereits in der griechischen Mythologie hackt ein Adler dem unsterblichen Prometheus jeden Tag einen Teil der Leber heraus – der bereits am nächsten Tag wieder nachgewachsen ist. Erstaunlicherweise funktioniert dieser Mythos tatsächlich bis zu einem gewissen Grad, was sich die moderne Transplantationsmedizin zu Nutze macht. Die Leber wächst – nicht nur an ihren Aufgaben – und erneuert sich bis zum hohen Alter gut und schnell. So pendeln sich sogar eine beginnende Fettleber oder erhöhte Cholesterinwerte mit der dauerhaften Entlastung der Leber durch eine nachhaltige Umstellung der Lebensgewohnheiten wieder ein. Sie fungiert damit sinnbildlich für die immense Stehaufmännchen-Qualität unseres Seins – wenn es im Gleichgewicht ist, in der Balance. Daher mehren sich in Schulmedizin und Naturheilkunde die Stimmen, die von den trendigen, rein punktuellen (und manchmal ziemlich rabiaten) Detoxkuren abraten. Viel eher können wir durch eine insgesamt ausgeglichene, harmonische Lebensweise und Ernährung dafür Sorge tragen, dass die Leber ihren Job machen kann. Unser Beitrag zur Gesundheit von Leber und Galle läge dann nicht mehr im Tun, sondern im Lassen.

Auch nach den Prinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bedeutet Lebergesundheit ein kontinuierliches Fließen. Dieser Lehre zufolge ist es unsere Lebensenergie, das Qi, das durch die Leber gesteuert wird. Daher gilt in der TCM die Leberaktivität – in enger Anbindung an die Verdauung – als einer der zentralen Körperkreisläufe. Gemäß des ganzheitlichen Prinzips von “Wie außen so innen” sagt die TCM, dass wir der Seele viel Aufmerksamkeit schenken sollten, wenn die Leberenergie gestaut ist. Ist sie in Harmonie, ist auch der Mensch im Fluss, ist geduldig und gütig – hingebungsvoll.

Die Kraft des Yoga

Leber - Yin Yoga
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Die Autorin und Yogalehrerin Tina von Jakubowski verbindet seit vielen Jahren Yoga und TCM zu einem ganzheitlichen Ansatz und rät dazu, bewusste Impulse zu setzen – allerdings Impulse der Leichtigkeit, nicht der Anstrengung: “In der TCM ist der Funktionskreislauf von Leber und Galle dem Element Holz und dem Frühling zugeordnet – der Zeit des Aufblühens. Es ist eine gute Zeit, Neues zu beginnen und Dinge bewusst loszulassen – auch eine Zeit Pläne zu schmieden und ins Tun zu kommen”.

Wie immer in ganzheitlichen Systemen sollten wir allerdings genau hinschauen und typgerecht agieren: “Gerade Menschen mit einer Neigung zum Strukturieren, Planen und Anpacken dürfen da aufpassen, dass ihre Energie nicht in Stress umschlägt. Was ihre Leber jetzt braucht, sind Leichtigkeit und Freude”, bekräftigt Tina und erklärt, dass wir unserer Leber öfter mal Nicht-Tun gönnen dürfen. Tina bildet seit vielen Jahren Yogalehrer*innen aus und ist sich sicher, dass wir durch gezielte Asanas eine Kräftigung von Verdauung und Blutfluss erreichen, den Lebermeridian aktivieren und damit auch viel für die Frauengesundheit tun können.

Dabei muss es nicht unbedingt Yin-Yoga sein, auch wenn das durch Paul und Suzee Grilley eng mit dem System der TCM und dem Wissen um die Körpermeridiane verbunden wurde. Auch kraftvolle Vinyasa-Sequenzen eignen sich gut, um die aktivierenden Eigenschaften des Yoga für den Leber-Galle-Zyklus zu nutzen und den harmonischen Fluss der Lebensenergie zu gewährleisten. “Wir sind Gärtner, keine Mechaniker”, sagt Tina und betont, dass alle Methoden zur Gesunderhaltung immer das Gegenteil von “radikal” sind – es darf sanft sein, es darf Spaß machen. “Manchmal reicht es schon, gar nicht angestrengt zu schauen, was man isst, sondern wie man isst – sich Zeit nehmen, kauen, schmecken, so kommt unser Leberfluss in Balance.”

Nehmen und geben in Harmonie

Als Nehmende und Gebende, als wesentliche Verteilstation ist unsere Leber unermüdlich damit beschäftigt, uns in Balance zu halten, Schädliches zu eliminieren und Nahrhaftes zur Verfügung zu stellen. Ihre Aufgabe wird durch einen Lebensstil, dem viele von uns sich aktuell angepasst haben, nicht einfacher.

Tatsächlich leidet die Leber auch besonders am allgegenwärtigen Überfluss – sie muss sinnbildlich alles schlucken, was wir konsumieren und eine permanente Flut von Nahrung, Information oder Ablenkung verkraften. Ein Zuviel an Tun und Zuwenig an Sein bringt unsere Leber immer öfter an die Grenzen dessen, was sie verarbeiten kann. Leber- und Gallenbeschwerden nehmen in unserer Gesellschaft kontinuierlich zu. “Vor allem Kalorien und Toxine im Übermaß bringen die Leber an den Rand ihrer Belastbarkeit und sorgen für eine massiv erhöhte Fetteinlagerung in ihrem Gewebe”, erklärt Dr. Volker Schmiedel, der fast 20 Jahre lang die Innere Abteilung der Habichtswaldklinik in Kassel leitete. Die sogenannte Fettleber beträfe mittlerweile etwa ein Drittel der Bevölkerung in westlichen Ländern, sagt der Mediziner und Autor des Buchs “Gesunde Leber und Galle” (Goldmann, 2021).

Leider bleiben Lebererkrankungen oft unbemerkt, denn das Organ hat keine Schmerzrezeptoren. “Die Müdigkeit ist der Schmerz der Leber”, heißt es. Ein wichtiger Indikator, doch wo ist die Grenze, wieviel Erschöpfung ist “normal” in dem Hochgeschwindigkeitsleben, dem wir ausgesetzt sind? Viele ignorieren die Müdigkeit, trinken Kaffee und machen weiter. Da können uns ganze Prozessionen von Läusen über die Leber laufen, bis wir es bemerken und unser wichtigstes Stoffwechselorgan vor der Überlastung retten. Wobei Kaffee tatsächlich eine gute Idee sein kann, wie Volker Schmiedel betont: Bis zu drei Tassen täglich fördern gemäß neuerer Studien die Lebergesundheit, vermutlich aufgrund der in ihm enthaltenen Bitterstoffe.

Welche Ernährung die Leber unterstützt

Leber - Löwenzahn
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Mit seinen Bitterstoffen ist Löwenzahn ein Multitalent für die Leber. Blätter und Blüten machen sich super im Salat, auch die Wurzel kann man verwenden. Für einen Leber-Tee brühst du getrocknete Wurzeln und Blätter mit heißem Wasser auf.

Was können wir sonst tun, um den Funktionszyklus von Leber und Galle in Schwung zu halten? Dr. Schmiedel sagt: “Gerade zum Gesunderhalt oder im Anfangsstadium von Störungen können wir sehr gut mit natürlichen Heilmitteln helfen. Der Leberwickel, drei- bis siebenmal pro Woche zur selben Uhrzeit durchgeführt, bringt nicht nur Struktur in den Tag, sondern auch mehr Blut in die Leber. Das sollte bei keiner Lebertherapie fehlen, es sei denn bei akuten Entzündungen. Auch Omega-3-Säure und Bitterstoffe schützen die Leber und begleiten die Regeneration bei bereits gegebenen Schäden.”

Aus Sicht des TCM, sagt Tina, sind es die Heilkräfte der Ernährung, die unterstützen, vor allem die Qualitäten bitter, sauer und grün. Gerade bitteres Essen ist für viele Menschen erst einmal eine Überwindung, aber Bitterstoffe regen die Speichelproduktion an, sorgen für genügend Magensäure und einen guten Gallenfluss, was dem Körper die Fettverdauung erleichtert. Angenehmer Nebeneffekt: Regelmäßiger Verzehr bitterer Lebensmittel wie Löwenzahn, Endivien, Chicorée, Radicchio, Salbei & Co. mindert den Heißhunger auf Süßes. Bei der Ernährung sind sich Naturmediziner und TCM-Kennerin einig: Der Körper benötigt hochwertige und frische Nahrung und vor allem benötigt er Pausen, in denen er diese verwerten kann. Speziell abends sollten wir im Hinblick auf unsere Lebergesundheit öfter mal weniger mehr sein lassen.

Lebergesundheit-Ernährungstipps

Bitter, sauer und grün – das mag die Leber. Sprich: fermentierte Lebensmittel, grüne Tees, Gemüse wie Brokkoli oder Chicorée.

Eisenhaltige Lebensmittel wie Rote Bete, Quinoa oder Spinat verbessern die Blutqualität und wirken so auf die Lebergesundheit.

Viel Flüssigkeit? Muss nicht sein, heißt es neuerdings immer öfter. 1–1,5 Liter klares Wasser reichen. Und einfach trinken, wenn wir Durst haben, das ist ein gutes Maß.

Und noch etwas: Seufzen entspannt die Leber, heißt es – Ach, ja. Das tut gut!

Da die Leber zwischen 1 und 3 Uhr nachts auf Hochtouren arbeitet, darf das Abendessen früh und leicht sein, denn für ihre Arbeit benötigt die Leber Ruhe, die Verdauung sollte dann pausieren. Tut sie das nicht, weil wir zu wenig schlafen oder zu spät essen, stören wir die Arbeits- und Ruhezeiten unserer zentralen Stoffwechselstelle empfindlich, denn sie ist laut TCM das Körperorgan mit der stärksten Taktung: Ihre Uhr ist zuverlässig und lässt sich nicht umstellen. Zart, zuverlässig und unbeugsam tut sie ihre Arbeit und für uns hat sie mit diesem unbeeinflussbaren Wirken eine klare Botschaft: Stell dich nicht dagegen – fließ einfach mit.


Autorin Andrea Goffart

Andrea Goffart beschäftigt sich aufgrund einer Autoimmunerkrankung intensiv mit Heil- und Ernährungswissen. Für diesen Beitrag hat sie kluge Menschen befragt, die sich beruflich mit dem Thema befassen. Allerdings betont sie gerne und oft: Die besten Expert*innen für unseren Körper sind wir selbst.

Auch Ruhephasen sind für unsere Gesundheit wichtig. Auch damit hat sich Andrea Goffart schon beschäftigt:

Psychologisches Yoga-Coaching: So hebst du deine Praxis auf ein neues Level

PSychologisches YogaCoaching

Haben wir den Kontakt zu uns verloren, das Spüren, die Selbstfürsorge? Yoga bietet viele Möglichkeiten, diese Entwicklung aufzuhalten. Wie wir genau das mit psychologischen Tools und Techniken noch verstärken und ausbauen können, verraten euch Sandra und Michael Walkenhorst, die mit Leichtigkeit, einer Prise Humor und vor allem einem immens großen Erfahrungsschatz Yogi*nis in Psychologischem Yoga-Coaching, kurz PsYoCo®, unterrichten.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber in Sachen Teacher Training, Coachings oder Ausbildungen zählt – neben guten Inhalten natürlich – vor allem die Person, der Mensch, der da vor mir steht.  In diesem Fall sind es sogar ZWEI ganz wunderbare Menschen: Sandra und Michael Walkenhorst.

Sandra und Michael haben sich bei der Arbeit kennengelernt: “… in einer Wohngruppe für Menschen mit geistiger Behinderung. Als wir beide begannen, unsere Ausbildungen zu erweitern – Michael im Bereich der Psychologie, ich im Yoga – trafen wir uns immer abends zum Austausch und dachten zu Anfang, wir würden rege Diskussionen hierüber führen. Doch das Gegenteil war der Fall. Wir durften feststellen, welch große Gemeinsamkeiten wir in unseren jeweiligen Bereichen haben”, erzählt Sandra. Das Austausch-Ritual haben sie beibehalten, es mittlerweile aber auf den Morgen verschoben: “Wir beginnen unseren Tag immer gemeinsam bei einem Espresso.” Hier entspringen die meisten ihrer kreativen Ideen für ihre Bücher, Aus- und Weiterbildungen oder eben auch zu PsYoCo®, dem Psychologischen Yoga-Coaching, das so im Moment einzigartig ist. Warum? Das liegt unter anderem am Background und der Erfahrung der beiden:

“Michael ist Erzieher, Psychologischer Berater, Coach und Supervisor mit einer Vielzahl an Aus- und Weiterbildungen im psychologischen Bereich,” erzählt Sandra. “Er arbeitet seit über 40 Jahren mit Menschen unterschiedlichen Alters in verschiedensten Settings. Angefangen in KiTa und Hort, über den Behindertenbereich bis hin zu seiner heutigen Leitungsposition für einen Träger im Bereich Teambuilding und Supervision an Grund- und weiterführenden Schulen. Zudem ist er seit mehr als zehn Jahren selbständig in eigener Praxis als Psychologischer Berater und Coach und in der Aus- und Weiterbildung diverser psychologischer Tools und Techniken deutschlandweit unterwegs. Seine Besonderheit ist sicherlich, neben seiner großen praktischen Erfahrung, sein einzigartiger schulübergreifender Ansatz.”

Wow, okay, da kommt einiges an eigener Erfahrung, an Selbsterfahrung, zusammen. Und genau das ist es auch, was den Unterricht bei Sandra und Michael auszeichnet: “Uns ist die Selbsterfahrung ein großes Anliegen. Denn es macht einen Unterschied, ob du selbst etwas erfahren, erlebt und als stimmig erkannt hast oder ob du nur etwas repetierst. Die eigene Praxis ist unglaublich wichtig und so wird sich automatisch das eigene Leben und auch das Arbeiten verändern.

Diesen reichen Schatz an selbst er- und gelebter Erfahrung bringt auch Sandra mit: Die Dipl.-Sozialpädagogin und Yogalehrerin kann eine Vielzahl an Aus- und Weiterbildungen, sowohl im pädagogischen Bereich, u.a. in Traumapädagogik, Kommunikation, Psychomotorik und Coaching vorweisen. Im Bereich Yoga hat sie neben einer 500h-Ausbildung auch Ausbildungen im Bereich Kinderyoga, Yin Yoga, Thai Yoga, Hormonyoga und Yoga Nidra, sowie viele Weiterbildungen zu unterschiedlichen Themen besucht. Selbst ist sie auf dem Yogaweg seit mehr als 25 Jahren, selbständig seit 14 Jahren. Ihr Hauptaugenmerk liegt seit 30 Jahren in der Begleitung und Stärkung von Kindern und Jugendlichen, sowohl in ihrem Beruf als Pädagogin, in dem sie 21 Jahre als Lehrerin an einer Schule mit Förderschwerpunkt geistiger Entwicklung arbeitete, als auch mittlerweile mit einer kleinen Stelle bei einem Träger der Jugendhilfe als Teamleitung für Schulbegleitung/Teilhabeassistenz. Zudem ist sie mit ihren eigenen Aus- und Weiterbildungen deutschlandweit unterwegs und geht ihrer Leidenschaft zu schreiben nach, indem sie mittlerweile fünf Fachbücher veröffentlicht hat.

Privat und beruflich ein Team: Michael und Sandra Walkenhorst

Bleibt da noch Zeit für Achtsamkeit uns Selbstfürsorge? Unbedingt! Vor allem, wenn das Ehepaar Zeit auf Mallorca, ihrer zweiten Heimat, verbringen und sich bei langen Strandspaziergängen austauschen. Das geben sie auch an ihre Schüler*innen weiter: “Ein wichtiger Teil in unserer Ausbildung ist auch die Abgrenzung und Selbstfürsorge. Nur wenn du bei dir bleiben kannst und auch für dich sorgst, kannst du Menschen hilfreich unterstützen. Das bedeutet, es wird sich natürlich in unseren Alltag integrieren, denn das, was wir auf der Matte üben, ist das Lernen fürs Leben, nur ist dieser Transfer für manche Menschen nicht so ganz einfach.”

Authentisch sein – das können die beiden vor allem aufgrund ihrer jahrzehntelangen Berufserfahrung in unterschiedlichen Bereichen von Pädagogik und Begleitung: “Wir haben vieles erlebt und ebenso viel auch bearbeitet. Das bietet uns die Möglichkeit, sehr individuell auf Menschen einzugehen und auch Theorie leichtverständlich ins praktische Tun zu bringen. Wir sind nicht nur theoretisch sehr umfangreich ausgebildet, sondern weiterhin auch in der Praxis tätig und haben so nie den Kontakt zur realen Welt verloren, bzw. wissen, welche Themen gerade aktuell sind.”

Die tägliche Arbeit mit und am Menschen und ihr Wissen in den Bereichen Psychologie, Coaching und Yoga führte zu etwas völlig Neuem: “Als wir 2018 PsYoCo® erdachten, gab es in diesem Bereich nicht wirklich viel. Unser Buch “Yoga trifft Coaching” war und ist das erste und einzige auf dem Markt, dass diesen schulenübergreifenden Ansatz von Beratung und Coaching mit Yoga verbindet. Unsere Verbindung in dieser Fülle und Komplexität ist sicherlich besonders und wir entwickeln uns und somit auch unsere Ausbildungen auch stetig weiter.”

Was die beiden dabei antreibt ist ihre nicht enden wollende Neugierde und die Liebe zu den Menschen: “Wir mögen es beide, Menschen in ihrer Einzigartigkeit kennenzulernen, sie zu begleiten und zu stärken. Wir haben schon so einiges erlebt, haben Menschen begleitet mit besonders herausfordernden Verhaltensweisen und haben so auch sehr viel über und mit uns selbst gelernt. Getragen hat uns in schwierigen Situationen, dass wir beide wussten, worüber wir reden und wir uns gegenseitig gestärkt haben. Wir haben aber auch viel Freudvolles erlebt und lustige Momente gehabt. Die Arbeit mit Menschen ist immer wieder neu, denn jede*r ist einzigartig. So ist uns bewusst, dass wir auch immer Schüler und Schülerin sind und das ist wunderbar.”

Woran erkenne ich einen guten Coach?

Die Bezeichnungen des Yogalehrers bzw. der Yogalehrerin und des Coaches sind keine geschützten Berufsbezeichnungen und gerade der Begriff des Coaches wird mittlerweile sehr inflationär benutzt. Kein Wunder, dass es nicht leicht ist, sich auf diesem großen Markt zurecht zu finden und zu verstehen, wer einen fundierten Hintergrund und entsprechende Ausbildung, sowie Berufserfahrung hat. “Deshalb lohnt es sich, auch die Vita der Ausbilder*innen anzusehen und die Frage zu stellen, über wieviel eigene Praxis sie verfügen. Gerade in den sozialen Medien wird viel postuliert und jeder kann sich schnell selbst zum Experten oder zur Expertin ernennen. Da macht es Sinn, genau hinzuschauen und auch nachzufragen,” erklärt Sandra. Deshalb ist es den beiden auch ein Anliegen, für ihre Schüler*innen immer ansprechbar zu sein. Sie beantworten gerne Fragen, egal ob am Telefon oder auch per Zoom, damit man sich erstmal kennenlernen und ein Gefühl für sie und ihre Art der Arbeit bekommen kann. Das gilt auch für die PsYoCo®-Ausbildung die im Mai 2024 in die nächste Runde geht.


Du hast Fragen zur PsYoCo®-Ausbildung?


Und auch uns haben Sandra und Michael ein paar Fragen beantwortet:

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Yoga und Coaching miteinander zu verbinden und was genau kann man sich unter Yoga-Coaching vorstellen?

Das ist eine schöne Frage, denn das war tatsächlich ein spannender Prozess. Was man sich unter Yoga-Coaching vorstellen kann, ist zugleich simpel und doch unglaublich breit gefächert. Wir führen tatsächlich “altes” und “neues” Wissen zusammen und das Ganze mit theoretischem Fachwissen, das wir dann auch praktisch umsetzen. Wichtig ist uns die Selbsterfahrung, denn wir sind der Überzeugung, dass wir das am besten weitergeben und unterrichten können, was wir für uns selbst als wirksam erlebt haben. Im Yoga wollen wir Geist und Körper wieder zusammenbringen (die ja faktisch nicht getrennt sind, aber häufig in unserer Wahrnehmung) und da macht es unglaublich viel Sinn, Tools und Techniken aus der heutigen psychologischen Sicht der Psychologischen Beratung und Coaching mit dem alten Wissen des Yoga zu vereinen und so wirklich holistisch zu unterrichten und Menschen zu begleiten.

Dann ist es also auch für Yogi*nis von Vorteil diese Tools in ihre Praxis zu integrieren …

Ja, die Vorteile sind sehr reichhaltig und wahrscheinlich heute tatsächlich von größerer Bedeutung. Denn unsere Welt ist schnell geworden und Leistung steht meist im Vordergrund. Oftmals haben wir den Kontakt zu uns verloren, das Spüren, die Selbstfürsorge. Yoga bietet hier schon unglaublich viele Möglichkeiten, die wir zudem mit den Möglichkeiten der Psychologischen Tools und Techniken noch verstärken und bereichern können. Als Yogalehrerin habe ich die Erfahrung gemacht, dass Menschen früher häufig mit körperlichen Themen in die Kurse kamen. Das hat sich in den letzten Jahren verstärkt ergänzt durch Menschen, die Stress-Symptomatiken verschiedenster Art mitbringen. Wir sind als Yogalehrende keine Therapeut*innen (es sei denn, du bist Arzt/Ärztin oder Heilpraktiker*in) und doch macht ein Grundwissen in diesen Bereichen sehr viel Sinn. So wie wir als Yogalehrende (hoffentlich) gut geschult sind in Anatomie, so sollten wir auch über ein fundiertes Wissen über den Geist und die Entwicklung des Menschen verfügen. Denn trennen wir sonst nicht wieder die Systeme auf? Das ist, was wir mit PsYoCo® tun: den Menschen als Ganzes betrachten und begleiten!

Für wen ist eure Ausbildung geeignet?

Unsere Ausbildung ist geeignet für Yogalehrer*innen mit einer Ausbildungserfahrung über mindestens 200h, die Lust haben, sich weiterzuentwickeln, auch persönlich, denn das ist ein wichtiger Teil unserer Ausbildung: die Stärkung und das Entdecken der eigenen (Lehr-)Persönlichkeit. Also Neugierde auf Menschen, auf sich selbst und Lust, gemeinsam neues zu entdecken, sind die besten Voraussetzungen!

Auf was dürfen sich eure Schüler*innen einstellen, was erwartet sie?

Vor allen Dingen auf viele spannende Erfahrungen. Wir legen Wert auf Austausch, Gemeinschaft und das alles mit einer Prise Humor und Leichtigkeit. Wir unterrichten die komplette Ausbildung zu zweit, was auch ein großer Vorteil für die Teilnehmenden ist, denn wir wollen nah dran und ansprechbar sein. Gemeinsam gehen wir auf eine (Helden-)Reise. Eine unserer Teilnehmerinnen hat mal gesagt, dass sie zu Beginn der Ausbildung ein 1000-Teile-Puzzle vor sich hatte, das sie, mit unserer Begleitung, zusammengesetzt hat. Und das ist das Schöne: es werden Dinge erklärbar, die sicher tief in uns sind und die aus einer intrinsischen Motivation bereits unbewusst gesehen sind. Wir entdecken gemeinsam welch großes Wissen in uns Menschen steckt und dass wir im Grunde alle sehr ähnliche Themen haben. Und dann kommt das Beste: wir verstehen uns selbst besser und vermeiden so, unseren “Kram” auf andere zu projizieren. Wir verstehen auch andere Menschen besser und können dadurch hilfreiche Begleiter*innen sein.

Wenn man sich mit euch unterhält, wird schnell klar: Ihr liebt das, was ihr da tut.

Uns ist sehr wohl bewusst, welches Geschenk es ist, tun zu dürfen, was uns erfüllt. Wir sind dankbar über so viele Jahrzehnte schon unserer Berufung zu folgen und so unfassbar viele Menschen bereits begleitet zu haben.

Denn das ist das Wichtigste für uns: bei uns steht der Mensch im Vordergrund. Klar gibt es in unseren Ausbildungen Methodik, Didaktik, ein Skript, einen Ablauf, aber das Wichtigste sind die Menschen. Sie schenken uns ihr vertrauen. Lassen sich ein und haben Lust, mit uns zu lernen.

Sandra Walkenhorst

Authentisch und auf Augenhöhe mit Teilhabe (Partizipation) und der Grundidee, dass jeder Mensch wundervoll ist, genauso wie er ist. Oftmals muss er oder sie es nur selbst erkennen. Wenn wir dabei unterstützen dürfen, ist das ein großes Geschenk!


Möchtest du gerne mit Sandra und Michael tiefer in das Thema “Psychologisches Yoga-Coaching” eintauchen? Dann buche dir jetzt deine Ausbildung oder vereinbare einen Termin zum kostenlosen Vorgespräch.

Resonanz – Mit sich selbst und der Welt ins Schwingen kommen

Resonanz ist ein energetisches Phänomen: Die Art und Weise, wie Energie schwingt, erschafft Atmosphäre und diese energetische Schwingung ist nicht nur spürbar, wir gehen – meist unbewusst – auch mit ihr in Resonanz. Gastautorin Anna Trökes ist überzeugt: Wir sollten uns viel bewusster unserer Resonanzfähigkeit zuwenden.

Text: Anna Trökes / Mitarbeit: Michael Holzapfel / Titelbild: Nikki-Zalewski-Getty-Images-via-Canva

Sicher kennst du das: Du betrittst einen Raum und noch bevor jemand etwas gesagt oder getan hat, weißt du, dass da “dicke Luft” ist. Eine auf diese Weise aufgeladene Gestimmtheit können wir nicht nur erahnen, wir spüren sie sogar körperlich. Genauso ist es, wenn wir jemandem begegnen: Etwas in uns weiß sofort, ob wir uns diesem Menschen nähern wollen – oder besser nicht. Die Schwingung eines jeden Resonanzraumes, den ein anderer Mensch oder eine Gruppe von Menschen erschafft, wird unablässig auf einer zumeist unbewussten Ebene von uns “gescannt” und bewertet. Immer nehmen wir die Schwingung unseres Gegenübers wahr und reagieren mit den vielfältigen und feinen Schwankungen unserer eigenen Gestimmtheit darauf.

Wir nehmen sie in unserem Körpertonus wahr, der sich in den Muskeln und Faszien ständig verändert und an die innere und äußere Schwingung unserer Umgebung anpasst: Eine unangenehme oder gar bedrohliche Atmosphäre zum Beispiel führt dazu, dass sich Spannung aufbaut, während wir in einer sicheren, liebevollen Umgebung spürbar loslassen. Das reicht bis auf die Ebene der Organe und manifestiert sich in der Organspannung. Du spürst das zum Beispiel, wenn sich dein Magen zusammenkrampft, weil du Angst hast. Unser Organismus kann die feinen energetischen Schwingungen der Atmosphäre aber noch auf einer viel subtileren Ebene wahrnehmen, die Neurozeption genannt wird.

Unser Nervensystem hat seine Fühler immer ausgestreckt und ist in der Lage, selbst sehr feine atmosphärische Veränderungen zu spüren, etwa wenn eine zunächst freundliche Stimmung bei unserem Gegenüber in eine unterschwellige Gereiztheit übergeht. Meist tritt dieses Wahrnehmen jedoch nicht ins Bewusstsein, wir merken nur, dass der energetische Raum, in dem wir uns befinden, sich plötzlich irgendwie anders anfühlt.

Das hat damit zu tun, dass unser Körper – also das, was die alten Griechen als Soma bezeichneten – äußerst empfindungsfähig ist. Er ist der einzige Ort sinnlicher Wahrnehmung, der uns zur Verfügung steht. Der schon im Wortstamm steckende Zusammenhang zwischen sinnlicher Wahrnehmung (Aisthesis) mit unserem ästhetischen Empfinden ist spannend: Darin deutet sich an, dass Menschen über ihre Körpersinne auch empfänglich sein können für Harmonie, Schönheit, Wohlklang, Duft und alles, was sich so gut anfühlt wie zum Beispiel ein zartes Blütenblatt. Auf diese Weise vermittelt sich uns auch die Schönheit der Natur oder die innere Schönheit eines Menschen, der in sich ruht und in Harmonie mit sich selbst ist. Die Fähigkeit, diese Qualitäten wahrzunehmen und zu schätzen, reicht viel tiefer als ein kulturell geprägter Geschmack oder bestimmte Moden: Menschen auf der ganzen Welt empfinden das als schön, was in Harmonie ist.

In Resonanz mit sich selbst

Resonanz mit sich selbst
Foto: Iriyna Imago / Getty Images via Canva

Deshalb ist es so wichtig, dass wir lernen, zu spüren und zu erkennen, was in unserem eigenen energetischen Raum los ist, und wie wir auf äußere und innere Einflüsse reagieren. “Das Soma (unser empfindungsfähiger Körper, A.T.) ist unser grundlegendes, unveräußerliches Medium der Wahrnehmung, des Handelns und des Denkens”, schreibt der Körpertherapeut und Philosoph Richard Shusterman in seinem Buch “Körper-Bewusstsein: Für eine Philosophie der Somästhetik”.

Eigentlich sind wir alle gut ausgestattet mit der Fähigkeit, das Atmosphärische von Resonanzräumen zu erspüren, denn sie ist am Beginn unseres Lebens, wenn uns noch keine Konzepte und Begriffe zur Verfügung stehen, überlebensnotwendig: Vom Säuglings- bis ins Kleinkindalter sind wir darauf angewiesen zu spüren, in welchem Maße wir willkommen sind und in welchem Maße bestimmte Verhaltensweisen begünstigt oder abgelehnt werden. Die Menschen, die uns durch den Beginn des Lebens begleiten, reagieren ja auch energetisch und atmosphärisch auf uns als Kind und gehen – wenn sie in der Lage und gewillt sind, sich darauf einzulassen – entsprechend mehr oder weniger in Resonanz mit unseren Bedürfnissen.

Ein Kind ist immer “auf Empfang” und spiegelt in der Regel äußerst genau den Resonanzraum der Menschen, die es umgeben. Diese Fähigkeit schwächt sich jedoch im Laufe der Sozialisation meist deutlich ab, denn nun lernt das Kind Bewertungskonzepte – und die stimmen nicht immer mit seiner eigenen intuitiven Wahrnehmung des Resonanzraumes überein. Seit Jahren beobachte ich gerade auch im Yogaunterricht, wie wenig sich viele Menschen spüren und wie fremd sie sich im Laufe ihrer Sozialisation geworden sind. Die immer auf etwas Äußeres gewandte, intensive Nutzung digitaler Medien verstärkt diese Tatsache spürbar.

Der Verlust der Resonanzfähigkeit

Auch der Arzt und Tiefenpsychologe Michael Holzapfel berichtet aus seiner jahrelangen klinischenund praktischen Erfahrung, dass die Resonanzfähigkeit zunehmend verloren geht. Das ist schwerwiegend, da wir nur dann in Kontakt mit unserem innersten Sein – unserer Seele – und damit mit dem Sein an sich kommen können, wenn wir in Resonanz mit uns selbst gehen können. Nur so kann ein Mensch in Kontakt mit seinen Gefühlen kommen und erfahren, wo sie frei und angemessen schwingen und wo sie blockiert sind. Nur so sind wir in der Lage zu sein, unsere Gefühle zu regulieren und zu modulieren und uns in unserem lebendigen energetischen Sein zu erfahren.

Mit anderen Worten: Eine zugewandte, nahe und wirklich intime Beziehung mit uns selbst ist nur dann möglich, wenn wir in der Lage sind, mit uns selbst resonanzfähig zu sein und die energetischen, atmosphärischen Schwingungen und Stimmungen im eigenen Sein zu empfinden und mit ihnen achtsam, liebevoll und regulierend umzugehen. Nur wenn wir uns immer wieder auf uns selbst einstimmen, können wir spüren, welche innere Ausrichtung unseres Denkens und Fühlens uns innerlich offener, weiter und wohler werden lässt – und welche Ausrichtung das Gegenteil bewirkt.

Wie geht es mir jetzt?

Nimm dir immer mal wieder im Verlauf des Tages ein wenig Zeit (ca. 3 Minuten). Halte inne. Wenn möglich, setze dich, sonst bleibe ruhig stehen.
Frage dich: Wie geht es mir?

Spüre achtsam und aufmerksam in dich hinein, ohne etwas Bestimmtes zu erwarten.
Empfinde dich, erfahre dich in deinem aktuellen So-Sein.

Da sind zum Beispiel Empfindungen, in welchem Maße du gerade offen
und empfänglich bist, dir selbst und der Welt zu begegnen,
wie entspannt oder angespannt du bist.

Da sind Gefühle, die dir etwas über deine Gestimmtheit mitteilen.
Da ist die sinnliche Wahrnehmung (aisthesis) von allem, was dich umgibt und
was du atmosphärisch erfährst: Natur, Räume, andere Menschen.
Da ist die tiefe Begegnung mit dir selbst – mit deinem eigentlichen Sein,
deinem Wesenskern – dem, was du an dir einfach nur als “daseiend” spüren kannst …

Übe das so oft wie möglich.
Werde dir bewusst, wie sich dein Spüren und Wahrnehmen
im Laufe der Zeit immer mehr ausdifferenziert und verfeinert.
Spüre, wie du dir auf diese Weise nahekommst.

Dabei ist wichtig zu wissen: Jeder Mensch kann seinen eigenen Resonanzraum gestalten, denn wir verkörpern in jedem Augenblick die Art unserer inneren Ausrichtung: Jedes Gefühl, jedes innere Bild und jeder Gedanke bekommt einen körperlichen und energetischen Ausdruck und beeinflusst den Resonanzraum, der uns umgibt. Wenn wir unsere innere psychische Welt sich selbst überlassen, dann drückt unser Körper dieses Gestimmtsein auch mehr und mehr aus. Was wiederum unsere Mitmenschen und Mitgeschöpfe energetisch an unserer Ausstrahlung wahrnehmen.

In Resonanz mit anderen

Resonanz mit anderen
Foto: Polina Tankilevich via Canva

Das lässt auch erahnen, wie wichtig es ist, dass ein Mensch in der Lage ist, sich auf sich selbst einzuschwingen, um Beziehungen zu anderen Menschen und Lebewesen gestalten zu können. Forschungen zum Thema Empathiefähigkeit zeigen deutlich, dass ein Mensch nur dann Mitgefühl empfinden und entfalten kann, wenn er sich selbst spürt und sich in sich einzufühlen vermag. Nur so kann – verständlicherweise – der Kant zugeschriebene Leitsatz “Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu” funktionieren!

Es geht dabei nicht um ein Mitleiden, sondern darum, sich vorstellen zu können, wie mein Gegenüber sich mit den verschiedenen denkbaren und mir zur Verfügung stehenden Verhaltens- und Handlungs- optionen fühlen könnte. Und es geht darum, zu spüren, was der Mensch, das Tier oder die Pflanze, mit dem oder der ich es zu tun habe, braucht und was ihm oder ihr guttun könnte. Wenn wir lernen, mit uns selbst einfühlsam und feinfühlig umzugehen, werden wir auch einfühlsamer und feinfühliger und damit achtsamer mit unserem Gegenüber umgehen wollen.

In Resonanz mit der Welt

Resonanz mit der Welt
Foto: Irina Petrichel via Canva

Was für das jeweilige Gegenüber gilt, gilt natürlich auch für unseren Umgang mit unserem engeren und weiteren Umfeld: Nur wer in der Lage ist zu empfinden, wie Tiere, Pflanzen und damit die Natur leiden, wird motiviert sein, sich zum Beispiel für Tier- und Klimaschutz zu interessieren und auch aktiv einsetzen zu wollen. Wenn wir uns nicht mehr zunehmend abgeschnitten und dissoziiert von uns selbst, unseren nächsten und liebsten Menschen, von unseren Mitmenschen und der Natur erfahren wollen, können wir in fast jedem Lebensalter lernen, wieder resonanzfähig zu werden, beziehungsweise unsere Resonanzfähigkeit weiterzuentwickeln und zu verfeinern, betont Michael Holzapfel, der Menschen schon so lange auf ihrem Weg zu sich selbst begleitet.

Die einzige Bedingung: Man muss es wollen. Eine solche Motivation ist nötig, weil es in diesem Lernprozess ja nicht nur darum geht zu erkennen, womit und warum man sich selbst und der Welt verschlossen hat. Vielmehr braucht es auch Engagement und Mut, sich wieder zu öffnen. Man muss sich für sich selbst öffnen und – ja – sich auch sich selbst zumuten. Man braucht Mut, um andere Menschen wieder an sich heranzulassen und Nähe zu wagen.

Aber eigentlich haben wir Menschen als Wesen, die mit ihren sozialen Gehirnen nur in Gemeinschaft gedeihen und gesund bleiben können, keine andere Wahl, als uns immer wieder offen und neugierig auf uns selbst, die anderen und die Welt einzustimmen, mit ihr in Resonanz zu gehen – um mit uns selbst und den anderen den Tanz des Lebens zu tanzen.


Anna Trökes hat das moderne Yoga mit ihren unzähligen Büchern, Workshops und Ausbildungen geprägt wie kaum eine andere deutsche Yogalehrerin. Viele der in diesem Artikel bedeutsamen Gedanken findest du in ihrem Buch: “Yoga der Verbundenheit” (2017).

Mehr Infos : prana-yogaschule.de

Wir haben auch schon einige Interessante Interviews mit Anna Trökes geführt, die dich ebenfalls interessieren könnten:

Fasten mit der Kraft des Wassers: Reinige deinen Körper und Geist

Fasten St. Leonhards Quellen

Du fühlst dich unruhig, unausgeglichen oder nicht wohl in deiner Haut? Du möchtest deinem Körper etwas Gutes tun und bewusster leben? Dann könnte eine Fastenkur genau das Richtige für dich sein. Und das Beste: Mit dem richtigen Wasser an deiner Seite fällt dir der bewusste Verzicht viel leichter! //anzeige

Warum Fasten?

Fasten ist viel mehr als nur Verzicht – es ist eine Einladung an deinen Körper und Geist, sich zu erneuern. Dein Stoffwechsel bekommt die Chance, sich zu regenerieren und dein Körper schaltet in den Reinigungsmodus: Die natürliche Erneuerung und Wiederverwertung beschädigter Zellen wird aktiviert und entsorgt alte, nicht mehr funktionstüchtige Zellbestandteile. Gleichzeitig bringt das Fasten deine Immunabwehr auf Trab und kann helfen, den Darm zu entlasten, Entzündungen zu lindern und den Blutdruck zu regulieren.

Doch nicht nur körperlich wirkt das Fasten wie ein Reset – auch dein Geist profitiert. Indem du dich bewusst aus alten Gewohnheiten herausnimmst, entsteht Raum für Klarheit und Achtsamkeit. Vielleicht verzichtest du nicht nur auf feste Nahrung, sondern auch auf Social Media, Fernsehen oder andere Ablenkungen? Ein Gefühl von Leichtigkeit, Energie und innerer Ruhe stellt sich ein. Kombiniert mit Yoga, Meditation und bewusster Bewegung wird das Fasten so zu einer ganzheitlichen Erfahrung, die dich auf allen Ebenen erneuert.

So unterstützt dich Wasser beim Fasten

Hochwertiges, natürliches Wasser ist beim Fasten essenziell. Es hilft deinem Körper dabei, Stoffwechselendprodukte auszuscheiden, Heißhungerattacken zu reduzieren und deinen Energiehaushalt zu stabilisieren. Besonders lebendiges, niedrig mineralisiertes Wasser wie das von St. Leonhards Quellen ist ideal, um deinen Fastenprozess sanft zu unterstützen und dein Wohlbefinden zu steigern.

St. Leonhards Wasser: der perfekte Fasten-Begleiter!

Fasten mit Wasser

Die natürlichen, lebendigen Wässer von St. Leonhards Quellen sind besonders sanft für deinen Körper. Sie sind frei von belastenden Rückständen und dank ihrer artesischen Herkunft ideal für alle Fastenmethoden. Artesisches Wasser stammt aus geschützten Wasservorkommen in großer Tiefe, mitunter sogar unterhalb des Grundwasserspiegels. Es zeichnet sich durch höchste natürliche Reinheit aus. Die Varianten von St. Leonhards Quellen helfen dir, deinen Fastenerfolg optimal zu unterstützen, ohne unnötige Reize zu setzen.

Welche Fasten-Methoden gibt es?

Fasten mit Wasser

1. Wasser-Fasten – die Königsdisziplin

Beim Wasser-Fasten trinkst du ausschließlich Wasser oder Tee, auf feste Nahrung wird verzichtet. Diese Methode unterstützt die Autophagie – den Selbstreinigungsprozess des Körpers – und entschlackt intensiv. In dieser Zeit erfolgt keine Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen. Während der Körper bei kurzen Fastenperioden (1 bis 3 Tage) auf seine Energiereserven zurückgreifen kann, um den Mangel auszugleichen, können längere Fastenphasen ernsthafte Folgen haben, wie Kreislaufprobleme, Müdigkeit, Muskelkrämpfe und Kopfschmerzen. Daher sollte diese Fastenform nur unter medizinischer Überwachung, zum Beispiel in einer Fastenklinik, praktiziert werden.

Wasser-Tipp

Je reiner und natürlicher das Wasser, desto besser die Fastenerfahrung.

2. Tee-Fasten

Beim Tee-Fasten ernährst du dich ausschließlich von Kräuter- und Heiltees. Diese Methode kann den Körper entschlacken, die Verdauung unterstützen und das Immunsystem stärken. Auch hier gilt: Über mehrere Tage unter ärztlicher Aufsicht.

Wasser-Tipp

Achte darauf, hochwertiges Wasser als Basis für deine Tees zu verwenden, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen.

3. Saft-Fasten

Beim Saft-Fasten verzichtest du auf feste Nahrung und nimmst stattdessen frisch gepresste Obst- und Gemüsesäfte zu dir. Im Gegensatz zum reinen Wasserfasten ist diese Methode reich an Vitaminen und Mineralstoffen und kann den Körper mit wertvollen Nährstoffen versorgen. Bei mehr als 3 bis 4 Tagen nur unter ärztlicher Aufsicht.

Wasser-Tipp

Ergänze das Saft-Fasten mit hochwertigem Wasser, um den Flüssigkeitshaushalt auszugleichen und den Körper zusätzlich zu entlasten.

4. Intervallfasten (16:8-Methode)

Beim intermittierenden Fasten isst du in einem bestimmten Zeitfenster, z. B. 8 Stunden, und fastest die restlichen 16 Stunden. Das Frühstück oder Abendessen fällt aus. Während der verbleibenden Stunden isst du viel Gemüse, Ballaststoffe und Obst. Diese Methode ist alltagstauglich und unterstützt deinen Stoffwechsel.

Wasser-Tipp

Regelmäßiges Wassertrinken hilft, Heißhungerattacken zu vermeiden und den Körper zu hydrieren.

5. Buchinger-Fasten

Dieses Fasten basiert auf flüssiger Nahrung wie Gemüsebrühen, Säften und Wasser und ist ideal für eine intensive Reinigung und einen Reset. Während der fünftägigen Kur sind Quark, Joghurt oder Milch (200 Gramm pro Tag) erlaubt, die dem Körper eine kleine, aber essenzielle Menge an Kalorien, Vitaminen und Mineralstoffen liefern. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von mindestens 2 bis 3 Litern täglich ist wichtig.

Wasser-Tipp

Stilles, reines Wasser hilft dir, Hungergefühle auszugleichen und den Detox-Prozess zu unterstützen.

6. Basen-Fasten

Hier verzichtest du auf säurebildende Lebensmittel wie Fleisch, Kaffee und Milchprodukte und nimmst nur basische Kost zu dir. Obst, Gemüse, Nüsse, Kräuter, Soja- und Vollkornprodukte, Sprossen und Samen liefern eine Fülle an Ballaststoffen, Nährstoffen, Mineralien und Proteinen, die den Körper auf natürliche Weise unterstützen und seine Funktion optimieren.

Wasser-Tipp

Ein basisches Wasser kann zusätzlich helfen, den Säure-Basen-Haushalt im Körper ins Gleichgewicht zu bringen.

Bevor es los geht: Tipps für deine Fastenzeit

Hunger austricksen: Statt Snacks ein Glas Wasser trinken.
Stilles Wasser bevorzugen: Kohlensäure kann den Appetit anregen.
Belohnungssystem umstellen: Gutes Wasser als bewusste Alternative zu ungesunden Gewohnheiten nutzen.
Genügend Bewegung: Sport hilft, den Muskelabbau zu minimieren und den Stoffwechsel zu unterstützen.
Fastenbuddies finden: Gemeinsam fasten fällt leichter und motiviert!

Starte jetzt deine Fastenkur mit dem lebendigen Wasser der Leonhards Quellen und spüre den Unterschied! Probiere es selbst – dein Körper wird es dir danken.


Wichtige Hinweise zur Fastenzeit

Fasten ist eine tiefgreifende Erfahrung für Körper und Geist. Je nach Fastenmethode kann es sinnvoll sein, ärztliche Betreuung in Anspruch zu nehmen, insbesondere bei längeren Fastenkuren oder gesundheitlichen Vorerkrankungen. Höre stets auf die Signale deines Körpers und stelle sicher, dass du ausreichend Flüssigkeit zu dir nimmst.

Gesund üben mit Kristin Rübesamen: Das Knie

Gesunde Kniegelenke

In der Yogapraxis auf Gelenkgesundheit zu achten, ist nicht dasselbe
wie Yogatherapie. Mit den hier gezeigten Übungen und den schonenden Varianten klassischer Asanas kannst du dazu beitragen, deine Knie gesund zu erhalten. Bei bestehenden Verletzungen, Schmerzen oder sensiblen Gelenken solltest du sie aber nur mit größter Vorsicht genießen.

Text und Sequenz: Kristin Rübesamen / Titelbild: Nela König / Outfit: Kismet Yogastyle

Das Drehscharniergelenk gilt als eines der komplexesten Gelenke des menschlichen Körpers: Hier treffen Oberschenkelknochen (Femur), Kniescheibe (Patella), Schienbein (Tibia) und Wadenbein (Fibula) aufeinander. Sie werden stabilisiert von Kreuz-, Außen- und Innenbändern und gedämpft durch den Meniskus. Neben Beug- und Streckbewegungen (Scharnier) erlaubt das Knie im Zusammenspiel mit Hüft- und Fußgelenken auch geringfügige Dreh- und Scherbewegungen, im Übermaß führen die aber zu Verletzungen. Diese Mittlerposition zwischen Hüften und Füßen, die vergleichsweise geringe Stabilisierung durch Muskelmasse und die flachen Gelenkflächen machen das Knie besonders anfällig, zumal hier sehr hohe Druckbelastungen auftreten.

1. Virasana

Gesunde Knie – Virasana

“Vira” bedeutet Held oder Krieger und tatsächlich erschließt sich hier nicht auf den ersten Blick, dass diese Asana eine ausgesprochen entspannende Haltung für deine Knie ist.

Baue dir für diese Version mit einem oder zwei quer liegenden Blöcken und einer Decke einen regelrechten Thron. Am besten kommst du aus dem Vierfüßlerstand in die Haltung. Lege dir eine sauber gefaltete Decke zwischen Unter- und Oberschenkel und über den Block und setze dich darauf. Dabei sollten deine Zehen gerade nach hinten zeigen. Die Knie sind eher hüftbreit als geschlossen. Bei empfindlichem Fußspann kannst du das Fußgelenk noch zusätzlich mit einer Decke oder einem gerollten Tuch polstern.

2. Baddha Konasana

Gesunde Knie – Baddha Konasana

Die geschlossene oder gebundene Winkelhaltung (“Baddhaheißt gebunden, “Kona” bedeutet Winkel) wird auch Schuster­sitz genannt, weil sich zwischen die Füße gut ein Schuh klemmen lässt, und so die Hände frei sind für die Arbeit. Baddha Konasana kann sehr vieles: die Hüften sanft mobilisieren, die Bauchorgane stärken und besser durchbluten und durch die Mobilisierung der Hüften die Knie entlasten.

Setz dich aufrecht (gegebenenfalls erhöht auf Decke, Kissen oder Block) und lege deine Fußsohlen aneinander. Greife dann deine Füße und ziehe sie Richtung Schambein. Deine Knie unterstützt du jeweils mit einem Block in einer passenden Position. Richte deine Wirbelsäule auf und versuche, in Hüften, Leisten und Knien loszulassen, während du die Fußsohlen bewusst etwas gegeneinander schiebst. Achte dabei unbedingt darauf, dass kein Druck auf den Knien lastet, du solltest keine Kraft aufwenden müssen, um sie zu halten. Ist das der Fall oder schmerzen sie sogar, dann lege zusätzlich zwischen Blöcke und Knie noch eine Decke.

3. Virabhadrasana 2

Gesunde Kniegelenke – Krieger 2

“Virabhadrasana” heißt eigentlich gar nicht Krieger, sondern eher “Haltung des guten Helden”. Die Asana soll deinen Mut, dein Selbstbewusstsein und deine Ausdauer stärken und dich so zum Helden oder zur Heldin machen. Sie entlastet deine Knie indirekt, in dem sie den Quadrizeps (Oberschen­ kelmuskulatur) und den Gluteus maximus (Gesäßmuskulatur) kräftigt, Krämpfe in Waden und Schenkeln vorbeugt und die Leisten dehnt.

Setze aus dem Stand (Tadasana oder Berghaltung) den rechten Fuß nach hinten. Drehe den Fuß so, dass er etwa parallel zum kurzen Mattenende steht. Die Fersen stehen auf einer Linie oder weiter auseinander. Beuge das linke Bein, das Kniegelenk sollte dabei über dem Fußgelenk stehen. Deine Körpermitte ist aktiv, das Becken leicht gekippt, sodass du kein Hohlkreuz machst. Achte außerdem darauf, dass du die Ferse des hinteren Beines aktiv gegen die Matte schiebst.

Strecke beide Arme seitwärts aus und schaue über deinen linken Arm nach vorn. Lass die Schultern entspannt sinken. Wenn sich dein Knie meldet, dann mach den Schritt etwas kürzer und / oder stehe mit dem Becken etwas höher, sodass der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel größer wird. Im Anschluss übst du mit dem rechten Bein vorn.

4. Eka Pada Bhekasana

Gesunde Kniegelenke – Eka Pada Bhekasana

Bei dieser sanften Rückbeuge aus der Bauchlage dehnst du deine Körpervorderseite, die Hüften und deine Unterschen­kel, vor allem aber dehnst du deinen Musculus Iliopsoas, die einzige muskuläre Verbindung zwischen Wirbelsäule und Oberschenkelknochen, mitverantwortlich für die Sta­bilisierung des Kniegelenks. “Bheka” bedeutet Frosch auf Sanskrit, es ist also der “einbeinige Frosch”.

Stütze in der Bauchlage deinen linken Unterarm parallel zum kurzen Mattenrand oder etwas diagonal auf. Dabei steht der Ellenbogen senkrecht unter oder etwas vor deiner Schulter. Drücke den Unterarm aktiv gegen die Matte. Beuge dein rechtes Bein und greife mit der rechten Hand deinen Fuß. Drehe deinen Ellenbogen nach oben und baue Spannung zwischen Hand und Fuß aus. Dabei ist dein Brustkorb gerade nach vorn ausgerichtet.

Wenn dein unterer Rücken auch nur minimal angeschlagen ist, übe diese Asana nur sehr vorsichtig: Aktiviere den Bauch und halte den Rücken lang, um ein Hohlkreuz zu vermeiden. Außerdem kannst du den Fuß mit einem Gurt statt direkt mit der Hand halten. Auch hier übst du im Anschluss (oder nach einer Pause in der Stellung des Kindes) die zweite Seite.

5. Doppelter 90-Grad-Winkel

Gesunde Kniegelenke – 90-Grad-Winkel
Gesunde Kniegelenke – 90-Grad Winkel

Bei dieser Übung bewegst du deine Schienbeine, im Knie­gelenk und nährst auf diese Weise das Knorpelgewebe: die Menisken, die als halbmondförmige Scheiben zwischen Unter­- und Oberschenkel liegen.

Hebe aus der Rückenlage deine gebeugten Beine, sodass die Unterschenkel parallel zum Boden ausgerichtet sind. Halte die Knie zusammen und den Rücken neutral. Dazu musst du deine tiefen Bauchmuskeln sanft anspannen und, wenn du damit vertraut bist, Muladhara Bandha “ziehen”. Dann bewegst du im Wechsel langsam deine Zehen auseinander und die Fersen zusammen und andersherum, die Zehen zusammen und die Fersen auseinander.

6. Janu Shirshasana

Die Kopf­-zum­-Knie-­Haltung beruhigt dein Nervensystem, dehnt deine Körperrückseite und massiert den Darm. In die­ser Version geht es darum, das angewinkelte Knie zu stabili­sieren, während du die Hüfte mobilisierst. So kräftigst du die Kreuzbänder, die deinem Knie im Inneren des Gelenks Halt geben, und dehnst zugleich Beinrückseiten und Leisten.

Aktiviere im Langsitz deine vordere Oberschenkelmuskulatur. Dann beugst du dein rechtes Bein, legst den Fuß innen an den linken Oberschenkel und lässt das Knie nach außen auf einen Block sinken. Die Muskeln der Oberschenkelrückseite beugen das Bein. Der Quadrizeps (Quadriceps femoris) hält währenddessen das linke Knie gestreckt. Statt dich wie in der klassischen Form vorne zu beugen, stützt du dich hier mit den Fingern hinter deinem Gesäß am Boden oder auf Blöcken ab und bleibst möglichst aufrecht sitzen.


Kristin Rübesamen hat sich als Yogalehrerin, Autorin und Podcasterin in der Yogaszene und weit darüber hinaus einen Namen gemacht. Ihre Bücher (“Alle sind erleuchtet”, “Das Yoga-ABC” und zuletzt “Außer Atem“) überzeugen mit Ernsthaftigkeit, Tiefe und dem für sie typischen lakonischen Humor.

Mehr zu Kristin und ihrer Arbeit auf yogahikes.de und auf Instagram @yogahikes__


Hier geht’s zum Intro-Artikel von Kristin Rübesamen über Gelenkgesundheit:

Rezept für Veggie-Ramen & Tipps zum selbst fermentieren

Veggie Ramen Foto: Aaron Colussi

Dieses Veggie-Ramen Rezept von Mara King steckt voller fermentierter Nahrungsmittel, die sich positiv auf unsere Darmgesundheit auswirken.

Foto: Aaron Colussi

Wieso das so ist? Hier liest du mehr über Pro- und Präbiotika und erfährst, was es mit der alten Kunst des Fermentierens auf sich hat.

Zutaten für 4 Personen

  • 4 große Karotten, in dünne Scheiben gehackt
  • 10 Shiitake-Pilze, geputzt
  • 3 Frühlingszwiebeln, in Ringe geschnitten, grüne und weiße Teile getrennt
  • 1 Daikon-Rettich, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 Klettenwurzel, geschält und in dünne Scheiben geschnitten
  • 10 cm getrockneter Seetang
  • 5 EL heller Miso
  • 500 g Seetang- oder Shirataki- Nudeln, gespült und abgetropft
  • 1 1/2 Tassen fein geschnittenes dunkles Blattgemüse (z.B. Mangold, Spinat)
  • 1 Tasse eingemachter Grün- und Blattkohl
  • 2 EL Sesamkörner

Veggie-Ramen Zubereitung:

1. Setze Karotten, Pilze, die weißen Teile der Frühlingszwiebeln, Rettich, Klettenwurzel und Seetang mit reichlich Wasser in einem Suppentopf auf. Nach einem kurzen Aufkochen senkst du die Temperatur und lässt das Gemüse 20 Minuten sanft köcheln. Dann hebst du es mit einem Schaumlöffel aus der Brühe und stellst es beiseite, den Seetang schneidest du in Streifen.

2. Gebe Miso, Nudeln, Blattgemüse und den abgetropften eingemachten Kohl samt 1⁄4 Tasse seiner Flüssigkeit in die Brühe und köchele alles, bis die Nudeln nach etwa 2 Minuten beginnen weich zu werden. Teile Nudeln, Kohl, Brühe und das beiseite gestellte Gemüse auf 4 große Suppenschalen auf und garniere die Suppe mit Sesam.

Lies hier: Richtig essen – Ernährung vor und nach der Yogapraxis

Selbst fermentieren: Scharf eingemachter Grün- und Blattkohl

  • 1/2 Zwiebel, grob gehackt
  • 3 Knoblauchzehen, grob gehackt
  • 1 TL Chillipulver
  • 1 EL Paprikapulver
  • 2 TL geriebener Ingwer
  • 1 TL Cayenne-Pfeffer
  • 2 1/2 Tassen fein gehackter Grünkohl
  • 2 1/2 Tassenfein gehackter Blattkohl
  • Salz

So geht’s:

1. Verarbeite Zwiebel, Knoblauch und Gewürze im Mixer zu einer glatten Kimchi-Paste. Vermenge die Paste in einer Schüssel mit Grün- und Blattkohl und drücke die Mischung in ein sauberes Einmachglas. Löse das Salz in 2 Tassen Wasser auf, gieße diese Lake über den Kohl und schließe den Deckel.

2. Öffne das Glas täglich und drücke den Kohl mit einem Löffel fest nach unten. Nach spätestens einer Woche sollte der Kohl sauer geworden sein und wird entweder verwendet oder ab jetzt im Kühlschrank aufbewahrt.

Transgender und non-binäre Yogi*nis: Eine sichere Umgebung

Eine sichere Umgebung für alle Übenden: Damit sich Transgender und nicht-binäre Menschen in unseren Yogastudios wirklich zugehörig fühlen können, muss noch einiges geschehen – erklärt der amerikanische Lehrer und Studiobesitzer Jordan Smiley in diesem Kommentar.

Text: Jordan Smiley

Jahrelang stand ich am Tresen einer in den USA sehr bekannten Kette von Yogastudios. Ich war die erste Anlaufstelle, wenn unsere Schüler*innen zur Tür hereinrauschten: Sie knallten die Stofftaschen und klappernden Schlüssel auf die Theke und nannten mir atemlos ihre Namen, begierig wie Kinder im Schwimmbad, möglichst schnell in ihre Klasse zu kommen. Mein Job war es, den Ankommenden zu sagen, wo der Trinkbrunnen stand, wo welche Stunde stattfand und wo sie ihre Umkleide fänden – hier die Männer, da die Frauen. Als Trans-Person, Yogalehrer und selbst langjähriger Schüler krampfte sich jedes Mal etwas in mir zusammen, wenn jemand auf diese Weise gegendert wurde. Meine non-binäre Schülerin Mel empfindet das genauso: “Ich fühle mich missverstanden und beschämt”, sagt sie. “Ich bin doch ein erwachsener Mensch und weiß selbst am besten, in welche Umkleide ich gehöre!”

Jede*r sollte selbst entscheiden

Die Wurzeln für diese Festlegungen liegen noch in den weißen, patriarchalen Normen der Kolonialzeit. Dabei waren die traditionellen Ausdrucksformen von Geschlecht zwischen den über 500 indigenen Gruppen des heutigen Nordamerika sehr vielschichtig. Dasselbe gilt für die zwangsweise aus Afrika hierher gebrachten und versklavten Menschen. Feministinnen wie Maria Lugones und Gloria Anzaluda haben deutlich gemacht, dass die Durchsetzung der Geschlechterbinarität explizit und implizit indigene Praktiken wie Matrilinearität, Fruchtbarkeitsaffirmation und nicht-binären Geschlechtsausdruck unterdrückten, um den weißen, cis-männlichen Landbesitzern die alleinige Macht zu verleihen.

Und nach meinem Empfinden wirkt das bis in unsere heutige Yogawelt hinein. Ich bin überzeugt: Abhängig davon, wie wir im Yogastudio gendern und ob wir gleichberechtigte und inkludierende Räume zum Üben schaffen, werden unsere Worte und Handlungen entweder Schaden anrichten oder Ahimsa (Nicht-Verletzen) fördern: Es ist unsere Entscheidung, welchen dieser Wege wir einschlagen und für unsere Mitübenden bahnen. 

Yoga ist Praxis der Befreiung

Deswegen habe ich vor einiger Zeit das “Courageous Yoga Studio” in meiner Heimatstadt Denver/Colorado gegründet. Wir sind überzeugt: Yoga ist eine Praxis der Befreiung und sollte auf einer sehr spezifischen Form von Ahimsa gründen: der Arbeit gegen jede Form von Unterdrückung. Dazu gehört für uns, dass wir alles tun, was die Trans- und Non-Binary Community unterstützt.

Foto: Juan Moyano via Canva

Zum Beispiel nennen die Lehrenden bei uns ihre eigenen Pronomen und fragen Mitglieder der Gemeinschaft, wie sie angesprochen sein wollen. Wir haben All-Gender-Toiletten, fragen nach Einwilligung, bevor wir jemanden berühren und verwenden eine inklusive Sprache, die keine Gender-Normen fortschreibt, zum Beispiel indem wir “Freunde” und “ihr alle” sagen, statt “er” oder “sie”. Sprache ist nämlich ein Symptom dafür, wie wir zu denken konditioniert wurden. Unser Team macht laufend Fortbildungen, denn wir wollen lernen, diejenigen sozialen Konditionierungen zu erkennen und anzufechten, die überhaupt die Normen aufstellt, derentwegen Menschen auch in Yogastudios unbewusst oder unwillentlich Schaden zugefügt wird.

Eigene Denkmuster hinterfragen

Aber es geht noch weiter: Wir wollen auch unsere Umgebung und unser Geschäftsmodell so anpassen, dass Trans- und nicht-binäre Menschen sich sicher und zugehörig fühlen können. Ich finde zum Beispiel, dass Studiobetreiber*innen eine Bestandsaufnahme darüber machen sollten, wie Gender in der Gestaltung der Räume oder in den zur Verfügung gestellten Büchern dargestellt wird, wie es bei den Mitarbeiter*innen aussieht (und zwar vom Empfang über den Unterricht bis zu den Reinigungskräften) und mit welchen Firmen außerhalb des Studios wir zusammenarbeiten.

Gleichzeitig gilt: So wichtig all diese physischen und äußerlich sichtbaren Veränderungen auch sein mögen, es ist entscheidend, dass es nicht bei ein paar schnellen, demonstrativen Korrekturen bleibt. Statt dessen sollten wir dazu ermutigen, genauer zu überprüfen, was wir über Geschlechter glauben zu wissen, was wir gelernt haben und weitertragen. Wirkliche Inklusion für transgender und nonbinäre Menschen kann es nach meiner Überzeugung nur geben, wenn wir das Thema an seiner Wurzel untersuchen: den strukturellen Realitäten, die unsere Sichtweisen prägen.

Klassifizierungen vermeiden

Ganz deutlich ist die Gender-Binarität zum Beispiel sichtbar in “Damen”- und “Herren”-Umkleiden, in Anmeldeformularen, die Schüler*innen zwingen sich als männlich oder weiblich zu identifizieren, oder auch in den entsprechenden Abteilungen von Studio-Shops. Aber auch wenn wir Übende als “Ladies” ansprechen, wenn wir rosafarbene oder blaue Hanteln danach verteilen, welches Geschlecht wir an einer Person wahrzunehmen glauben, oder wenn wir im Unterricht darauf hinweisen, dass “die Männer mit dieser Haltung mal super ihren Oberkörper kräftigen können”, zeigen wir, dass wir die eindeutigen Klassifizierungen bisher nicht hinterfragen.

Denn genau so funktioniert es ja: Das binäre Geschlechterbild erhebt eine bestimmte Wahrnehmung zur Norm – häufig auf Kosten derjenigen, die sich in dieses Bild nicht nahtlos einfügen. “Ich hab mich in Yogastudios häufig übersehen gefühlt, ausgeschlossen, manchmal sogar gedemütigt”, erzählt meine nicht-binäre Schülerin Mel. “Für viele Menschen mögen das ‘heilende’ Räume sein, aber aufgrund meiner Identität bin ich meistens ausgeschlossen von diesem gemeinsamen Gefühl von Sicherheit.”

Achtsamkeit im Umgang

Eigentlich betrifft uns das alle: Denn ganz egal, wie wir uns identifizieren, diese unausgesprochenen Normen hemmen unser Potenzial, sie stören unsere nährende Verbindung zur Natur und zu der unserem Körper innewohnenden Weisheit, die weder weiblich ist noch männlich. Es ist sicher nicht einfach, unsere gewohnten Sichtweisen zu verändern und die Gender-Binarität und die patriarchalen Normen, aus denen sie hervorgegangen sind, nicht länger auf die erlernte Weise zu bestätigen oder anzufechten, aber wenn wir im Yoga wirklich heilende Räume für alle Menschen schaffen wollen, führt kein Weg daran vorbei. Das Schöne ist: Im Yoga haben wir eine Praxis, die uns genau diesen achtsamen Umgang mit Wandel und Entwicklung lehrt, und die uns zeigt, wie wir einen wirklichen Ausdruck von Ahimsa verkörpern können.


Menschen in ihrer ganzen Vielfalt zu feiern, das ist das Herzensanliegen von Jordan Smiley (Titelbild). Er ist überzeugt: Minderheiten, die sich organisieren und äußern, allen voran die BIPOC- and LGBTQIA+ Bewegungen, können helfen, die Welt zu heilen. Mehr Infos auf Instagram @courageousspace und @jordan.e.smiley

Gelenkgesundheit: “Gelenke brauchen mehr als Gummibärchen”

Wenn es ihnen gut geht, sorgen unsere Gelenke für reibungslose Bewegung und schenken uns Freiheit, doch wehe, sie tun weh. Hier liest du, warum Gelenkgesundheit so wichtig ist, und was wir in unserer Yogapraxis dafür tun können.

Text: Kristin Rübesamen / Titelbild: Nela König

Egal, ob wir uns eine Tasse Tee einschenken, jemanden umarmen oder als Backpacker im Himalaya unterwegs sind: Ohne unsere Gelenke wären wir verloren. Sie verbinden zwei oder mehrere Knochen und ermöglichen Bewegungen zwischen ihnen. Beispiel Knie: ein hochkomple­xes Drehscharniergelenk, abgepolstert durch einen elastischen Faserknorpel, den Meniskus, der bei jedem Schritt Stöße abfedert. Oder Beispiel Hüfte: ein Kugelgelenk, in dessen Gelenkpfanne am Becken sich als passgenaues Gegenstück der kugelförmige Gelenkkopf des Ober­schenkels schmiegt.

Alle unsere Gelenke sind lebenslang im Einsatz. Und trotzdem nehmen wir sie erst dann zur Kenntnis, wenn sie ihren Dienst nicht mehr im stillen Kämmerchen versehen. Sind die Gelenke erst einmal nicht mehr schön gepolstert, verliert das Knorpelgewebe seine Elastizität und Druckfähigkeit oder reiben die Knochen im Gelenk sogar direkt auf­ einander, dann beginnt es zu knirschen, zu knacken und zu krachen.

Solche Symp­tome können durch Überlastung, Unfälle, Krankheiten oder altersbedingt entstehen und sie resultieren oft in schmerzhaften Bewegungseinschränkungen. Wären wir uns darüber bewusst, was unser Bewe­gungsapparat tagtäglich leistet, wenn er uns klaglos zur U­-Bahn, zur Arbeit und ins Yogastudio trägt, würden wir vielleicht pfleglicher mit ihm umgehen. Aber der Reihe nach.

Kleine Gelenkkunde

Foto: sompong_tom / Getty Images via Canva

Im menschlichen Körper gibt es mehr als 300 Gelenke, das größte unter ihnen ist das Knie, das kleinste der sogenann­te “Steigbügel”, ein winziger Knochen im Ohr. Man kann sie auf verschiedene Arten einordnen und unterscheiden, mir gefällt das System der Freiheitsgrade (F­-Grade) am besten. Darunter versteht man in der Anatomie den “Spielraum” des Gelenks, oder genauer: die Anzahl und Art seiner Bewegungsachsen. Es gibt als Grundtypen Scharniergelenke (1 F­-Grad) wie das obere Sprunggelenk, Drehgelenke (1 F­-Grad) wie den Ellen­bogen, Sattelgelenke (2 F­-Grade) wie das Daumengrundgelenk, Eigelenke (2 F­-Grade) wie das Handgelenk und Kugelgelenke (3 F­-Grade) wie Hüfte und Schulter. Neben diesen “echten” gibt es sogenannte “unechte” Gelenke, zum Beispiel die Knochennaht am Schädel. Sie weisen keinen Gelenkspalt und keine oder kaum Beweglichkeit auf.

Echte Gelenke haben drei typische Be­standteile: Die Gelenkkapsel, eine binde­gewebsartige Hülle, die das gesamte Ge­lenk wie eine Manschette umschließt und stabilisiert. Den Gelenkspalt, ein von Gelenkschmiere gefüllter kleiner Spalt, der die Knochen voneinander trennt. Und Gelenkknorpel, eine Knorpelschicht, die zwischen den Gelenkflächen der beteiligten Knochen wie ein Stoßdämpfer wirkt. Wenn alles glatt läuft, dann sorgt ein beständiger Wechsel von Be­- und Entlas­tung dafür, dass der Knorpel durch die Belastung ausgepresst wird und dabei Abbauprodukte loswird, während er in der Entlastung wieder frische Nährstof­fe aufsaugt.

Prominentestes Beispiel für diesen Mechanismus ist die Bandschei­be als knorpelige Verbindung zwischen zwei Wirbeln. Die häufigste Knorpelart aber ist ein sogenannter hyaliner Knor­pel. Er wird so gut wie nicht durchblutet und muss von der Gelenkflüssigkeit mit Nährstoffen versorgt werden. Die wird ihrerseits von der Innenschicht der Ge­lenkkapsel gebildet und liegt wie eine Gleitschicht auf den Gelenkflächen. Viel­leicht hast du schon mal davon gehört, dass ein Gelenk punktiert werden muss, weil es geschwollen ist. Das bedeutet, dass zum Beispiel nach einer Operation zu viel Gelenkflüssigkeit produziert wurde.

Gelenke im Yoga

gesunde Gelenke
Foto: Nela König

Diese nährenden Prozesse von Be­- und Entlastung können wir in einer gesun­den Yogapraxis wirksam unterstützen. Gleichzeitig schützen und pflegen wir un­sere Gelenke mit der Asanapraxis, indem wir um sie herum für eine gut ausgebil­dete Muskulatur und geschmeidige Fas­zien sorgen. Nicht wenige Yogis und Yo­ginis verletzen sich aber auch beim Üben. Eigentlich kein Wunder angesichts des Riesenbooms, den Yoga in den letzten Jahrzehnten erlebt hat und der eine Flut an unerfahrenen Lehrenden und unge­übten Schüler*innen hervorgebracht hat. Ausgekugelte Gelenke sind in einer Zeit, in der als Feigling gilt, wer Grenzen nicht überschreiten will, anscheinend der Zoll unserer Leistungsgesellschaft.

Erst so langsam findet eine Neubewertung be­stimmter Asanas statt und die Einsicht, dass Yoga ohne Bewusstheit nur stumpfe Tortur ist, setzt sich durch. Dennoch: Ich kenne einige Yogis, die ein künstliches Hüftgelenk brauchten. Sie haben ihre anatomischen Grenzen über Jahre igno­riert. Irgendwann war ihre Hüftpfanne so degeneriert, dass ein neues Gelenk her musste. Ihre Praxis hat sich nach der Operation grundlegend geändert und auf eine Weise vertieft, die sie vorher nicht für möglich gehalten hätten. An die Stel­le von demonstrativer Flexibilität und Performance – gerne auch “Ego” genannt – sind Ernsthaftigkeit, Intelligenz und Vitalität getreten.

Vielleicht geht es, wenn wir von Gelenk­gesundheit sprechen, genau darum: be­weglich zu bleiben, nicht nur in den Ge­lenken, sondern auch im Kopf! Nicht alle, aber viele Yogaübende können sich gut in ihren Körper einfühlen. Mit den Jahren entwickeln sie ein immer feineres Gespür für sich und finden so immer besser he­raus, was ihnen wirklich guttut. So wie Menschen im Yoga von der präventiven und kurativen Wirkung der Asanapraxis profitieren, so profitieren auch die Gelen­ke von der integralen Wirkung auf ihre Gesundheit, auf ihre Resilienz und ja, ihren Freiheitsgrad.

Wir wissen ja aus der Yogaphilosophie, dass der rein intellektuelle und funktio­nale Blick der Anatomie nicht alles ist: Was wir im Körper wahrnehmen, findet Resonanz im Geist. Wenn wir den Körper bewegen, bewegen wir auch den Geist. Mobilität ist das Schlagwort unserer Zeit. Sie verspricht Freiheit und Ungebunden­heit. Aber ohne eine gewisse Verbindlich­keit – anatomisch gesehen heißt das: ein straffes Bindegewebe, das mit seinen Kol­lagenfasern die Gelenkkapseln umhüllt – keine Freiheit. Grenzenlose Freiheit macht Gelenke instabil.

Gelenkgesundheit: Darauf kommt es an


1. Ausreichend Bewegung: 
Auch wenn man das Gegenteil annehmen könnte: Nicht Überlastung sondern Bewegungsmangel ist die wichtigste Ursache für Arthrose, denn das Fehlen von gesunder Be- und Entlastung verringert die nötige Nährstoffaufnahme.

2. Kraft und Mobilität in Balance: 
Auf gesunde Art “gelenkig” zu sein, ist etwas völlig anderes als Hypermobilität. Jede Mobilität braucht als Gegengewicht Stabilität durch Muskeln und Bänder. Wichtig dabei: Den gesamten Körper ausgewogen trainieren und muskuläre Dysbalancen vermeiden.

3. Selbstwahrnehmung: 
Sie ist der eigentliche Kern der Yogapraxis, denn sie führt dich von der äußeren Form einer Haltung in die tiefere, ganzheitliche Erfahrung. Wichtig dabei sind die drei A’s: Akzeptanz (ich nehme das an, was meinen individuellen Körper ausmacht), Achtsamkeit (ich spüre, was mir guttut und was nicht) und Angemessenheit (ich übe so, dass es zu meinem Körper passt).

4. Biomechanik: 
Manchmal werden im Yoga bis heute Prinzipien unterrichtet, die eher geometrischen Idealen folgen als anatomischen Gegebenheiten – Stichwort: “Alignment”. Genaueres Wissen darüber, wie der Körper sich funktional bewegt, kann dir helfen, hier zu unterscheiden, was sinnvoll ist und was schädlich.

5. Ernährung: 
Gemüse, Obst, Nüsse und Vollkornprodukte sind die wichtigsten Nährstofflieferanten für gesunde Gelenke. Auf fettreiches Fleisch, Zucker, Fertigkost und Fast Food solltest du dagegen weitgehend verzichten – und das nicht nur wegen der schädlichen Stoffe und der Entzündungsreaktionen, die sie verstärken können, sondern auch, weil Übergewicht die Gelenke enorm belastet.


kristin rübesamen

Kristin Rübesamen hat sich als Yogalehrerin, Autorin und Podcasterin in der Yogaszene und weit darüber hinaus einen Namen gemacht. Ihre Bücher (“Alle sind erleuchtet”, “Das Yoga-ABC” und zuletzt “Außer Atem“) überzeugen mit Ernsthaftigkeit, Tiefe und dem für sie typischen lakonischem Humor.

Mehr zu Kristin und ihrer Arbeit auf yogahikes.de und auf Instagram @yogahikes__


In unserer Artikel-Reihe “Gesund üben” zeigt dir Kristin, wie du deine Gelenke gesund hältst. Hier geht’s zum ersten Teil mit einer Praxisstrecke für das Kniegelenk: