Somatic Strength Teil 3 – Core

Mit diesen Übungen für den Core kräftigst und stabilisiert du effektiv deine gesamte Rumpfmuskulatur. Dabei übst du, anders als bei den meisten Core-Sequenzen, ganz bewusst im Stehen, denn hier geht es nicht um einen gut definierten Waschbrettbauch, sondern um funktionellen Halt und dynamische Kontrolle in vielen Alltagsbewegungen.

Übungen: Lizzie Lasater und Mary Richards / Fotos: Dani Gruber

Core vs. Bauch

Der sogenannte “Core” wird häufig missverstanden, als eine Umschreibung der Bauchmuskeln, dabei umfasst er “360 Grad“: von den geraden Bauchmuskeln an der Vorderseite, über die schrägen und quer verlaufenden an der Seite bis zu den Lenden und Gesäßmuskeln an der Rückseite des Rumpfs.

SO ÜBST DU

· Bewege dich langsam und lass alle Bewegungen von innen nach außen entstehen.

· Spüre genau hin. Nimm dabei wahr, wo innerhalb eines Bewegungsbogens du nachlässt oder dich “durchmogelst”.

· Setze dich der Anstrengung bewusst aus und steigere allmählich die Zeiten unter Spannung.

· Höre dabei immer auf die Signale deines Körpers und überschreite nicht deine Grenzen.

· Um deinen Core wirkungsvoll zu kräftigen, solltest du regelmäßig, mindestens einmal pro Woche üben. Dazu kannst du die Sequenz einzeln üben oder als Warm-up für deine Asana-Praxis einsetzen.

Die Somatic Strength Core-Sequenz

1. Katze-Kuh in der Hocke

Lizzie Lasater, Core-Sequenz Somatic Strength, Katze-Kuh Variation 1

Darum geht’s: Hier arbeiten die Bauchmuskeln im Verbund mit Beckenboden, Rücken, Oberschenkeln und Gesäß. So aktivierst und kräftigst du einen Großteil der Muskulatur, die den Rumpf stützt und bewegt.

Somatic Strength Core, Lizzie Lasater, Katze-Kuh Variation 2

So geht’s: Richte in einem stabilen, hüftbreiten Stand deine zweiten Zehen gerade nach vorne aus, beuge die Knie in eine Hocke und stütze die Hände oberhalb der Knie auf. Dann beginnst du, ausatmend deine Körperrückseite zu runden. Dabei senkst du den Kopf und ziehst das Steißbein nach vorn. Einatmend hebst du Kopf und Steißbein wieder und ziehst die Körpervorderseite lang. Versuche, die Bewegungen von Beckenboden aus zu initialisieren: Mit ihm ziehst du dein Becken ausatmend nach vorn und schiebst es einatmend nach hinten. Dabei drückst du deine inneren Organe abwechselnd fest zusammen und dehnst sie wieder aus.

8–10 Wiederholungen

2. Dynamisches Ardha Uttanasana

Dynamisches Ardha Uttanasana, Lizzie Lasater, Somatic Strength, Core

Darum geht’s: Bei dieser yogischen Variante des klassischen Kreuzhebens mit Gewichten wirken keine Scherkräfte auf die Bandscheiben, dennoch werden insbesondere der untere Rücken und die Gesäßmuskeln wirkungsvoll gekräftigt – beides integrale Bestandteile der Rumpfmuskulatur.

So geht’s: Richte auch hier den Stand hüftbreit ein, die zweiten Zehen zeigen nach vorn, die Basis liegt zwischen dem zweiten und dritten Zeh. Lege die Hände bequem an die Hüften und richte dich zu deiner vollen Größe auf, indem du die Rippen von der Taille aus nach oben ziehst. Beuge die Knie ein wenig, aber nicht zu viel, bevor du nun mit einer Ausatmung den gestreckten Oberkörper in die Waagerechte bringst. Dabei streckst du den Po nach hinten und hebst das Steißbein etwas. Einatmend hebst du den Oberkörper wieder in die Senkrechte. Führe die Bewegung langsam und kontrolliert und achte darauf, die Organe in der Vorwärtsbeuge nicht “sacken” zu lassen, sondern sie aktiv im Bauch zu halten.

8-10 Wiederholungen

3. Raupe und Brett

Lizzie Lasater, Somatic Strength Übung Raupe für den Core

Darum geht’s: In dieser komplexen Bewegungsabfolge müssen alle Bestandteile des Cores miteinander arbeiten – und zwar in äußerst funktioneller Weise. Das ist wichtig, denn stabil ausgeführte Vorwärtsbeugen begleiten uns überall im Alltag.

Lizzie Lasater, Yoga Somatic Strength für den Rumpf, Übung Plank

So geht’s: Stelle dich ans hintere Mattenende und beuge dich mit einer Ausatmung von den Hüftgelenken ausgehend nach vorn. Lege die Fingerspitzen auf den Boden und beuge dazu die Knie so weit, wie nötig. Wandere nun in der Einatmung mit den Händen nach vorn bis in die Brettposition: Rumpf und Beine bilden eine gestreckte Linie. Halte das Brett stabil mindestens einen Atemzug lang, bevor du ausatmend wieder mit den Händen zurück zu den Füßen wanderst. Mit der nächsten Einatmung richtest du dich wieder auf. Auch dabei bewegst du dich von den Hüftgelenken aus, hältst den Oberkörper möglichst lang und beugst die Beine so weit wie nötig. Die Arme kannst du in der Ausgangsposition hängen lassen oder du hebst sie und bewegst sie in Vorwärtsbeuge und Aufrichtung in Verlängerung des Oberkörpers. Beides macht die Übung deutlich anspruchsvoller.

4–8 Wiederholungen

4. Heldenhaltung 1 mit dynamischer Drehung

Lizzie Lasater, Heldenhaltung 1 dynamisch mit Blick nach vorne, Core Somatic Strength

Darum geht’s: Auch in dieser Abfolge geht es weniger darum, allein die Bauchmuskeln anzufeuern, sondern die gesamte Rumpfmuskulatur in ihrem Zusammenspiel zu aktivieren. Anstatt also nur einzelne Muskeln zu kräftigen, verbesserst du auch Koordination und Geschmeidigkeit in vielen Bewegungen und findest müheloser zu einer harmonischen Aufrichtung.

Lizzie Lasater, Heldenhaltung 1 dynamisch

So geht’s: Setze am vorderen Mattenrand stehend zunächst den rechten Fuß nach hinten in einen weiten Ausfallschritt. Dabei bleibst du auf dem Ballen stehen und drehst den Fuß nicht wie sonst in der Heldenhaltung. Hebe die Arme einatmend zu den Seiten bis auf Schulterhöhe und drehe in der nächsten Ausatmung den Oberkörper zum vorderen Bein. Bleibe einen Atemzug lang stabil in dieser Haltung. Dann löst du die Drehung mit einer Einatmung wieder und ziehst dein hinteres Bein kraftvoll nach vorn in Tadasana. Von dort aus wiederholst du die Abfolge mit dem linken Fuß beginnend. Um noch etwas mehr in die Kraft zu kommen, kannst du ein Gummiband verwenden, dass du in der Drehung zwischen deine Hände spannst.

3–6 Wiederholungen auf jeder Seite

5. Beinheben im Stehen

Lizzie Lasater, Beinheben im Stehen, Yoga-Sequenz Somatic Strength für den Core

Darum geht’s: Diese Bewegung steckt im Ansatz in jedem einzelnen Schritt, den du machst. Sie aktiviert vor allem die Hüftbeuger, was bei vielen Beschwerden in Hüften und unterem Rücken entlastend wirkt, denn Aktivierung erleichtert danach auch die Entspannung der Muskeln. Gleichzeitig verbessert das Balancieren die stabilisierenden Kraft des Core.

So geht’s: Lege im Stand die Hände an die Hüften. Verlagere dein Gewicht auf den rechten Fuß und hebe dann das linke Bein langsam und kontrolliert, so weit es geht. Halte das Bein dabei so gestreckt, wie es möglich ist, ohne dass sich der Rücken rundet. Bleibe einen Moment lang stabil in der Position, dann senkst du das Bein wieder in die Ausgangsstellung. Wiederhole die Übung auf derselben Seite noch einige Male, bevor du zum anderen Bein wechselst. Achte darauf, auch den Bauch in der Bewegung zu festigen und den Nabel etwas nach innen und oben zu ziehen. Wenn es zu wackelig wird, kannst du dich seitlich mit der Hand an einer Wand abstützen.

8–10 Wiederholungen auf jeder Seite

6. Seitbeuge im Stehen

Lizzie Lasater, Seitbeuge im Stehen, Somatic Strength, Core-Sequenz

Darum geht’s: In den Seitbeugen beginnen wir, die zuvor aktivierte Rumpfmuskulatur an den Flanken wieder zu dehnen. Dabei berücksichtigen wir die natürliche Asymmetrie des Körpers und gleichen sie etwas aus.

So geht’s: Hebe aus dem Stand mit einer Einatmung beide Arme. Wenn du Rechtshänderin bist, greifst du nun mit der rechten Hand um das linke Handgelenk und beugst dich ausatmend nach rechts. Entsprechend beugst du dich als Linkshänderin zuerst nach links. Drehe dabei die Brust ein klein wenig – nicht zu viel – nach oben. Bleibe bis zu 3 Atemzüge lang in der Haltung, dann richtest du dich einatmend wieder auf und wechselst zur zweiten Seite. Wichtig: Beuge dich doppelt so oft oder doppelt so lange zu deiner dominanten Seite, denn die dabei gedehnte Flanke ist in der Regel etwas verkürzt.

2–3 Wiederholungen auf jeder Seite

7. Berghaltung mit Herzöffnung

Lizzie Lasater, Yoga Berghaltung mit Herzöffnung, Somatic Strength Sequenz für den Core

Darum geht’s: In der abschließenden Übung dehnen wir die Muskulatur an der Vorderseite und schaffen Raum zwischen den Rippen.

So geht’s: Verschränke die Hände mit einer Ausatmung hinter dem Rücken oder verwende einen Gurt. Schiebe die Knöchel deiner Finger nach unten und ziehe die Rippen von der Taille weg nach oben, dann weitest du die Herzgegend einatmend in eine sanfte Rückbeuge. Lenke die Energie durch die Hände nach unten, während du gleichzeitig kraftvoll die Flanken streckst und das Brustbein hebst. Stell dir vor, wie du dabei die unteren hinteren Rippen abhebst und dich über diese Stütze hinweg nach hinten rollst. Ausatmend kehrst du wieder zurück in die Berghaltung, also den aufrechten Stand. Beim Wiederholen der Übung verschränkst du die Finger mit dem anderen Daumen vorn.

2–3 Wiederholungen


mary richards

Mary Richards arbeitet seit über 20 Jahren als Yogalehrerin und -therapeutin. Sie gilt international als eine der führenden Expertinnen für Yogatherapie und lebt mit ihrem Mann in Virginia. yogawithmaryrichards.com

Auf den Fotos siehst du die Yogalehrerin Lizzie Lasater. Geboren in San Francisco lebt sie heute mit Mann und Zwillingen in Salzburg. lizzielasater.com


Lust auf mehr?
Im ersten Teil dieser Reihe haben Lizzie und Mary die Prinzipien des Somatic Strength Training erklärt und Übungen für den unteren Rücken gezeigt:

Im zweiten Teil der Reihe gab es Übungen zur Schulterkräftigung:

Energieausblick Oktober 2025 – Von Mühsal zu Klarheit und neuer Kraft

Medium Kristina Sacken Energieausblick

Der Energieausblick September 2025 hat uns gezeigt, wie wichtig es ist,
innezuhalten, Klarheit zu gewinnen und Haltung zu finden, bevor wir weitergehen. Der Oktober baut genau darauf auf: Jetzt darfst du aufstehen, deine Kraft zurückholen und sehen, dass dein Feld schon reif ist. In unserer neuen Artikelreihe gibt euch Medium Kristina Sacken, die eng mit der geistigen Welt verbunden ist, regelmäßig einen Energieausblick für den jeweils kommenden Monat. Dabei channelt sie extra für unsere YogaWorld Community …

Text: Kristina Sacken / Titelbild: Alicia Minkwitz

Der Oktober 2025 bringt eine Wende. Wochenlang war es, als würden wir uns durch hohes Korn kämpfen – mühsam, schweißnass, manchmal fast orientierungslos. Viele von uns waren erschöpft, ohne Werkzeug, manche fühlten sich zurückgelassen. Und dann, ganz plötzlich, trittst du aus diesem Feld heraus und siehst: Es ist schon gemäht. Der Boden ist bereitet andere sind dir entgegengekommen, und während du noch glaubtest, nichts hätte geklappt, erkennst du jetzt: Viel mehr ist getan, als du dachtest. Dein Feld blüht, und du darfst staunend begreifen, dass die Mühe der letzten Wochen nicht umsonst war.

Der Oktober bringt Erleichterung

In dieser Energie des Oktobers liegt eine tiefe Erleichterung. Wir sehen plötzlich, dass nicht nur das Schwere, das Problematische, das uns beschäftigt hat, unser Leben bestimmt. Vielmehr ist da ein viel größerer Teil, der funktioniert, der trägt, der wächst. Das zeigt dir die geistige Welt in aller Deutlichkeit: Was du gesät hast, trägt Früchte, auch wenn du es im Moment der Anstrengung nicht sehen konntest. Dieses Bewusstsein bringt eine Welle der Erleichterung, vergleichbar mit dem Moment, in dem Sportler nach harter Anstrengung und Druck ihre Medaille gewinnen und die Tränen kommen, weil der Druck abfällt. Genau diese Mischung aus Erschöpfung, Rührung und Dankbarkeit prägt die erste Phase dieses Monats.

Jetzt findest du “deine” Menschen

Doch damit endet es nicht. Der Oktober führt dich auch in einen Kreis von Menschen, die auf derselben Frequenz schwingen. Du erlebst, wie Resonanz entsteht, nicht durch Worte, sondern durch Haltung. Es geht nicht mehr darum, andere mit Argumenten zu überzeugen, sondern darum, in deiner Klarheit zu stehen und dich mit Menschen zu verbinden, die genau dieses JA spüren. Anerkennung, Lob und gegenseitige Wertschätzung sind jetzt wichtiger denn je. Du darfst dir erlauben, diesen Kreis zu genießen, in dem ihr euch gegenseitig bestärkt und tragt. Diese Resonanz ist ein Schlüssel für deine Kraft im Oktober.

Und dann kommt ein noch stärkeres Bild: Ein Traktor fährt über dein Feld, riesig, voller Kraft und Stärke – und du selbst sitzt darauf. Dein größeres Selbst begegnet dir, und du erkennst, was wirklich in dir steckt. Diese Symbolik steht für deine Umsetzungskraft, dein Selbstbewusstsein, deine Stärke. Nach der Erschöpfung der letzten Wochen erinnert dich der Oktober an deine Größe. Du siehst deine besten Seiten, du spürst, was du schon geschaffen hast, und du erkennst, dass du wieder gestalten kannst – nicht aus Druck, sondern aus Würde.

Das großen Ganze sehen

Der Oktober ist ein Monat der Vollendung. Der Storch als Krafttier begleitet dich und zeigt: Das, was du im Jahr gesät hast, ist fruchtbar geworden. Es gibt nichts zu überstürzen, nichts zu beweisen. Du schaust auf dein Feld und siehst beide Seiten: das, was schwer war, und das, was gelungen ist. Alles gehört dazu. Frieden entsteht, weil du erkennst, dass auch das Unvollkommene Teil deines Weges ist.


In dieser Bewegung ist es entscheidend, dich jeden Tag neu zu erden und auszurichten. Hier ist die tägliche Morgenmeditation ein wirkungsvoller Anker. Gerade in Übergangszeiten, wenn Erschöpfung und Aufbruch so nah beieinanderliegen, schenkt sie dir Ruhe, Fokus und innere Kraft. In nur 15 Minuten bekommst du eine klare Ausrichtung auf die Tagesenergie, ein gestärktes Energiefeld und die Erinnerung daran, dass du auf deinem Feld stehst und deine Wahrheit lebst.

Damit du diese Qualität im Oktober bewusst erleben kannst, lade ich dich ein, die Morgenmeditation 2 Wochen kostenfrei auszuprobieren. Es ist mein Geschenk an dich, damit du dich getragen, verbunden und klar durch diesen Monat bewegen kannst.

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Der Energieausblick September 2025 hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, innezuhalten, Klarheit zu gewinnen und Haltung zu finden, bevor wir weitergehen. Der Oktober baut genau darauf auf: Jetzt darfst du aufstehen, deine Kraft zurückholen und sehen, dass dein Feld schon reif ist. Was im September innerlich vorbereitet wurde, trägt im Oktober Früchte. Es ist die Bewegung vom Orientieren ins Gehen, vom inneren Sortieren ins verkörperte Handeln. Vertraue darauf: Deine Haltung ist dein Fundament, deine Klarheit dein Kompass – und deine Kraft wird dich bis zum Jahresende tragen.


Mit Herz und Verstand – Kristinas Podcast

Kristina Sacken Podcast Cover "Mit Herz und Verstand"

In meinem Podcast Mit Herz und Verstand findest du jede Woche:

  • Aktuelle kollektive Energie-Updates
  • Channelings aus der geistigen Welt
  • Praktische Tipps für die Integration medialer Impulse im Alltag

Gleich reinhören auf kristinasacken.com/podcast-mitherzundverstand


Über Kristina Sacken

Kristina Sacken Portrait
Foto: Franziska Krois

Kristina Sacken ist Medium, Juristin und Gründerin der Kristina Sacken Akademie. Sie begleitet vor allem Frauen in Umbruchsphasen dabei, ihre Medialität zu entdecken und als innere Kraftquelle im Alltag zu nutzen. Mit klarer, ruhiger Präsenz verbindet sie spirituelle Tiefe mit einem strukturierten, alltagstauglichen Ansatz. Neben Ausbildungen und Retreats bietet sie eine tägliche Morgenmeditation an und teilt in ihrem Podcast Mit Herz und Verstand aktuelle Energien und Botschaften aus der geistigen Welt.

Mehr erfahren auf kristinasacken.com und auf Insta @kristinasacken / @mediale_akademie

Im neuen YOGAWORLD JOURNAL 05/2025 ist Kristina unsere “Woman in Business”. In diesem Porträt erfährst du noch mehr über Kristinas Werdegang und ihre Arbeit:

Veganes Rezept: Blumenkohlsteaks mit Tomaten und Kapern

Blumenkohlsteaks

Hast du schon einmal nach einer Art und Weise gesucht, um Blumenkohl ganz zu verarbeiten? Denn schließlich wollen wir alle gegen die Lebensmittelverschwendung vorgehen. Allerdings fehlt dafür oft das Wissen, welche Teile man jetzt konkret von einer Pflanze verwenden kann. Von der Wurzel bis zum Stängel ist deshalb eine besonders nachhaltige Kochart. Heute für dich: Blumenkohlsteaks. Dieses leckere Herbstgericht ist schnell zubereitet, schmeckt köstlich und ist dazu noch vegan.

Rezept: Tara Duggan / Foto: Sara Remington

Zutaten

Für 2 Personen:

  • 2 EL Olivenöl zum Anbraten
  • 2 Knoblauchzehen, besonders fein geschnitten
  • 1⁄4 TL Chiliflocken
  • 1⁄2 Blumenkohl, in 1,5 cm dicke Scheiben geschnitten
  • Blumenkohl-Blätter, gewaschen und erstmal beiseite gelegt
  • Salz
  • 1 Tasse Kirschtomaten, halbiert
  • 2 EL Kapern, abgetropft
  • 1 EL gehackte glatte Petersilie (Menge nach Belieben)
Blumenkohlsteaks

Zubereitung der Blumenkohlsteaks

Erhitze zuerst das Olivenöl – am besten in einer großen gusseisernen Pfanne bei mittlerer Hitze.

Schwenke Knoblauch und Chiliflocken darin, bis sie beginnen zu duften.

Lege dann die Blumenkohlscheiben nebeneinander in die Pfanne, sodass sie gleichmäßig den Boden berühren. Würze die Scheiben nun mit Salz und brate sie auf mittlerer Flamme etwa 8 Minuten, bis sie knusprig braun sind. Dann wenden und auch die Rückseite 8–10 Minuten braten.

In den letzten paar Minuten gibst du die Kirschtomaten, die Kapern und die Blumenkohlblätter in die Pfanne dazu und brätst sie solange mit, bis sie weich werden. Währenddessen hackst du die Petersilie.

Am Ende toppe dein Gemüse mit der gehackten Petersilie. Als Beilage eignet sich gut Kartoffelbrei oder Kartoffelspalten aus dem Ofen.

Die Kapern geben dem Gericht seinen einzigartigen Geschmack. Sie sind aber die Zutat, die du am leichtesten weglassen kannst. Oder falls du keine Kapern magst, füge vielleicht lieber ein paar Oliven oder geröstete Kerne als Topping hinzu.

Guten Appetit!


Die Autorin Tara Duggan hat unter dem Titel “Root-to-Stalk-Cooking” (2013) ein Buch mit vielen weiteren Rezepten veröffentlicht. Koche auch du Von der Wurzel bis zum Stängel und lass dich von ihr inspirieren.

Die Freiheit der Frauen – Interview mit Karoline Herfurth

Die Freiheit der Frauen: Das ist ein großes Lebensthema der Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin Karoline Herfurth, das sich auch in ihren Filmen widerspiegelt. Im Videochat sprachen wir mit ihr über vermeintliche Körperideale, Sexualität und die Kraft der Gemeinschaft …

Interview: Carmen Schnitzer / Titelbild: Anne Wilk

Ihr Film “Wunderschön” beschäftigte wsich mit Körperidealen und Schlankheitswahn aus der Perspektive von fünf sehr unterschiedlichen Frauen. 2025 kam der zweite Teil in die Kinos: “Wunderschöner”. Woher kam das Bedürfnis, die Geschichten weiterzuerzählen?

Ehrlich gesagt war dieses Bedürfnis zunächst gar nicht da. Wir haben doch alles erzählt, dachte ich. Dann aber war die Resonanz auf den Film sehr berührend, wir haben gemerkt, wie viele Menschen sich darin so abgeholt und gesehen gefühlt haben. So wuchs die Motivation, die Geschichten von Sonja, Julie, Leyla, Vicky und Frauke weiterzuentwickeln. Gleichzeitig hatten wir das Gefühl, dass beim Thema Körperdruck in den letzten Jahren auch gesellschaftlich einiges passiert ist, das wir mit aufnehmen wollten. Wir haben diesmal den Fokus etwas anders gesetzt.

Ein bisschen weg von der Schönheit hin zur Sexyness …

So ungefähr. Im ersten Teil war die große Frage: Was können Frauen tun, um weniger Zeit in den Körperdruck zu investieren, dafür mehr in sich selbst, die eigenen Wünsche und Ziele, die eigene Kraft, ihr Können. Diesmal beschäftigte uns die Frage: Warum landet der Fokus eigentlich immer wieder und mit solcher Brutalität überhaupt auf Frauenkörpern? Was ist das System dahinter, was der Ursprung – und warum ist es immer die Aufgabe von Frauen, diesbezüglich Lösungen zu finden? Schönheitsideale haben viel mit Sexysein und Fuckibilitiy zu tun. Aber was ist das eigentlich, für wen und warum? Man landet dann recht schnell beim Thema Sexualität. Das zu untersuchen, fanden wir spannend. Auch die Frage: Was hat Sexualität mit Freiheit zu tun? Das spitzt sich dann besonders in dem neuen Erzählstrang zu, in dem es um Prostitution geht …

Unter anderem wegen dieses Strangs habe ich den zweiten Film als irgendwie dunkler empfunden als den ersten. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob “dunkler” das richtige Wort ist …

Schmerzhafter vielleicht. Das bringt die Thematik sicher mit sich. Auf der anderen Seite ist es mir sehr wichtig, dass man mit Hoffnung und einem kraftvollen Blick ins Leben aus dem Film gehen kann.

Das ist durchaus gelungen, finde ich.

Das freut mich. Ich finde im Leben liegen die schmerzhaften und schönen Dinge manchmal nah nebeneinander und ich glaube fest daran, dass man sich zusammenschließen kann, dass man gemeinsam noch mal eine ganz andere Kraft entwickeln kann als alleine und dass man so eben auch Türen öffnet für eine gute Sicht auf die Dinge. Ich glaube total daran, dass wir Menschen die Welt besser machen können, dass wir eigentlich alle gut zusammenleben wollen – und dass es beim Geschichten-Erzählen eben auch darum geht, diese optimistische Perspektive zu integrieren.

Filmstill aus "Wunderschöner", Interview mit Karoline Herfurth
Filmstill aus „Wunderschöner”

Hauptsache sexy? Im Mittelpunkt von Karoline Herfurths aktuellem Film „Wunderschöner“ stehen sechs Frauen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebensumständen, die ihren Selbstwert nicht mehr an diesem Anspruch ausrichten wollen.

Den Film gibt es derzeit unter anderem bei Prime Video, Apple TV und Magenta TV im Stream. Hier geht es zum Trailer.

Filmstill aus Wunderschöner
Filmstill aus „Wunderschöner”

Dabei spielt auch das Thema Verzeihen eine große Rolle, nicht wahr? Inwiefern können wir anderen verzeihen? Inwiefern uns selbst?

Im Film geht es zum Beispiel bei Milan und Sonja sicher auch darum, in dem ganzen Alltagswahnsinn und dem Druck, dem Eltern ausgesetzt sind, den liebevollen Blick füreinander nicht zu verlieren. Das hat sicher mit Verzeihen zu tun, aber auch mal mit einem Perspektivenwechsel. Was schafft der andere alles, was schaffen wir gemeinsam, wo geben wir uns etwas? Der Blick dafür geht im Alltag schnell mal unter.

Schwieriger wird Verzeihen bei dem Paar, bei dem der Mann zu einer sehr jungen Zwangsprostituierten geht …

Und wir lassen bewusst offen, ob das Verzeihen hier gelingt. Wir erzählen die Geschichte eines Mannes, dem die volle Dimension seines Handelns selbst erst bewusst wird – und was er ändern kann, damit seine Familie ihm eventuell verzeiht. Das wird einem ja in der Regel nicht einfach so geschenkt.

Ich halte es ja für sinnvoll, bei feministischen Themen die Männer mit ins Boot zu holen. Wie sehen Sie das?

Nun ja, Feminismus heißt ja zunächst mal einfach, jeden Menschen mit den gleichen Rechten ausstatten zu wollen – auch in Deutschland sind wir ja von Gleichberechtigung noch weit weg. Beziehungsweise in vielen Bereichen weiter weg, als wir denken. Das hat viel mit Prägung zu tun. Ich glaube, dafür ein Bewusstsein zu schaffen, ist ein erster Schritt, damit sich wirklich etwas ändern kann – und das ist für alle Menschen wichtig, denn sicher leiden auch Männer unter einem ungleichen System und könnten von mehr Freiheit und tatsächlicher Gleichberechtigung profitieren. Ich glaube fest daran, dass Augenhöhe der Weg zu einem schöneren, kraftvolleren Zusammenleben ist.

Das hoffe ich auch. Erstaunlicherweise scheint ja immer noch der Mann der “Norm-Mensch” zu sein und die Frau die Abweichung davon. Es gibt zum Beispiel Kleidung – und es gibt “Frauenkleidung”. Als Frau kannst du problemlos im Hosenanzug auf die Straße gehen, als Mann im Blümchenkleid wirst du schief angeguckt …

Und das zieht sich durch die Gesellschaft. Der Standard, an dem sie sich ausrichtet, ist der männliche, auch bei alltäglichen Dingen wie Arbeitszeiten, dem Arbeitsrhythmus, der Gestaltung von öffentlichen Bereichen … Das aufzubrechen, verschiedenste Lebensrealitäten auch ins öffentliche Bild und in den Standard mit zu integrieren, das ist es, glaube ich, was uns weiter nach vorne bringt und was die Aufgabe der Zukunft ist.

Da stimme ich zu. Das Thema “nach vorne bringen” bedeutet ja auch “etwas besser machen”. Die Frage, inwieweit das Streben nach einem “Besser” in Bezug auf uns selbst sinnvoll ist, war auch ein Ausgangspunkt für diese Ausgabe: Ab wann kippt es hin zu einem ungesunden Selbstoptimierungswahn?

Ich glaube, der zentrale Punkt ist hierbei Wahrhaftigkeit. Sich selbst kennen, gesund leben wollen etc. sind ja erst mal gute Dinge. Die Frage ist: Geht es wirklich um mich oder um die Abdeckung einer bestimmten gesellschaftlichen Erwartung? Ich empfinde es als eine große Kunst, mir selbst so nah zu kommen, dass ich zum Beispiel merke, welche Bewegung mein Körper tatsächlich braucht, welche Ernährung, welchen Schlafrhythmus … Und zwar unabhängig von sozialen Anforderungen, Schönheitsidealen etc. Da gilt es, die Balance zu finden und zu erkennen, wann man sich von sich selbst entfremdet.

Filmstill aus Wunderschöner, Interview mit Karoline Herfurth
Filmstill aus „Wunderschöner”: In „Wunderschöner“ muss sich Mutter Sonja (Karoline Herfurth) neu orientieren.

Balance – das ist auch ein großes Yogathema …

Und ganz bestimmt kann Yoga helfen, den eigenen Rhythmus kennenzulernen, in einen Gleichklang und eine innerliche Aufgeräumtheit zu kommen. Und eben diese Fragen zu beantworten: Bin ich das? Macht mich das kraftvoll? Erfüllt es mich wirklich? Oder ist es eine Pflicht und ein Erfüllen von äußeren Anforderungen, die mir gar nicht entsprechen? Diese Unterscheidung kann nur jeder und jede für sich selbst treffen.

Was teilweise sauschwierig ist.

Auf jeden Fall! Allein schon, weil wir permanent umgeben sind von äußeren Anforderungen, von Körperbildern etc. … Es wird einfach so viel Geld damit verdient, mit der Diskrepanz zwischen einem vermeintlichen Ideal und der tatsächlichen Form von Menschen und Körpern. Das Bild, was wir im öffentlichen Raum wahrnehmen und das, was wir im Spiegel sehen, das ist so weit voneinander entfernt … Wir sind umgeben von einem permanenten Druck, einem permanenten Imperativ und einem falschen Versprechen: So sollst du aussehen, dann klappt’s auch mit dem Glücklichsein!

Was mir in Sachen Körperbilder viel Druck genommen hat, sind, so banal es klingen mag, Saunabesuche oder FKK.

Oh ja, oder überhaupt einfach ein Badesee! Das ist das Schönste, denn da siehst du einfach Menschen mit den unterschiedlichsten Körpern und merkst, dass wir alle nicht so aussehen wie auf Plakaten, auf Social-Media-Posts oder auch in den meisten Filmen. Wir sind es ja zum Beispiel auch gar nicht mehr gewohnt, dass Frauen normal altern und etwa Falten bekommen. Halle Berry macht sich aktuell dafür stark, dass älteren Frauen im Film mehr Beachtung geschenkt wird. Dann gibt es da noch Pamela Anderson, die Schlagzeilen macht, weil sie ungeschminkt über rote Teppiche spaziert – für Männer schon immer eine Selbstverständlichkeit!

Und dann gibt’s wieder Anfeindungen, weil Halle Berry und Pamela Anderson ja trotzdem so attraktiv und “normschön” aussehen …

Gut – dass Frauen es eh nur falsch machen können, ist ja ein alter Hut.

Sehen Sie dennoch Fortschritte in den letzten Jahren? Oder vielleicht eher das Gegenteil?

Ich glaube, dass Körperdruck und weibliche Sexualität unglaublich viel mit einer tatsächlichen Freiheit von Frauen zu tun haben. Und das ist, glaube ich, eine Wellen bewegung. Das Bewusstsein über diese Thematik wird immer größer, habe ich das Gefühl – aber dadurch gibt es auch immer mehr Widerstand. Das Patriarchat schlägt zurück, heißt es, und da ist schon was dran. Plötzlich bekommen etwa konservative Männlichkeitsbilder wieder Zulauf. Fortschritt führt eben immer auch zu Abgrenzung oder Gegendruck. Ich denke aber, die Hitze der Diskussion zeigt, dass etwas im Wandel ist. Und das ist ein unglaublich tiefgehender, struktureller Wandel. Da geht es um mehr als Haut- und Körperbilder. Es geht darum, dass Frauen machtvoll und frei sein können. Erst kommt das Bewusstsein, dann folgen die Strukturen. Ein langer und schwieriger Weg. Aber trotz der Rückschläge: Ich glaube, die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten.


Jean-Marc Turmes

Ihre Frage nach einem möglichen 3. Film-Teil tut Carmen Schnitzer (so gern sie ihn sehen würde) im Nachhinein leid, war Karoline Herfurth doch gerade erst fertig mit Teil 2 und hat sich erst mal ein Durchatmen verdient.

In Folge 11 unseres Podcast hat sich Carmen Schnitzer Körperbildern gewidmet und sich mit Körperwahrnehmung und Schönheitsidealen beschäftigt. Hier kannst du die Folge hören:

Mehr zum Thema „Yoga und Selbstbewusstsein”, kannst du hier lesen:

Get up, stand up! Diese Mini Practice wirkt langem Sitzen entgegen

Aufstehen

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr: unser Körper ist einfach nicht fürs lange Sitzen gemacht. Vor allem nach langen Schreibtischtagen macht sich das klar bemerkbar. Eine einfache, aber effektive Gesundheitsmaßnahme ist ganz simpel: Aufstehen! Wir geben dir hier einige Tipps fürs Büro und eine kleine Mini Practice an die Hand.

Text: Stephanie Woodard / Titelbild: Blue Bird via Pexels

Der menschliche Körper ist eigentlich dafür konzipiert, sich zu bewegen. Dennoch verbringen viele von uns die meiste Zeit des Tages im Sitzen. Im Bus, im Auto, vor dem Bildschirm. Eine über 14 Jahre von der American Cancer Society durchgeführte Studie könnte jedoch dazu motivieren, unsere Gewohnheiten genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass mehr als sechs Stunden Sitzen täglich das Risiko deutlich erhöht, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes zu erkranken. Zudem ist die Sterblichkeit bezüglich aller Erkrankungen bei Vielsitzenden höher. Andere aktuelle Studien kamen zum selben Ergebnis. Lange und ununterbrochen zu sitzen, schadet der Gesundheit, selbst wenn man regelmäßig trainiert. Stell dir das vor!

Trainingseffekte gehen durch zu viel Sitzen verloren

“Die meisten Ratgeber befürworten Training, etwa 150 Minuten Bewegung pro Woche bei einem Erwachsenen”, sagt Alpa Patel. Er ist verantwortlicher Forscher der oben genannten Studie. “Aber unsere Untersuchung zeigte, dass die positiven Effekte des Trainings durch ständiges Sitzen tagsüber teilweise wieder aufgehoben werden.” Einige Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass andauernde Bewegungslosigkeit mitunter den Stoffwechsel verändern kann und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes begünstigt werden. Dieses Risiko zu minimieren ist ganz einfach, sagt Internist Raul Seballos, Präventivmediziner an der Cleveland Clinic.

Einfache Gegenmaßnahme: aufstehen und aktive Pausen

So kann man die Sitzzeit verkürzen! Indem man aktive Pausen macht oder das Telefon außer Reichweite platziert, steht man automatisch häufiger auf. Stehe auf, um dir ein Glas Wasser zu holen, anstatt eine ganze Flasche in Griffweite bereitzustellen. Setze dir zeitliche Limits für das Surfen im Netz. Versuche zudem, abends während des Fernsehens noch ein bisschen aktive Hausarbeit zu erledigen. Geh spazieren statt sitzend zu meditieren.

“Überlege dir, wo du kleine Änderungen an deinem Leben vornehmen kannst”, so Patel. “Ein paar mehr Schritte hier, ein paar mehr Schritte da. Und du wirst ganz leicht Möglichkeiten finden, deine Sitzzeit zu verkürzen.”

Deine Mini-Praxis: Halber Sonnengruß

Aufstehen
Illustrationen: Donna Grethen

Jetzt heißt es: aufstehen. Übe den halben Sonnengruß, um deine Energie zu erhöhen. Aus der Bergposition hebst du mit der Einatmung die Arme. So stehst du in Urdhva Hastasana. Lege die Hände dann an die Unterschenkel. Hebe den Rücken parallel zum Boden. Verlängere die Wirbelsäule. Beuge dich tief mit der nächsten Ausatmung. Greife mit den Händen die gegenüberliegenden Ellenbogen. Hänge in der tiefen Vorbeuge deine Wirbelsäule aus. Einatmend kommst du zurück in die Bergposition. Lass die Hände sinken. Spüre jetzt die neue Energie und wiederhole die Abfolge so oft du magst.


Im YOGAWORLD JOURNAL 05/2025 kannst du gleich weiterüben: Kunal Joseph zeigt dir in seiner “Active Break”-Sequenz, wie du mit speziellen Yoga- und Koordinationsübungen eine große Wirkung erzielst. Perfekt für Zwischendurch an langen Bürotagen! Hier geht’s zum Heft:

“Nahe Feinde”: Wenn uns vermeintlich positive Geisteshaltungen in die Irre führen

frau hält spiegel vor gesicht

Manche Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Im Buddhismus gibt es einen hilfreichen Begriff für vermeintlich positive Zustände, die uns in Wirklichkeit aber in die Irre führen: “Nahe Feinde”. Hier liest du, wie du mit ihnen arbeiten kannst.

Text: Ulrich Hoffmann / Titelbild: Choi Dongsu von Getty Images via Canva

Falsche Freunde kennen wir wohl alle: Da sind zum Beispiel die Leute, die hinter deinem Rücken fiese Dinge erzählen. Oder welche, die einen im Job kaltlächelnd ans Messer liefern. Deutlich weniger schlimm sind die falschen Freunde, von denen man bei den Sprachkenntnissen manchmal spricht: Das englische Verb “to become” zum Beispiel bedeutet dummerweise gerade nicht “bekommen” und wer im Ausland “Chips” bestellt, kriegt meist Pommes.

Ebenso verwirrend, aber weit weniger lustig sind die falschen Freunde, um die es in diesem Artikel gehen soll: Emotionen oder Geisteshaltungen, die erstrebenswerten Gefühlen auf den ersten Blick ähnlich sehen, uns aber gründlich in die Irre führen können. Im Buddhismus gibt es dafür einen wunderbaren Begriff: “Nahe Feinde”. Sie sind auf den ersten Blick ziemlich nah dran an dem, was wir uns wünschen oder wonach wir streben. Wir schenken ihnen allzu gerne Glauben oder mogeln uns auch mal mit ihnen durch. Aber genau deswegen sind sie auf dem spirituellen Weg – und genauso im täglichen Miteinander – auch so tückisch.

Die Brahmaviharas

Traditionell geht es dabei um die Brahmaviharas, die “Vier Unermesslichen Geisteshaltungen”, manche übersetzen sie auch als die “Vier Himmlischen Verweilzustände”: Liebende Güte (Maitri), Mitgefühl (Karuna), Mitfreude (Mudita) und Gleichmut (Upeksha). In der Visuddhimagga, der größten und ältesten systematischen Darstellung des Buddhismus, heißt es dazu im Kapitel der “Vermischten Erklärungen”: “Jeder einzelne der Göttlichen Verweilzustände hat je zwei Feinde, einen nahen (Asannapaccatthika) und einen entfernten (Durapaccatthika).”

Nahe und entfernte Feinde

Die entfernten Feinde sind die offensichtlichen Gegensätze: Bei der Liebenden Güte ist das die Böswilligkeit und beim Mitgefühl die Grausamkeit, das Gegenteil von Mitfreude ist Neid oder Missgunst und als das des Gleichmuts gilt der Hass. Diese den hilfreichen Geisteszuständen entgegengesetzten Geistesgifte sind meistens leicht zu erkennen. Viel schwieriger ist das bei den nahen Feinden, denn ihr Gift weiß sich erst mal ganz gut zu verbergen. Wenn wir zum Beispiel einer Freundin oder einem Freund erzählen, was uns gerade bedrückt, und dann zu hören bekommen “Oh, das tut mir aber leid!”, bleibt manchmal ein merkwürdig schales Gefühl zurück. Weil pauschal und etwas von oben herab Mitleid ausgesprochen wird, wir aber auf der Suche nach aufrichtigem, von Herzen kommendem Mitgefühl waren.

Umgekehrt kann es durchaus passieren, dass wir zur Beförderung, dem neuen Auto oder der neuen Liebe einer Freundin heucheln: “Ach, ich freue mich so für dich!”, dabei aber nur unseren heimlichen Neid verbergen. Oder wir verkitschen eine neue Liebe disneyhaft und sind dann maßlos enttäuscht, wenn die Partnerin oder der Partner sich nicht dauerhaft als fehlerlos erweist – und schon ist sie sehr weit weg, die beständig liebevoll-gütige Hinwendung, um die es eigentlich ginge.

Warum Abkoppeln nichts bringt

Auch Gleichgültigkeit und Desinteresse, die nahen Feinde des Gleichmuts, sind Zeichen dafür, dass wir uns innerlich abschotten und entfernen, zum Beispiel wenn es heißt: “Ich habe jetzt einfach aufgehört, Nachrichten zu lesen, die haben mich immer so runterzogen.” Dabei bestünde eine gesunde Selbstfürsorge nicht darin, sich von der Welt abzukoppeln. Genauso sollte auch die Praxis von Yoga und Meditation nicht so verstanden werden, dass wir uns zurückziehen und unsere schöne kleine Welt vor der großen bösen Welt da draußen schützen. Vielmehr besteht die Aufgabe genau darin, uns selbst besser kennenzulernen und mit größerer innerer Ruhe und Kraft immer wieder in den Kontakt zu gehen. Oder im Sinn des Buddhismus: Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut zu kultivieren.

Unterscheiden, um zu verbinden

Das genaue Erforschen und Unterscheiden von Emotionen ist also eine Methode, sich nicht hinter falschen Freunden zu verstecken, die einen abschotten, sondern immer wieder in die lebendige Verbindung zu gehen. Natürlich geht das nicht nur mit den Vier Unermesslichen des Buddhismus, wir können auch weniger zentrale Gefühle, Geisteshaltungen und Verhaltensweisen immer wieder daraufhin abklopfen, ob sie wirklich hilfreich sind, oder doch eher trügerische und heimlich vergiftete Varianten des Guten: Wird zum Beispiel Großzügigkeit eingesetzt, um andere zu manipulieren? Kann ich Kritik wohlwollend, hilfreich und sachlich formulieren oder ist sie unterschwellig abschätzig oder aggressiv? Trägt meine grenzenlose Zuversicht vielleicht auch Züge von Größenwahn? Bin ich in diesem Gespräch wirklich zugewandt oder nur oberflächlich freundlich? Ist das noch Hilfsbereitschaft oder schon Selbstaufopferung?

Die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Wirklichkeit ist kein warmes Wannenbad.

Spiritual Bypassing: Knapp daneben ist auch vorbei

Natürlich darf das nicht dazu führen, jeden guten Impuls gleich unter Selbstzweifeln zu vergraben. Aber wir müssen schon ehrlich mit uns sein. Falsche Freunde können nämlich dazu führen, dass wir sehr zufrieden mit uns sind, aber in Wahrheit nicht dort ankommen, wo wir eigentlich hinwollen. Wir wundern uns dann, warum andere auf unsere neu gefundenen Tugenden so merkwürdig reagieren: Weil sie spüren, dass etwas nicht stimmt. Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. Oder: Knapp daneben ist auch vorbei.

Falsche Freunde ermöglichen uns “spiritual bypassing”, wie es der US-Psychologe Robert Augustus Masters nennt, also “spirituelle Vermeidung”: Wir versuchen, uns um die harte spirituelle Arbeit der Selbsterkenntnis und Veränderung zu drücken, weil es oberflächlich betrachtet so aussieht, als hätten wir das Ziel schon erreicht. Rumschreien im Namen der “ehrlichen Kommunikation”, die eigenen Meinungen für Wahrheiten halten, die Hände in die Luft werfen und beim ersten Hindernis aufgeben – all das ist viel einfacher als immer wieder selbstkritisch und zugleich liebevoll und offen sich selbst und das eigene Verhalten zu untersuchen.

Falsche Freunde lähmen uns

Als falscher Freund kann auch die Annahme gelten, dass Yogis und Meditierende immer freundlich, geduldig und entspannt sein müssten. Das ist natürlich Unsinn. Auch spirituell Interessierte können vollkommen berechtigt ärgerlich, ungeduldig oder angespannt sein. Die Praxis dient nicht dazu, diese Gefühle abzulegen oder loszuwerden. Wir wollen sie genauer betrachten, ihre Ursache überprüfen, und uns im Idealfall konstruktiv zu ihnen verhalten, statt ihnen ausgeliefert zu sein.

Aber gerade diejenigen, die sich eine bessere Welt wünschen und versuchen, ein wenig dazu beizutragen, müssen manchmal entschlossen handeln. Im MSC (Mindul Self Compassion) wird das als “kraftvolles Selbstmitgefühl” bezeichnet. Die Kollegin zu verfluchen, wenn sie schon wieder deine Idee geklaut hat, ist kein kraftvolles Selbstmitgefühl, ihr aber künftig weniger zu erzählen, schon. Auch einen Porsche zu zerkratzen, weil er zur Klimakrise beiträgt, ist natürlich kein kraftvolles Selbstmitgefühl – Resignation unter dem Mäntelchen des Selbstschutzes aber eben so wenig. Vielleicht könnte man die Faustregel so formulieren: Erstrebenswerte Geisteszustände machen eher handlungsfähig, falsche Freunde dagegen lähmen.

Spirituelle Mythen entlarven

Ironischerweise grassieren gerade auch unter spirituellen Gutmenschen viele Formulierungen, die als nahe Feinde angesehen werden müssen. Darüber hat der Tantra-Forscher Christopher Wallis ein Buch geschrieben (“Toxic Spirituality: Wie man Irrwege erkennt und wirklich frei wird.”). Er weist darauf hin, dass viele spirituelle Plattitüden nicht nur belanglos oder inhaltsleer sind, sie können manchmal auch ernsthaften Schaden anrichten. Wenn wir zum Beispiel die Devise verfechten, man solle “seine eigene Wahrheit sprechen”, dann klingt das zwar auf Anhieb erst mal danach, mutig und authentisch zu sein, aber es trägt auch dazu bei, den derzeit sowieso gefährdeten Begriff von Wahrheit weiter zu verwässern. Stattdessen – und das wäre der wahre Freund – müsste es darum zu gehen, herauszufinden, was tatsächlich eine unumstößliche, allgemeingültige Wahrheit darstellt und was eigentlich nur eine Überzeugung ist, meine eigene, subjektive und zwangsläufig beschränkte Interpretation von Wahrheit.

Foto: Inga Gezalian via Unsplash

Auch Sätze wie “Tu, was dich glücklich macht”, “Alles geschieht aus einem bestimmten Grund” oder “Du erschaffst deine eigene Realität” sind laut Wallis solche spirituellen Mythen. Sie klingen erst mal gut, sie können manchmal auch kurzfristig Verbündete sein, aber wirklich hilfreich werden sie erst, wenn wir zu den echten Weisheiten vordringen anstatt uns mit ihren verflachten Abziehbildern zu begnügen. Dazu müssen wir uns allerdings freimachen von dem Wunsch, uns jederzeit sicher und wohl zu fühlen damit, wie wir gerade sind. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Wirklichkeit ist kein warmes Wannenbad.

Nahe Feinde treiben uns weiter auseinander

Aber sie ist auch nicht hyperkompliziert. Besonders hilfreich am Konzept der nahen Feinde ist die Tatsache, dass wir gar nicht weit gucken müssen, um sie zu finden: Sie begegnen uns überall im Alltag. Wir erkennen sie daran, dass sie uns, wie es der US-Meditationslehrer Jack Kornfield beschreibt, “unbemerkt vom Leben wegführen.” Brené Brown drückt es ganz ähnlich aus: “Oberflächlich betrachtet wirken die nahen Feinde wie Verbundenheit, sie scheinen sich sogar so anzufühlen. Aber letztlich treiben sie uns auseinander.”

Das lässt sich recht einfach nachvollziehen am Beispiel der Liebe. Ein falscher Freund der Liebe ist die Abhängigkeit, das Klammern. Wir lieben jemanden, weil diejenige oder derjenige uns liebt. Wir lieben jemanden, weil wir etwas von der Person wollen. Oder wir halten unser Kind eng umschlungen, obwohl es inzwischen Teenager ist und mehr Abstand braucht. Mit anderen Worten: Ich “liebe” dich – weil ich nicht allein sein will. Ganz klar ein falscher Freund. Denn er treibt auseinander statt echte Verbundenheit zu fördern. Oder wir weichen ernsthaften (anstrengenden) politischen Diskussionen aus und werfen alles in den Topf, um “die eigene Wahrheit zu sprechen”. Auch ein falscher Freund: Treibt uns auseinander.

Was hilft? Übung in Unterscheidung. Und irgendwann eine ebenso radikale wie wohlwollende Ehrlichkeit mit uns selbst. Klingt nach eierlegender Wollmilchsau, aber das Leben ist eben nicht so eindeutig, wie wir es oft gern hätten.

Meditation: Die Wahrheit deiner eigenen Erfahrung

  1. Richte dir eine Meditationshaltung ein, in der du den Rücken entspannt aufrichten kannst. Lasse den Bauch locker und lege deine Hände auf die Knie. Wenn es dir angenehm ist, kannst du die Handflächen nach oben drehen.
  2. Schließe sanft die Augen oder richte den Blick ohne Fokus auf eine mittlere Entfernung. Atme nun einige Male tief und ruhig. Lass all deine Gedanken und Geschichten, Erlebnisse und Meinungen für den Moment los. Es ist nichts mehr zu tun. Du darfst einfach hier sitzen.
  3. Atme nun etwas tiefer in den Bauch hinein. Spüre der Empfindung nach, ohne sie zu benennen. Richte dann deine Aufmerksamkeit auf eine Situation, die für dich schwierig war. Nimm wahr, was dabei in deinem Körper passiert. Vielleicht spürst du eine Anspannung. Nimm sie wahr. Vielleicht kommen Gefühle auf. Nimm sie wahr. Begegne den Veränderungen mitfühlend und freundlich. Du musst nichts tun, nichts verändern. Du bist nicht in der Situation, an die du zurückdenkst.
  4. Frage dich, was du brauchst oder wonach du dich sehnst. Urteile nicht über diesen Wunsch. Nimm ihn nur wahr. Du musst ihm nicht Folge leisten. Erkenne einfach an, was kommt. Atme ruhig weiter.
  5. Du fühlst, was du fühlst. Das ist weder richtig noch falsch. Aber es ist wahr in diesem Moment. Was du später damit anfängst oder auch nicht, ist dir überlassen. Die Wahrheit deiner Wahrnehmung speist sich aus deinen Erfahrungen, Gefühlen, Wünschen, Bedürfnissen und Werten. Vielleicht verändert sich etwas in deinem Körper, nimm es wahr.
  6. Atme zum Abschluss tief ein und lass den Atem langsam ausströmen. Öffne sanft die Augen. Lächle, wenn dir das angenehm ist. Komme langsam und achtsam wieder in die Bewegung.

Ulrich Hoffmann ist Yoga- und Meditationslehrer sowie Autor (“Was Meditation wirklich kann”, “Zusammen entspannen”). Er würde die Klimakrise gern aufhalten, schafft das aber nicht allein. Statt zu resignieren, gleicht er wenigstens seinen CO2-Ausstoß aus, beruflich über atmosFair, privat via TeamClimate. Alle Infos auf ulrichhoffmann.de


Mehr von Ulrich liest du regelmäßig im YOGAWORLD JOURNAL oder zum Beispiel hier:

Götter auf der Matte: Sarasvati – Bedeutung, Annäherung & Symbolik im Yoga

Sarasvati goddess

In unserer Reihe “Götter auf der Matte” stellt uns Sybille Schlegel Göttinnen und Götter vor, die du vielleicht schon mit einem Mantra besungen hast, oder die als Deko dein Yogastudio zieren. Wir wollen wissen: Wo kommen sie her und was haben sie im modernen Yoga zu bedeuten? Diesmal geht es um Sarasvati und ihre schöpferische Energie, ihren Schwung, ihre Weisheit und Harmonie.

Text: Sybille Schlegel

Sarasvatis Geschichte beginnt schon vor dem Moment, an dem das Universum geboren wurde: Vishnu, der indische Gott, der immer alles am Laufen hält, träumt in der Phase des Nichts von der Entstehung einer manifestierten Welt. Damit der Traum Wirklichkeit werden kann, wächst ihm aus dem Nabel ein Lotos. Die Blüte öffnet sich und darin sitzt Brahma, der Gott des Anfangs.

Doch ein Anfang allein, egal wie strahlend der Funken des Neubeginns auch ist, reicht nicht, denn Schöpfung ist immer ein Prozess. Deshalb ist Schöpfungsenergie gefragt, eine Kraft, die alles in den Fluss bringt, den wir Leben nennen. So öffnet Brahma seinen Mund und heraus kommt seine schöpferische Energie, seine Shakti: Vac, der Klang. Vac ist die Vibration, die in jeder Manifestation liegt, das Tanzen der Atome, der Klang von Sprache und Musik. Erst diese Schwingung bringt die Schöpfung in ihren ewigen, kreisläufigen Fluss. Sie ist die Lebendigkeit, die wir fühlen in Momenten der Harmonie und des Zusammengehens. Die Personifizierung dieser klingenden Energie ist die Göttin Sarasvati, die Fließende.

Die Göttin Sarasvati in der Ikonographie

In der Ikonographie steht Sarasvati meist für sich: Auch wenn sie Brahma zugeordnet wird, ist sie ist keine brave Ehefrau, sondern eine jungfräuliche Künstlerin, Gelehrte und Weise, dargestellt als jugendliche Schöne, die mit offenen Haaren eine Vina, das indische Saiteninstrument, spielt. Sie ist die Göttin der Musik, der Sprache, der Poesie, der Kunst und des Wissens. Man könnte auch sagen: von allem, das in Zusammenhang, in Beziehung kommt. Sie gilt als die Weisheit selbst. Das Pulsieren von allem, das ist. Und obwohl Sarasvati mit dem Beginn des Schöpfungsprozesses assoziiert wird, ist sie in jedem Moment im Hier und Jetzt präsent: Sie ist in allem, was bereits harmonisch ist, ebenso wie in dem Moment, in dem etwas harmonisch wird. Auf Japanisch sagt man, dass es einen Klang gibt, wenn Harmonie entsteht, Hibiki – das ist Sarasvati.

Foto: Ms Sarah Welch, CC0, via Wikimedia Commons

Zum harmonischen Spiel gehört auch das Verstehen: Probleme, Angst oder Misstrauen können verschwinden, wenn Verständnis entsteht. Das ist, was Sarasvati uns rät: Verständnis finden. Dann ist die Göttin bei uns. Doch wie können wir besser werden im Verstehen, vor allem von anderen Menschen? Indem wir uns selbst immer besser kennenlernen. Weil wir dann begreifen können, wie unser Verlangen und unsere Angst uns treiben. Wie unsere Kindheit uns prägt. Dass wir oft handeln, um Leid zu vermeiden. Wenn wir lernen, uns selbst zu verstehen, entwickeln wir auch Verständnis für das Handeln der anderen. Empathie ist dann möglich. Selbstliebe auch. Sarasvati bringt uns in eine Einheit. In Harmonie. In Ein-Klang.

Annäherungen an Sarasvati

Mach dir bewusst, dass Schöpfung in jedem Moment geschieht. Dass jeder Plan mit einem ersten Schritt beginnt. Wohin lenkst du deine Schritte? Was fühlt sich harmonisch an? Wie fühlt sich überhaupt Harmonie für dich an? Richte dein Gehen aus nach der Ruhe und Schönheit der Harmonie – in der Vorstellung, dass Sarasvati mit dir geht. Egal ob mit Musik, Poesie, Malerei oder anderen Kunstformen: Bring Schönheit und Kreativität in dein Leben. Jede*r hat eine Ader dafür. Wenn schon nicht im Selber-Machen, dann in der Betrachtung und Wertschätzung. Versuche dich im Verstehen. Nicht in blindem Verständnis, sondern in weisem Verstehen: Lerne dich selbst so gut kennen, dass du offener wirst für andere. Lass Sarasvati in deine Konflikte hinein, um sie von ihrer Kraft zu lösen. Frei von Kampf. Frei von Aggression. Stattdessen voller Offenheit und Zuneigung.

Om Aim Sarasvatyai Namaha

„Ehre sei Sarasvati, die uns Harmonie eröffnet.“


Sybille Schlegel Autorin

Sybille Schlegel schreibt regelmäßig für uns über Yogaphilosophie. Mit ihrer Götter- und Göttinnen-Kolumne widmet sich unsere Autorin der Frage, was moderne Yogi*nis von indischen Göttersagen lernen können.

Nach vielen Jahren als Yogalehrerin und -ausbilderin konzentriert Sybille sich jetzt ganz aufs Üben und Schreiben. Du findest sie auf Instagram unter: @sybi_bille


Die hinduistischen Gottheiten stehen für Anteile in uns. In diesem Test erfährst du, von welcher Göttin besonders viel in dir steckt:

Somatic Yoga – von innen nach außen

Somatic Yoga Balasana bunte Collage

Somatic Yoga legt den Fokus auf die innere Erfahrung – eine besonders achtsame, kontemplative Praxis, die dir helfen kann, emotional besser in die Balance zu kommen. Redakteurin Tasha Eichenseher berichtet von ihren ersten Kontaktpunkten mit Body Mind Centering und Somatics und du erfährst, was Somatics bedeutet und wie daraus Somatic Yoga entstanden ist. Am Ende bekommst du wertvolle Tipps, wie du deine Yogapraxis – und in Folge dessen auch dein Leben – noch achtsamer und bewusster gestalten kannst.

Text: Tasha Eichenseher / Fotocollagen: Nadia Flower

Ich sitze daheim auf meinem Sofa und übe per Telefon mit Bonnie Bainbridge Cohen. Sie lenkt meine Aufmerksamkeit zunächst auf meinen Atem und dann nach und nach durch meinen Körper. Ich beobachte, wie sich mein Zwerchfell ausdehnt und zusammenzieht, wie das Blut durch meine Venen strömt und was in meinen Nadis, den yogischen Energiebahnen, vor sich geht. Bonnie lädt mich nicht nur ein, all diese einzelnen Elemente wahrzunehmen, sondern auch die Räume dazwischen, die Verbindungen, vom Kopf bis zum Steißbein und weiter bis in die Zehen.

Aus dieser bewussten Wahrnehmung heraus bittet sie mich, meine rechte Hand auf die linke Schulter zu legen, meine Augen zu schließen und zu atmen. Anstatt nun aber den Atem von der Vorderseite meines Gehirns aus zu lenken, soll ich “die Rückseite meines Gehirns öffnen”. Sie könnte auch sagen: Hör auf, alles kognitiv zu überdenken (präfrontaler Cortex), und verlasse dich mehr auf deine Instinkte, deine Intuition. Ich versuche es – und tatsächlich: Ich habe das Gefühl von mehr Raum im hinteren Teil meines Kopfes. Bainbridge Cohen beschreibt sich selbst als Bewegungskünstlerin, Forscherin und Therapeutin, sie ist aber auch die Gründerin von Body Mind Centering, einem experimentellen Bewegungssystem für Embodiment, also für Verkörperung oder genauer gesagt: für das Gefühl, wirklich in seinem Körper zu leben. Ihre Arbeit beruht auf Somatics, einem in der Psycho-, Physio- und Bewegungstherapie gängigen Ansatz, der immer mehr auch im Yoga Einzug hält.

Lesetipp zum Thema Embodiment: “Embodiment: Ich fühle, also bin ich”

Das beginnt schon damit, dass dir ein*e Lehrer*in beispielsweise sagt: “Bewege dich so, dass es sich für dich gut und stimmig anfühlt.” Die Idee: Langsame Bewegungen, sehr genaue Beobachtung und minimale Hinweise zum Alignment beruhigen und heilen ein überlastetes Nervensystem – und sie helfen dir, ruhiger und bewusster zu agieren in einer Welt, die sich immer mehr aufheizt und zwar nicht nur klimatisch, sondern auch emotional und politisch.

Also versuche ich, meinen mentalen Kontrollknopf abzuschalten und einfach nur den Atem unter meiner Hand zu spüren. Als Bonnie mich bittet, meine Zunge zu entspannen, nehme ich wahr, wie sich etwas in meinem Kiefer löst. Dann fordert sie mich auf, meine rechte Hand unter meinem linken Arm auf die Mitte der Lunge zu legen. Ich soll von der Lunge zum Gehirn spüren und wieder zurück – und neugierig sein, was da passiert. Dann die gleiche Übung mit der Hand am unteren Ende der Lunge, an den Rippen. Einige Minuten lang geht das so. Anschließend lädt sie mich ein, den linken Arm von der Lunge aus zur Seite auszustrecken und zwar so, dass die Lunge die Hand bewegt und die Hand die Lunge. Klingt verrückt?

Probier es aus! Ich beginne tatsächlich zu spüren, wie meine Organe und meine Glieder in Verbindung stehen. Meine Bewegungen fühlen sich nicht nur geschmeidiger an, sondern vollkommen integriert, als könnte mein Arm auf meiner Einatmung reiten. Als sei ich eine Figur in einem Malbuch und jemand habe meine linke Seite in rosigen Farben ausgemalt, während meine rechte bisher nichts als eine schwarze Umrisslinie ist.

Was heißt “Somatics”?

„Der somatische Ansatz bringt
Yoga zurück in den Bereich der Heilkunst.“

Somatics ist sowohl ein Studienfeld als auch eine Praxis in der Schnittmenge von Körperarbeit, Bewegung und Psychotherapie. Sie beruht darauf, dass du deine innere Erfahrung achtest und dich von ihr leiten lässt. Soma ist das altgriechische Wort für Körper. Entsprechend arbeitet man bei Somatics mit Achtsamkeitstechniken, um mehr Bewusstsein und Verständnis dafür zu entwickeln, wo im Körper man Spannung, Trauma aber auch Freude gespeichert hat. Wir lernen unsere physischen, mentalen und emotionalen Komfortzonen kennen – und das kann der erste Schritt sein, um alte Erinnerungen und Muster loszulassen, Körper und Geist in die Balance zu bringen und mehr in Kontakt zum eigenen Bauchgefühl, der Intuition, zu kommen. Auf diese Weise bewegen wir uns schließlich auf die Empfindung zu, wirklich handlungsfähig, ganz und heil zu sein.

Die Bezeichnung Somatics geht zurück auf den Philosophen Thomas Hanna. Er entwickelte in den 1970ern Übungen zur Heilung und Schmerzlinderung: Hanna Somatics. Im Grunde kann man Hannas Arbeit aber (genau wie die von Vorläufer*innen wie Moshé Feldenkrais oder Ilse Middendorf) als moderne westliche Interpretationen von fernöstlichen Praktiken wie Tai Chi und Yoga ansehen: alles ganzheitliche Techniken und Philosophien, die auf achtsamer Körperwahrnehmung basieren und auf einer subtilen, energetischen Ebene ansetzen.

Feldenkrais, Rolfing, Alexandertechnik, Erfahrbarer Atem und Laban Bewegungsanalyse sind so gesehen alle somatische Therapiemethoden – und Somatic Yoga holt diese energetische Herangehensweise eigentlich nur dahin zurück, wo es sie schon immer gegeben hat: in die Asana- und Pranayama-Praxis. Die meisten modernen Yogi*nis haben zwar schon von Prana (Energie) gehört, auch die Nadis (Energiebahnen) und Chakras (Energiezentren) sind ihnen vielleicht ein Begriff, aber in den typischen Unterrichtsstunden spielt diese energetische Ebene nur selten explizit eine Rolle. Die Bewegungen werden eher von der Mechanik her gedacht: Beuge dies, strecke das, halte, schiebe, atme …

Bonnie Bainbridge Cohen hält das für eine vertane Chance: “Statt einfach nur den Arm zu strecken, könntest du dich mit dem Energiefluss bewegen, der durch deine Nadis strömt – und würdest so ganz natürlich Sukha und Sthira finden, Leichtigkeit und Halt.” Inzwischen hat sie viele Yogalehrende inspiriert, aus- und weitergebildet. Ihr Augenmerk auf Leichtigkeit und Halt als wichtigste Elemente jeder Asana geht zurück auf Patanjalis berühmtes Yogasutra II.46: Sthira sukham asanam. Würde man es tatsächlich berücksichtigen, gäbe es wohl sehr viel weniger Verletzungen im Yoga, meint Bainbridge Cohen. Und sie stellt fest: “Der somatische Ansatz bringt Yoga zurück in den Bereich der Heilkunst.”

Mehr Bewusstsein auf der Matte

Eleanor Criswell, Witwe von Thomas Hanna und selbst Psychologieprofessorin und ehemalige Präsidentin der International Association of Yoga Therapists, kann dem nur beipflichten: “Die schnellen Bewegungen in vielen Yogastilen lassen dir nicht genug Zeit, um Geist und Körper in Verbindung zu bringen.” Das von ihr begründete Somatic Yoga legt daher sehr viel Wert auf die langsame, äußerst bewusste Bewegung, ganz besonders im Übergang zwischen zwei Haltungen.

Die weit verbreitete Betonung der “perfekten Pose” verhindert ihrer Meinung nach das Bewusstsein dafür, was in deinem Körper geschieht, während du dich in die Haltung hinein und wieder aus ihr heraus bewegst. Die Folge: Kopf und Körper sind nicht wirklich in Verbindung, der Wille übernimmt das Ruder und Verletzungen werden umso wahrscheinlicher.

„Nur innerhalb deiner Bewegungsgrenzen spürst du Leichtigkeit und Halt.“

Criswells Unterricht beginnt mit Somatics-Übungen in Rückenlage: Man spannt bestimmte Muskeln oder Muskelgruppen an, löst sie wieder und beobachtet genau, was da passiert und wie es sich anfühlt. Nach 20 bis 30 Minuten kommt man behutsam zum Sitzen und Stehen und beginnt damit, sich zunächst nur in der bildlichen Vorstellung in eine bestimmte Asana hinein zu bewegen. Dann leitet Criswell ihre Schüler*innen an, ihren persönlichen Ausdruck der Haltung zu finden: innerhalb der eigenen Komfortzone, ohne überflüssige Spannung. Vor der nächsten Übung legt man sich dann noch einmal auf den Rücken und lässt sich Zeit für ein sensorisches Feedback mit tiefer Bauchatmung: Aha, jetzt spüre ich etwas weniger Zug in meiner linken Schulter und die Atmung in meiner linken Lunge ist runder …

Feines Spüren durch langsame Bewegung

Dieses feine Spüren, diese äußerste Aufmerksamkeit und Bewusstheit für die Prozesse auf muskulärer, aber auch auf organischer, energetischer und sogar zellulärer Ebene muss man entwickeln, es braucht Zeit. Und das beginnt damit, sich langsam zu bewegen, sich Zeit für jede einzelne Phase der Bewegung zu nehmen, erklärt auch Aki Omori, die in London Somatic Yoga und Body Mind Centering unterrichtet: “Erst wenn du dich langsam bewegst, kannst du wahrnehmen, wie du eine Bewegung einleitest. Und nur so kannst du die Bewegung sinnvoll führen. Bei Somatics dreht sich alles darum, ein Experte für dich selbst zu werden.” Im Yoga bedeutet das auch: ein gutes kinästhetisches Bewusstsein zu entwickeln. Dazu gehören Interozeption (die Wahrnehmung des Körpers von innen heraus), Propriozeption (die Wahrnehmung des Körpers im Raum) und ein gutes Gleichgewicht zwischen dieser inneren und äußeren Empfindung.

Das wiederum funktioniert nur, wenn du innerhalb deiner Bewegungsgrenzen bleibst, sagt Aki Omori: Nur hier spürst du Leichtigkeit und Halt. Um diese Art von sensorischem Bewusstsein zu entwickeln ist neben der Zeit noch ein zweiter Faktor entscheidend: Das, was man wahrnimmt, nicht zu werten. Aki Omori betont, wie wirkungsvoll dieses Üben auch außerhalb von Yoga sein kann: Wenn dir zum Beispiel eine Freundin sagt, dass sie es nicht richtig findet, wie du dich in deiner Beziehung verhältst, dann spürst du wahrscheinlich eine unwillkürliche Reaktion: Vielleicht ist da eine Hitze im Nacken und deine Schulter spannen sich an, um das Herz zu schützen?

Bewussteres Leben durch Somatics

Die Fähigkeit, das bewusst wahrzunehmen, dieser somatischen Empfindung Raum zu geben und ihr wertfrei und neugierig zu begegnen, macht einen gewaltigen Unterschied: Du kannst erkennen, dass dich Gefühle wie Scham, Abwehr oder Wut bewegen. So musst du nicht blindlings zurückschlagen, sondern kannst Mitgefühl zulassen – und Drama vermeiden. “Diese Neugier gegenüber dem, was sich zeigt, ist nie verkehrt”, sagt Omori, “jede Empfindung ist ja zunächst einmal gültig. Mit dieser Grundeinstellung bist du präsenter in deinem Alltag, kannst dir selbst besser vertrauen und auch entsprechend einfühlsamer mit dir und anderen umgehen.”

„Du spürst: Ich fühle mich bereit
für das, was kommt – auf allen Ebenen.“

Aber nicht nur auf der emotionalen Ebene kann dir Somatic Yoga helfen, mit weniger Schmerz zu leben: Eleanor Criswell hat in ihrer langjährigen Praxis schon oft erlebt, dass Schüler*innen zum Beispiel mit schmerzenden Schultern in den Unterricht kamen und völlig schmerzfrei wieder gingen. “Ich weiß auch, dass die Praxis den Schlaf verbessert und sogar Depressionen und Ängste lindert. Ich glaube, es liegt daran: Du fühlst dich bereit für das, was kommt, egal ob das auf einer körperlichen Ebene ist, sozial, bei der Arbeit oder in der Familie.”

Paradigmenwechsel

Um auf diese Weise zu üben und dich weiterzuentwickeln, brauchst du nicht unbedingt einen speziellen Somatic-Yoga-Unterricht. Eigentlich genügt es schon, dass du selbst viel Achtsamkeit und Neugier mitbringst – am besten natürlich in Klassen, wo man sich langsam bewegt.

• Beobachte wertfrei, wie sich dein Körper anfühlt, bevor du dich in eine Haltung begibst und während du dich in sie hineinbewegst.

• Gehe nur so weit, wie es sich in deinem Körper in diesem Moment gut und richtig anfühlt.

• Bewege dich mit der selben Achtsamkeit und Aufmerksamkeit auch wieder aus ihr hinaus. Schenke diesen Übergängen mehr Beachtung als deiner intensivsten oder der idealen Form einer Haltung.

• Und vor allem: Übe diese Bewusstheit nicht nur auf der Matte, sondern auch in deinem Alltag, deinem Leben.

Mir hat schon die eine Session mit Bonnie Bainbridge Cohen einen neuen Blick auf die Praxis eröffnet: Ich fühlte mich anders danach, vollständiger. Als hätte ich den Original-Code wiedergefunden, der mir ermöglicht, ganz in meinem Körper zu sein, verkörpert, embodied. Als würde ich zuerst in Verbindung mit der Stille treten und erst danach mit all dem Lärm, der aus der gemeinsamen Erfahrung des Menschseins entsteht. Das war ebenso erdend wie energetisierend, ebenso selbstverständlich und natürlich wie es umwerfend neu war. Ein Paradigmenwechsel.


TASHA EICHENSEHER war lange Zeit die Chefredakteurin der US-amerikanischen Ausgabe des YOGA JOURNAL. Jetzt setzt sie ihre Yogareise auf anderer Ebene fort: unter anderem mit einem Studium in transpersonaler Psychologie.


Kennst du schon Somatic Yin Yoga? Im YOGAWORLD JOURNAL 05/2025 findest du eine komplette Sequenz mit Tanja Seehofer. Hier kannst du dir das Heft bestellen:

In dieser Podcast-Folge spricht Anna Trökes ebenso darüber, wie wir uns durch unsere Körperräume erfahren: