Neurodiversität – das Spektrum der Vielfalt

Neurodiversität Symbolbild

Jeder Mensch tickt anders, jedes Gehirn ist anders aufgebaut – das ist die Botschaft, die hinter dem Begriff Neurodiversität steckt. Yoga und Meditation können vielfach eine Hilfe sein, aber viel wichtiger ist etwas anderes: die Unterschiede zu würdigen.

Text: Andrea Goffart / Titelbild: designer491 von Getty Images via Canva

Keine Rose gleicht der anderen und doch ist jede perfekt. Kein Mensch gleicht dem anderen, und doch …? Wie schnell es vorbei ist mit der Idee von Perfektion, auch und gerade bei Menschen, die uns nahestehen, werden einige von euch vielleicht beim nächsten Brunch mit der Familie wieder erleben: Spätestens, wenn Peter die Tante Erika nicht umarmen will, weil sie “komisch riecht” und Mia das Geschenk vom Opa nicht auspackt, weil auf dem Geschenkpapier Tiere abgebildet sind, ist das friedliche schlemmen möglicherweise vorbei. Und vielleicht fragen sich die Eltern: “Wollen wir doch mal einen Arzt aufsuchen? Es wäre so schön, wenn die Kinder einfach normal sein könnten.

Normal – gibt es das?

Auch aus dem Yoga kennen wir diese Fragestellung. Die Asana, sei es der Krieger oder das Dreieck, wird in ihrer reinen Form gelehrt. Und trifft auf eine Yogaschülerin und ihren Körper. Wenn beide zusammenpassen – wunderbar. Wenn nicht, dann raten viele zu Geduld und sanftem Adjustment, andere vertreten die These, dass nur die Übende selbst wissen könne, was gut für sie ist. Unsere Gesellschaft geht davon aus, dass es in nahezu jeder Hinsicht eine Norm gibt. Menschen, die dieser Norm weitgehend entsprechen, gelten als “normal”. Die anderen – schwierig. Ganz besonders wenn es um Wesen und Psyche geht.

Denn auch hier gibt es die “Normalen” oder “Neurotypischen” und es gibt Menschen, die “anders” sind, aufgrund anderer Verschaltungen im Hirn. Sie werden als “neurodivergent” bezeichnet, also vom Normaltypus abweichend. Das sind zum Beispiel Menschen im autistischen Spektrum, mit ADHS, mit Dyskalkulie oder Dyslexie. Auch Entwicklungsverzögerungen, das Tourette-Syndrom oder Trisomie-21 zählen zu Neurodivergenz. Wieder andere haben Zwangsgedanken, und auch Hoch- oder Hypersensibilität fällt in das breite Spektrum der Neurodivergenz. Oder bedingt sie vielleicht sogar? Eine spannende Frage, der auch die aktuelle Forschung nachgeht.

Diagnose Neurodiversität

Alles in allem gibt es jedenfalls ziemlich viele Gehirne, die jenseits der vermeintlichen Norm funktionieren, und meistens fällt es schwer, eine Diagnose trennscharf zu treffen. Eine solche Diagnose ist allerdings in unserem Gesundheits- und Schulsystem die Voraussetzung, um sich Unterstützung holen oder einen Nachteilsausgleich bekommen zu können. Und diese Unterstützung suchen viele – überforderte Eltern, gestresste Lehrer*innen und vor allem auch viele Erwachsene, die vielleicht erfolgreich im Berufsleben stehen und ihre Besonderheiten jahrzehntelang maskiert haben. Das erfordert ein hohes Maß an Anstrengung und irgendwann, vielleicht an einem Punkt der Lebenswende, gibt man auf, stürzt in einen Burnout – oder erlaubt sich das Anderssein und ist vielleicht sogar dankbar für die Diagnose.

Symptome der Neurodiversität oder das Spektrum der Norm?

Mit dieser Erkenntnis einher geht nämlich häufig die Idee, die eigene Besonderheit der Wahrnehmung nicht mehr als Störung anzusehen, sondern sie als eine der vielfältigen Ausprägungen innerhalb der Norm anzuerkennen. Dann fällt es leichter, die Schwächen zu kompensieren und die Stärken in den Vordergrund zu rücken. Ausgestattet mit einem neuen Selbst-Bewusstsein starten Autist*innen mit Mitte 50 nochmal durch, machen einen Masterabschluss in Psychologie oder erfüllen sich den langgehegten Traum einer Weltreise. Und überhaupt – wo findet sich diese vielzitierte Norm? Viele “normale” Menschen weisen Symptome aus dem weiten Spektrum der Neurodivergenz auf und sehen sie als Persönlichkeitsmerkmale. Auch ihnen fällt es schwer, soziale Bande zu knüpfen, zu kommunizieren, oder Veränderungen werfen sie aus der Bahn – was auch immer. Irgendwo findet sich immer ein Verhalten, das irgendwie nicht normal ist, oder eine Wahrnehmung, die besonders ist.

Illustration von Blumen, Birmingham Museums Trust Unsplash, Symbolbild für Neurodiversität
Foto: Birmingham Museums Trust via Unsplash

3 Fragen an: BRUNO BLUME

Bruno Blume aus Luzern ist Vorsitzender des Dachverbands Neurodiversität neurodivers-dach.org

Bruno, wie kamst du zum Verband? Oder frage ich besser: Wie kam der Verband zu dir?

Neurodiversität betrifft uns alle, aber mit der Diagnose meiner Kinder wurde es für mich unausweichlich, die Vernetzung mit anderen Betroffenen und Fachleuten zu suchen – und so hat sich ein Zusammenschluss aufgedrängt. Vielleicht lässt sich sagen: Mein ADHS hat die Gründung vorangetrieben, mein Autismus hat mich über die Jahre dranbleiben lassen.

Haben Yoga und/oder Meditation Einfluss auf die Normkompetenz (das ist ein blödes Wort, oder?) von neurodivergenten Menschen?

Nein, Normkompetenz ist ein sehr schönes Wort, das will ich mir gerne aneignen. Grundsätzlich mache ich die Erfahrung, dass für viele neurodivergente Menschen Yoga ein Horror ist und Meditation sowieso, weil beide ja die Erfahrung einer inneren Mitte zum Ziel haben. Aber diese Mitte, überhaupt das Körperempfinden, ist vielen Neurodivergenten abhanden gekommen. Immer wieder mussten wir hören, dass unsere Empfindungen falsch, unsere Gefühle störend sind. Irgendwann haben wir aufgehört, auf unseren Körper zu hören, das schien für viele von uns sicherer, einfacher.

Auf der anderen Seite kenne ich viele Menschen im Spektrum, denen Yoga und Meditation sehr helfen und das gilt für mich selbst auch. Aber der Anfang ist schwer – zu Beginn wusste ich gar nicht, welche Muskeln gemeint waren, was ich anspannen und loslassen soll und wie ich den Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung überhaupt feststelle. Doch es lohnt sich, denn es ist essenziell, die innere Mitte zu finden. Es verbessert meine “Normkompetenz”, vor allem aber es gibt mir die Möglichkeit, aus meiner Wahrnehmung heraus zu entscheiden, ob ich mich “normal” verhalten will oder eben bewusst nicht. Außerdem schenkt mir die Meditation den Blick auf die Verbundenheit – und wenn ich eins mit allem bin, dann löst sich die Idee einer Norm und der Abweichung davon auf.

Und wird mit der Idee der All-Einheit nicht auch die Einzigartigkeit tragbarer?

Ja, die Vorstellung des All-Einsseins bedingt genau das: Ich bin nicht falsch, ich kann nicht falsch sein, weil ich Teil von allem bin.


Ich will einfach meine Ruhe

Also – einfach die Stärken erkennen und alles ist gut? Das sagt sich so leicht und doch ist die Situation mit einer autistischen Tochter oder einem Sohn mit ADHS-Diagnose für Eltern sehr belastend. Wer als Mutter nach acht Stunden im Büro ein schreiendes Kind durch den Supermarkt zerren muss, weil wieder mal ein Schuh drückt, der gestern noch wie angegossen passte, ist schnell am Ende: Sch… auf Vielfalt – ich möchte einfach mal meine Ruhe! Und dann ist da auch ein gewisser Druck, sein Kind “im Griff” haben zu müssen. Nicht immer ist die Neurodivergenz das Problem – es ist das Scheitern an der Norm.

Die Vielfalt der Wahrnehmung

Das Wichtigste, erklärte mir Bruno Blume, ist die Anerkennung der anderen Wahrnehmung. Kinder im Spektrum irgendwo zwischen ADHS und Autismus haben zehntausendmal öfter als andere gehört, dass ihre Wahrnehmung falsch ist, dass sie insgesamt falsch sind. Irgendwann nimmt die Frustration überhand und dann hilft oft nur noch eins: Schreien. Schlagen. Oder dichtmachen, abschotten und vielleicht versuchen, sich selbst zu beruhigen, hin- und herzuschaukeln. Eigentlich ganz wunderbar, dass viele Kinder solche Mechanismen intuitiv anwenden, denn sie helfen offensichtlich – sind aber natürlich “nicht normal”.

Die Mutter im obigen Beispiel hat nach Brunos Auffassung zwei Möglichkeiten – und beide basieren auf der Anerkennung der Wahrnehmung “der Schuh drückt”.

Möglichkeit 1: Okay Schatz, der Schuh drückt. In 10 Minuten sind wir zu Hause und du kannst ihn ausziehen. Was meinst du, hältst du es so lange aus? Wenn ja – großartig und zu Hause feiern wir dann gemeinsam den Zugewinn, dass die Komfortzone ein kleines bisschen weiter geworden ist. Wenn nein – gut, dann lass mal schauen. Und dann nimmt man sich – Möglichkeit 2 – trotz engem Tagesplan diese paar Minuten Zeit, um mitten im vollen Supermarkt in aller Ruhe den Schuh zu inspizieren und trainiert nebenbei die eigene Frustrationstoleranz.

Illustration von Blumen, Birmingham Museums Trust Unsplash, Symbolbild
Foto: Birmingham Museums Trust via Unsplash

Meditation und Yoga als Unterstützung

Ihr glaubt, ich hätte leicht reden? Das stimmt insoweit, als ich keine Kinder hab und auch nicht genug über schwere Ausprägungen der Neurodivergenz weiß. Andererseits kenne ich Situationen wie die beschriebene aus meiner eigenen Kindheit: Immer war ich falsch und anstrengend und sollte mich nicht so anstellen. Irgendwann, Mitte 40, rettete mich der Begriff der Hochsensibilität, weil er mir einen Raum öffnete, in dem ich mich einrichten konnte – den hatte es bis dahin nicht gegeben. Ich bekam Hilfe und Anregung, begann zu forschen und startete eine Reise zur nächsten rettenden Insel: Meditation und vor allem Yoga.

Om – alles gut?

Achtsamkeit, Meditation und körperliche Aktivität (das kann Asana, aber auch Gartenarbeit sein) bewähren sich bei vielen, aber nicht allen Menschen, die sich irgendwo im Spektrum wiederfinden. Zum einen beinhalten sie gewisse Routinen und werden als beruhigend empfunden. Zum anderen – und das scheint essenziell zu sein – helfen uns Yoga oder Meditation, im eigenen Körper anzukommen, uns zu erden. Der Fachbegriff lautet Interozeption. Als körperliche Wesen nehmen wir die Umwelt über unsere Sinne wahr. Wenn alles gut läuft, können wir diese Informationen handhaben und sind in der Lage, Gefühle und Verhalten angemessen zu regulieren.

Menschen im Spektrum berichten oft von sensorischen Besonderheiten, viele haben ihren Körper irgendwann “verloren”, können essenzielle Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Müdigkeit und Stress nicht mehr (rechtzeitig) erkennen. Dann wird “durchgehalten” und was folgt, ist der oft zitierte Wutanfall, der in der Fachterminologie “Meltdown” heißt, oder gar ein totaler Zusammenbruch, der “Shutdown”. Das Erkennen der eigenen Wahrnehmung als innerem Navigationssystem kann helfen.

Hinweisgeber in einer wilden Welt

Abschließen möchte ich diesen Beitrag mit einem gewagten Plädoyer: Was wäre, wenn wir die besondere Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen im gesamten Spektrum nutzen würden, um ein gesellschaftliches Navigationssystem zu entwickeln? Ein Navi für die unbekannten Zukünfte, die wir entdecken dürfen, um Wege aus den aktuellen Dilemmata der Welt – Krieg, Klimawandel, Katastrophendichte – zu finden? Im Spektrum finden sich Menschen mit Empathie und einer immensen Vorstellungskraft. Sie könnten uns Wege aus der Komplexität der Welt zeigen, in die uns das “normale” Erfahrungswissen nur immer weiter hineinführt. Andere, vielleicht Menschen mit Trisomie-21, bringen mit ihrer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft Licht in unsere Dunkelheit, sie könnten unsere Achtsamkeitsglocken werden. Und schlussendlich: Wer sonst sollte in Zeiten von Ausgrenzung und Schwarz-weiß-Denken besser Räume jenseits von richtig und falsch öffnen können als Menschen, die sich zeitlebens unerwünscht oder falsch fühlten? Könnte es sogar sein, dass Neurodiversität unsere wertvollste Ressource ist?


Autorin Andrea Goffart

Andrea Goffart, Autorin und Schreibcoach, bezeichnete sich eine Zeit lang als hochsensibel. Inzwischen findet sie, dass jede Zuschreibung eine Schublade ist, und möchte lieber nur einfach sie selbst sein dürfen. andrea-goffart.de

Die Kehrseite von Sensibilität ist oft Reizüberflutung. Kommt dir bekannt vor? Keine Sorge, du musst dich deshalb nicht abschotten. Lies hier, wie du mit deiner Wahrnehmung arbeiten kannst – anstatt dagegen.

7 Tipps, um dein Immunsystem dauerhaft zu stärken

Immunsystem stärken Tipps

Niemand will von Husten oder stetig auftretenden Krankheiten geplagt werden. Ein gesundes und starkes Immunsystem beugt Krankheiten vor. Wir verraten dir 7 Tipps, mit denen du deine Gesundheit maßgeblich unterstützen kannst.

Titelbild: Dmitry Sumskoy via Unsplash

Tipp 1: Geh raus in die Sonne

Geh raus an die frische Luft und genieße die warmen Sonnenstrahlen auf deiner Haut. Die Sonnenstrahlen, die auf unsere Haut treffen, bilden Vitamin D. Das aktiviert unsere Abwehrzellen und hilft bei der Vermeidung von akuten Infektionen oder chronischen Krankheiten.

Tipp 2: Sorge für genügend Schlaf

Dass unser Schlafrhythmus und auch die Anzahl der Stunden, in denen wir schlafen, erheblich zu unserer Gesundheit beiträgt, ist längst kein Geheimnis mehr. Im Schlaf bzw. kurz davor schüttet der Körper die Hormone Melatonin und Prolaktin aus. Diese sind ebenfalls sehr wichtig für unsere Abwehr bzw. für unser Immunsystem. Schlafen wir zu kurz, können diese nicht oder nur schlecht hergestellt werden. Für einen erholsamen Schlaf empfiehlt es sich, das Zimmer kurz vorher zu lüften und den Raum abzudunkeln, da der Körper Melatonin besser im Dunkeln produzieren kann.

Tipp: Hier haben wir eine schöne Einschlaf-Playlist für dich zusammengestellt.

Tipp 3: Mach Sport

Unser Körper schüttet bei körperlicher Belastung Adrenalin aus, was dazu führt, dass sich die Abwehrzellen schneller vermehren. Durch regelmäßiges Training wird das Immunsystem gestärkt und potenziell schädliche Zellen können schneller entfernt werden. Aber Vorsicht, Sport ist gut, aber alles nur in Maßen. Wer sich überschätzt und somit überfordert, schädigt das Immunsystem mehr, als er oder sie es trainiert.

Tipp 4: Wechselduschen stärken das Immunsystem

Wechselduschen sind bekannt für die Stärkung des Kreislaufs und der Herzmuskulatur, aber sie helfen auch unserem Immunsystem. Die Haut wird besser durchblutet und somit werden beispielsweise Krampfadern vorgebeugt. Wechselduschen helfen dabei, Erkältungen zu verhindern, aber helfen auch bei zahlreichen akuten Beschwerden, wie beispielsweise Spannungskopfschmerzen. Morgens sind sie ein guter Wachmacher. Anfangs kostet es ein bisschen Überwindung, aber am Ende wirst du mit einem warmen und guten Gefühl belohnt. Probiere es doch mal aus.

Tipp 5: Benutze hautneutrale Pflege

Unsere Hautpflege ist oft basisch, obwohl der pH-Wert der Haut im sauren Bereich liegt. Für unseren Körper bedeutet das mehr Arbeit. Basische Hautpflege wird bekämpft und der Säureschutzmantel gestört. Auch solltest du auf Pflegeprodukte mit wenigen synthetischen Bestandteilen zurückgreifen, da dein Immunsystem diese beim Eindringen in den Körper sonst bekämpft.

Tipp 6: Achte auf deine Ernährung

Eine gute Ernährung kann bei so vielen Dingen helfen. So auch bei unserer natürlichen Abwehr. Lebensmittel wie, Ingwer, Nüsse, Knoblauch, Beeren oder Kokos unterstützen unsere Gesundheit. Sie erhalten antioxidative oder entzündungshemmende Enzyme. Übermäßigen Alkoholkonsum solltest du vermeiden. Denn Alkohol fördert Entzündungen und “verwirrt” die weißen Blutkörperchen. Sie können auftretende Krankheiten deshalb nicht so schnell erkennen und somit bekämpfen.

Lies dazu auch: Alkohol und Yoga – Schenk nochmal ein ?!

Tipp 7: Übe regelmäßig Yoga

Yoga reduziert es den Stresspegel. Stress wirkt sich negativ auf unsere Abwehrzellen aus. Yoga senkt die Entzündungsmarker im Blut und wirkt sich dadurch positiv auf die Anzahl unserer Immunzellen aus. Die geistige Gesundheit ist ebenfalls von großer Bedeutung, damit alles funktioniert. Yoga und bewusste Atemübungen stärken die Verbindung von Körper und Geist. Wirf doch mal einen Blick auf unsere Yoga Videos: Hier findest du tolle Flows für Anfänger*innen und Fortgeschrittene.

Übrigens: Im YOGAWORLD JOURNAL 05/2025 haben wir uns ebenfalls mit dem Wunderwerk Immunsystem beschäftigt. Wusstest du, dass achtsame Selbstfürsorge und eine innere Haltung einen weiteren, nicht unbeachtlichen Einfluss auf unser Immunsystem hat? Hier kannst du dir das Heft bestellen, um mehr zu erfahren:


Lies hier, wie die uralte Wissenschaft des Ayurveda dich noch weiter unterstützen kann, Erkältungen vorzubeugen:

Dies.Das.Asanas mit Jelena Lieberberg – die schwebende Hocke

schwebende hocke mit jelena lieberberg

Die Asana, die unsere Kolumnistin Jelena Lieberberg hier vormacht, sieht eigentlich machbar aus, oder? Probier die schwebende Hocke aus: Du wirst dich wundern! Aber bitte nicht entmutigen lassen: Schon das Probieren und Tüfteln an dieser Haltung sind ein Gewinn.

Text: Jelena Lieberberg / Foto: Sofia Gomez Fonzo

Das Schweben mit angezogenen Knien, das du hier siehst, wird im Calisthenics-Training als “Tuck Planche” bezeichnet (“eingeklapptes Brett”). Im Yoga kennen wir etwas Ähnliches als Lolasana, die Pendel-Haltung. Vielleicht hast du auch eine Variante davon schon mal gesehen, Kukkutasana, den Hahn, bei dem mit im Lotos überkreuzten Beinen gebaumelt wird.

Pendeln oder balancieren

Beide Positionen sind relativ simpel, solange das Becken tatsächlich nur wie ein Pendel nach unten hängt, doch sobald es – wie hier – angehoben wird, ist das Ganze gleich sehr viel schwieriger. Dann gelten Pendel und Hahn als fortgeschrittene Armbalancen. Für alle, die gerne mit dem eigenen Gewicht arbeiten und sich an schwierigere Skills annähern möchten, ist diese Arm-Balance mit gestreckten Armen ein Muss. Ziel ist es, die Hüften bis auf die Höhe der Schultern anzuheben.

Das Wichtigste dabei ist die sogenannte “Schulterprotraktion”: Um die Muskeln des Schultergürtels und des oberen Rückens effizient zu nutzen und uns vor Verletzungen zu schützen, müssen sich die Schultern nach vorne schieben, in etwa so, als ob sich ihre Spitzen vor der Brust küssen möchten. Das ist ein längerer Lernprozess, gib dir also Zeit! Der zweite Trick bei dieser herausfordernden Übung ist die Kompression: Anstatt den Rücken gerade zu halten, wollen wir den Oberkörper hier von der Körpermitte her möglichst kompakt machen. Dabei arbeiten nicht nur Arme und Schultern, sondern der ganze Körper wirkt als eine Einheit.

Mein Tipp für dein Einstieg: Setze die Hände nicht auf die Matte, sondern arbeite mit kleinen Griffen, den sogenannten Parallettes. Das entlastet nicht nur die Handgelenke, es schenkt dir auch ein bisschen mehr Höhe und damit Spielraum. Mir hat außerdem ein langes Resistance Band dabei geholfen, die richtige Position für meinen Bauch zu finden: Dazu hab ich das Gummi zu einer langen Schlaufe gebunden. Oben habe ich sie an einer Hantelstange befestigt und unten um meinen Bauch gelegt. (Wie das aussieht, kannst du auf meinem Insta- oder Tiktok-Kanal sehen, denn im vergangenen Jahr war der Tuck Planche eine meiner Challenges.)

Jelena Lieberberg, Armbalance die schwebende Hocke

Macht das Spaß?

Auf jeden Fall! Allerdings kann es sein, dass du am Anfang die Füße nicht vom Boden weg bekommst oder kaum eine Sekunde in der Position schweben kannst. Keine Sorge: Übung macht den Meister!

Muss ich das können?

Natürlich nicht. Aber falls du Lust auf mehr Bauch- und Schulterkraft hast, dann ist die Arbeit an dieser Haltung eine super Möglichkeit, in neue Bereiche vorzudringen. Sie kräftigt besonders deine Hände, Schultern, die Handgelenke und die Körpermitte.

Auf was muss ich achten?

Wärme vor allem Hände, Handgelenke und Unterarme sorgfältig auf, zum einen mit mobilisierenden dynamischen Bewegungen und dann auch im statischen Halten, zum Beispiel mit Schiefer Ebene oder Liegestütz.

Step by step in die schwebende Hocke

1. Vorübung: Lehne dich aus dem Langsitz etwas zurück und strecke die Arme waagerecht nach vorn. Dann rundest du deinen Rücken und ziehst die Knie dicht zueinander und zur Brust. Die ebenfalls geschlossenen Füße bewegst du Richtung Sitzfläche. Voilà: Das ist die kompakte Körperposition, die du auch in der Haltung wiederfinden willst!

2. Beginne dann auf dem Boden kniend und setze deine Hände etwas vor dir auf Blöcke, Parallettes oder den Boden. Alternativ kannst du dich auch zwischen zwei stabil stehende Stühle hocken und die Hände schulterbreit rechts und links von dir auf den beiden Sitzflächen platzieren.

3. Drehe die Hände minimal nach außen und lehne dich dann langsam nach vorne, um dein Gewicht nach und nach auf die gestreckten Arme zu verlagern. Gleichzeitig ziehst du die Knie möglichst kraftvoll zur Brust. Dabei kannst du die Füße auf dem Boden gleiten lassen, am besten geht das mit Socken.

4. Um die Füße vom Boden lösen zu können, musst du dich weiter nach vorn lehnen, als du denkst: Die Schultern kommen vor die Hände und du versuchst gleichzeitig das Becken zu heben. Dabei ist es wichtig, die Schultern so nach vorn zu schieben, als wollten sich die Schulterspitzen “küssen”.

5. Spiele zunächst ein bisschen mit deinem Schwerpunkt, um ein Gefühl für die Balance und die Kräfte in der Haltung zu entwickeln. Wenn du bereit bist, ziehst du zuerst abwechselnd nur eine Ferse Richtung Po. Je mehr du nach vorne lehnst, desto mehr schweben die Knie – was natürlich auch umso schwieriger ist. Übe am Anfang nur 3 Runden, so lange du kannst, und steigere dich allmählich. Ziel der Challenge sind 10–15 Sekunden in der Haltung.


JELENA LIEBERBERG ist Osteopathin und Yogacoach in Berlin. Ihre eBooks, Retreats und Workshops findest du unter kickassyoga.com oder besuche Jelena auf Insta @kickassyoga.

Wie wäre es zum Beispiel mit einer Variation der Krähe:

Hier findest du weitere hilfreiche Tipps, wie du Armbalancen meisterst:

Rezept: Cremiges Porridge mit Birne, Zimt & Kokos

Rezept Haferflocken Birne

Ein Seelenwärmer für den Herbst und ein wunderbares Frühstück, das leicht verdaulich ist. Du kannst das Porridge am Vorabend zubereiten, um es am nächsten Morgen nach ein paar letzten Handgriffen zu genießen.

Titelbild: Taryn Elliott via Pexels

Zutaten für 4 bis 6 Personen

  • 150 g Lieblings-Haferflocken
  • 20 g feingemahlene Braunhirse
  • 400 ml Sojamilch Vanille
  • 1-2 große Birnen mit Schale, klein geschnitten
  • 3 EL Reissirup
  • eine Handvoll Rosinen
  • 30 g gehobelte Kokosnuss
  • 1 EL Chiasamen
  • 1 große Prise Salz
  • 1 große Prise Zimt und Kardamon
  • 1 Prise Kurkuma
  • 1 gestrichener TL Bourbon-Vanillepulver
Rezept Haferflocken
Cremige Haferflocken mit Birne, Zimt & Kokos. Foto: Taryn Elliott via Pexels

Zubereitung der cremigen Haferflocken:

Am Vorabend alle Haupt-Zutaten (ohne Birnen) für das Porridge in einem Kochtopf gut vermischen und über Nacht quellen lassen. Das lange Quellen fördert eine leichte Verdaulichkeit. Am Morgen etwa 7 Minuten köcheln lassen, dann die frisch geriebenen bzw. geschnittenen Birnen unterheben. Den Topf mit einem Handtuch umwickeln und 15 Minuten nachquellen lassen. Nach Belieben mit oben genannten Zutaten verfeinern. Wärmt von innen, wenn es draußen herbstelt.


Passt perfekt zum Porridge dazu:

Somatic Strength – Teil 2: Übungen für starke Schultern

Mit dieser Sequenz kannst du deine Schultern effektiv kräftigen und mobilisieren. Damit schützt du sie nicht nur vor Verletzungen, ein kraftvoller, flexibler Schultergürtel bewahrt dich auch vor Spannungen im Nacken und Rücken. Sogar bei schon bestehenden Problemen können die Übungen eine wirksame Selbsthilfe sein.

Übungen: Lizzie Lasater & Mary Richards / Fotos: Dani Gruber

Die Yogatherapeutin Mary Richards empfiehlt diese Praxis bei unspezifischen Schulterschmerzen, eingeschränkter Beweglichkeit, Problemen mit Rotatorenmanschette oder Bizepssehne und dem sogenannten “Handy-Nacken“. Ob sie auch bei ausgeprägteren Symptomen oder Verletzungen individuell sinnvoll ist, solltest du vorab medizinisch abklären lassen.

SO ÜBST DU

• Bewege dich langsam und lass die Bewegungen von innen nach außen entstehen. 

• Spüre genau hin. Nimm auch wahr, wo innerhalb eines Bewegungsbogens du nachlässt oder dich “durchmogelst”. 

• Setze dich der Anstrengung bewusst aus und steigere allmählich die Zeiten unter Spannung. 

• Höre dabei immer auf die Signale deines Körpers und überschreite nicht deine Grenzen. 

• Um deine Schultern wirkungsvoll zu kräftigen, solltest du regelmäßig, mindestens einmal pro Woche, üben. Dazu kannst du diese Sequenz einzeln üben oder als Warm-up für deine Asana-Praxis einsetzen.

1. Einseitige Schulterpresse

Einseitige Schulterpresse

Darum geht’s: Anders als bei einem klassischen Push-up, bei dem Brust und Arme viel Last übernehmen, kräftigen wir hier gezielt die Schultermuskulatur (vor allem den Deltoideus). Dabei beginnen wir mit dem schwächeren Arm. 

So geht’s: Richte dir den Vierfüßlerstand ein. Dabei ist es eine gute Idee, deine Knie mit einer gefalteten Decke etwas weicher zu polstern. Setze deine Hände etwas breiter und zudem leicht vor deinen Schultern auf. Platziere einen Block flach unter deine nicht-dominante Hand und beginne nun, diesen Ellenbogen zu beugen, um die Brust zu senken und wieder zu heben. Versuche dabei, den Arm, der nicht auf dem Block steht, möglichst gerade zu lassen, sodass du die Anstrengung deutlich in der nicht-dominanten Schulter spürst. Wenn das für dich relativ mühelos möglich ist, kannst du (wie hier auf dem Foto zu sehen) den Abstand zwischen Knien und Händen vergrößern. Spüre selbst, wie viele Wiederholungen angemessen sind. Mit der Zeit kannst du dich sicher steigern. Anschließend übst du mit dem Block unter deiner dominanten Hand. 

Ziel: 10–20 Wiederholungen pro Seite

2. Push-ups auf Blocks

Pushups auf Blocks

Darum geht’s: Hier kräftigen wir etwas großflächiger die Muskulatur des Schultergürtels. Die Blocks geben uns dabei mehr Bewegungsfreiheit, was wiederum dafür sorgt, dass mehr Gewebe angesprochen wird und sich Kraft für die gesamte Bewegung bilden kann.

So geht’s: Lege nun beide Hände etwas mehr als schulterbreit auf Blöcke. Dabei drückst du die Daumen gegen deren Innenseite, um deine Handgelenke gut auszurichten. Beuge und strecke nun beide Ellenbogen gleichzeitig: Beim Absenken des Oberkörpers ziehst du die Schulterblätter zueinander hin, beim Aufrichten lässt du sie über den Rücken hinweg nach außen gleiten. Auch hier kannst du den Abstand zwischen Händen und Knien variieren: Je weiter auseinander, desto fordernder. Einfacher wird es dagegen, wenn der Oberkörper stärker aufgerichtet ist: Statt der Blöcke kannst du dich zum Beispiel auch auf Hockern aufstützen. 

In jedem Fall verankerst du deine Füße fest am Boden und achtest auf deinen Körper und seine Signale: Wie viel Kraft ist in diesem Moment vorhanden? Wie fühlt sich die Bewegung an? Es ist okay, wenn du mit einem einzigen Push-up beginnst. Die Form ist viel wichtiger als die Anzahl der Wiederholungen. Wenn die Kraft spürbar nachlässt, machst du eine Pause und versuchst es danach erneut. Versprochen: Mit der Zeit wirst du dich steigern. 

Ziel: 3 Sets mit je 10 Wiederholungen

3. Halbe Heuschrecke

halbe heuschrecke

Darum geht’s: Mit dieser Übung sprechen wir vor allem den Trapezius-Muskel an, der die Schultern stabilisiert und den Kopf hält. Damit arbeiten wir zugleich einer vorgeschobenen Kopfhaltung entgegen – dem umgangssprachlich “Handy-Nacken” genannten Problem. 

So geht’s: Lege dich auf den Bauch. Wenn du magst, lässt du die Stirn leicht erhöht auf einer gefalteten Decke ruhen. Nimm die Füße bequem etwas auseinander und lasse zunächst das Kreuzbein und den unteren Rücken entspannt nach unten sinken und deine Beine schwer werden. Breite dann die Arme V-förmig nach vorne aus, mache Fäuste und setze sie so am Boden auf, dass die Daumen nach oben zeigen. Hebe und senke die Arme nun, als wolltest du mit deinen Daumenspitzen die Decke antippen. Beobachte, wie du dich durch den Bewegungsspielraum deiner Schultern hindurch bewegst. Dabei kannst du vielleicht wahrnehmen, wie die Schulter- und die Hüftachse zusammenwirken, etwa indem deine Gesäßmuskulatur anspringt. 

Ziel: 10–20 Wiederholungen

4. Latissimus-Zug in Bauchlage

Latissimus zug

Darum geht’s: Vielleicht kennst du den “Lat-Zug” aus dem Fitness-Studio, wo er im Sitzen an Maschinen geübt wird. In dieser Variante arbeitet nicht nur der Latissimus, auch sämtliche Muskeln, die die Schulterblätter umgeben, sind aktiv und die Verbindung in den unteren Rücken hinein wird gekräftigt.

lat zug close up

So geht’s: Die Ausgangsposition bleibt dieselbe wie in der vorigen Übung: Bauchlage mit oder ohne Unterstützung für den Kopf und V-förmig nach vorn gestreckte Arme. Spanne nun einen Gurt zwischen deinen Händen auf und halte die Spannung, während du die Arme einatmend so weit wie möglich hebst. Dann beugst du ausatmend die Ellenbogen und ziehst den Gurt hinter deinen Kopf. Strecke die Arme mit der Einatmung wieder nach vorn und lege die Hände mit der Ausatmung ab. Achte dabei darauf, die Beine schwer am Boden liegen zu lassen. Wiederhole diesen Ablauf, bis du die Ermüdung spürst. Auch hier baust du mit der Zeit mehr und mehr Kraft auf.

Ziel: 3 Sets mit je 10 Wiederholungen

5. Der Krieger schiebt den Elefanten

krieger schiebt elefanten

Darum geht’s: Hier übertragen wir die Bewegung der vorigen Übung aus der Bauchlage in die Schritthaltung von Krieger 1. Dabei bewegen wir Schultern und Hüften miteinander und stabilisieren uns mit der tiefen Bauch- und Rumpfmuskulatur – eine fließende, ganzheitliche Bewegung, bei der alle für gesunde Schultern maßgeblichen Muskelgruppen harmonisch zusammenarbeiten.

krieger variante hände vor brust

So geht’s: Wähle einen für dich angenehmen Abstand für die Füße, der hintere steht diagonal, der vordere gerade und die Fersen befinden sich auf einer Linie oder etwas breiter auseinander. Beginne mit gestreckten Beinen und spanne erneut den Gurt so zwischen deinen Händen auf, dass deine Arme eine V-Form bilden. Hebe einatmend die Arme in die Senkrechte und ziehe dabei aktiv den Gurt auseinander. Ausatmend senkst du die Arme, beugst gleichzeitig die Ellenbogen und das vordere Knie und ziehst den Gurt vor deine Schlüsselbeine.

krieger variante arme gestreckt vor brust

Mit der nächsten Einatmung streckst du das vordere Bein wieder und schiebst die Arme horizontal nach vorn, bevor du sie wieder in die Senkrechte hebst. Wiederhole diesen Ablauf einige Male im Rhythmus deines Atems, bevor du deine Füße für die zweite Seite umsetzt.

4–8 Wiederholungen auf jeder Seite

6. Ellenbogen-Gleiten an der Wand

Darum geht’s: Mit dieser sanften Bewegung verbessern wir die Schulterbeweglichkeit, entspannen den Nacken und wirken der verbreiteten Haltung mit rundem Rücken und “hängenden” Schultern entgegen.

ellenbogen gleiten an der wand

So geht’s: Stelle dich in einen komfortablen Abstand vor eine Wand. Verschränke deine Finger hinter dem Kopf und lege die Ellenbogen an die Wand. Gleite dann einatmend mit den Ellenbogen langsam an der Wand entlang nach oben, bis du deine Bewegungsgrenze erreichst. Dabei darf der Kopf gegen deine Hände nach hinten sinken. Bleibe einen Atemzug lang in dieser Streckung, dann lässt du die Ellenbogen ausatmend wieder nach unten gleiten. 

Wenn dir die Haltung mit hinter dem Kopf verschränkten Fingern nicht angenehm ist, dann versuche die auf dem Foto gezeigte sanftere Variante mit aneinanderliegenden Händen.

5–10 Wiederholungen

7. Unterstützte Schulterbrücke

unterstützte schulterbrücke

Darum geht’s: Hier dehnen wir Schultern, Achseln, Bauch und Brust. Dabei lösen wir tiefe Verspannungen an der Körpervorderseite. Vor allem die Pectoralis-Brustmuskeln, deren Aufgabe es ist, die Arme nach vorn zu bringen, sind im Alltag oftmals dauerhaft auf Zug, etwa am Schreibtisch oder beim Autofahren. Das verspannt nicht nur die Schultern, sondern auch Nacken und oberen Rücken.

So geht’s: Rolle je nach deiner Größe 2–4 Decken gefaltete Decken zu dichten Rollen auf und lege sie eng aneinander gepackt quer in die Mitte deiner Matte. Rutsche so weit mit der Sitzfläche an die Deckenrollen heran, dass du sie spüren kannst. Dann setze Hände und Füße auf und lege dich langsam über die Rollen. Richte dich so ein, dass die unteren Spitzen deiner Schulterblätter vom oberen Ende der Unterlage aus Richtung Boden sinken können, während das Becken vom unteren Ende der Rollen herabsinkt. Der Po liegt entweder am Boden oder schwebt knapp darüber. Lass die Knie bequem nach innen fallen und aneinander ruhen und breite die Arme entspannt zu den Seiten aus: T-förmig, V-förmig oder auch über Kopf mit gebeugten Ellenbogen, was immer dir gerade gut tut. 

Wenn sich diese Haltung nicht gut für deinen unteren Rücken anfühlt, verwendest du statt der 3 quer liegenden Rollen eine längere längs unter deiner Wirbelsäule. Löse die Haltung ganz behutsam auf, indem du dich langsam zur Seite rollst.

etwa 3 Minuten oder 36 ruhige Atemzüge lang

8. Katze-Kuh mit Drehung

katze kuh mit drehung

Darum geht’s: Bei dieser fließenden Bewegungsabfolge kombinieren wir verschiedene Aktionen in Schultern, Nacken, Rücken und Rumpf zu einem harmonischen Ganzen. Dabei spüren und integrieren wir die Effekte der vorigen Übungen und haben Gelegenheit, uns an der Komplexität und Vielfalt gesunder Bewegung zu freuen.

So geht’s: Beginne im Vierfüßlerstand. Dabei kannst du für mehr Bewegungsspielraum beide Hände auf Blöcke setzen. Runde ausatmend deinen Rücken nach oben und lass den Kopf sinken.

katze kuh mit seitlicher öffnung

Mit der Einatmung flachst du den Rücken wieder ab, ziehst einen Ellenbogen nach oben, drehst den Rumpf zur Seite und streckst zum Ende des Bewegungsbogens den Arm locker in Verlängerung der Schulter. Ausatmend setzt du die gehobene Hand wieder sanft ab und rundest den Rücken nach oben. Mit der nächsten Einatmung drehst du dich zur zweiten Seite. Wiederhole die Abfolge im Rhythmus deines Atems immer abwechselnd zur einen und anderen Seite und beobachte, wie sie mit der Zeit immer fließender und harmonischer wird. Abschließend übst du noch einige normale Katze-Kuh-Bewegungen und spürst zu deiner Mittelachse hin.

8–10 Wiederholungen auf jeder Seite


mary richards

Mary Richards arbeitet seit über 20 Jahren als Yogalehrerin und -therapeutin. Mit einer Mastertitel in Yogatherapie und ihrem Buch “Teach People, Not Poses” gilt sie international als eine der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet. Sie lebt mit ihrem Mann in Virginia, USA. Mehr auf yogawithmaryrichards.com und Instagram @yogawithmaryrichards

Auf den Fotos zu diesem Artikel siehst du die Yogalehrerin Lizzie Lasater. Geboren in San Francisco lebt sie heute mit ihrem Mann und kleinen Zwillingen in Salzburg. Sie hat etliche Online-Kurse entworfen und schreibt jeden Sonntag einen Gratis-Selfcare-Newsletter. Mehr auf lizzie.yoga und Instagram @lizzie.lasater


Lust auf mehr? Im ersten Teil dieser Reihe haben Lizzie und Mary die Prinzipien des Somatic Strength Training erklärt und Übungen für den unteren Rücken gezeigt:

Bereit noch tiefer einzutauchen? Bald gibt es den dritten Teil dieser Reihe mit Somatic-Strength-Übungen für den Core.

Ashramas – die 4 Lebensalter

September 2021

Alles zu seiner Zeit: Laut der traditionellen Lehren des Hinduismus verläuft ein spirituell ausgerichtetes Leben in vier aufeinander folgenden Phasen, den Ashramas. Jede Phase hat ihre eigenen Herausforderungen, die es voll und ganz zu er­leben gilt, bevor man in die nächste Phase eintritt.

Text: Stephanie Schauenburg / Titelbild: Nela König

Brachmacharya – Schüler*in

Wir legen den Grundstein, indem wir uns Wissen aneignen und tief in die spirituelle Praxis (Sadhana) eintauchen. Traditionell hieß das, eine mehrjährige Lehrzeit bei einem persönlichen Guru zu absolvieren.

Grihastha – Hausherr*in:

Wir bewähren uns in der Welt. Als Berufstätige, als Familienmitglieder und vielleicht auch als Eltern übernehmen wir Verantwortung und wachsen dabei in persönlicher, spiritueller und geistiger Hinsicht.

Vanaprastha – Einsiedler*in

Wir dürfen uns aus dem aktiven Leben zurückziehen und Verantwortung abgeben, um wieder mehr Raum für Spiritualität, Wissen und Weisheit zu haben – ein “Ruhestand” und zugleich eine erneute Lehrzeit, die uns auf die letzte Phase vorbereitet.

Sannyasin Entsagende*r:

Wir lassen langsam und bewusst das irdische Leben los, wir lösen uns von materiellem Besitz und auch von der Anhaftung an unseren Körper. Was jetzt noch zählt, ist allein die geistige Freiheit.


Ein Gespräch mit Anna Trökes über das Älterwerden

Zum Weiterlesen: Im YOGAWORLD JOURNAL 05/2025 haben wir mit Anna Trökes darüber gesprochen, welche Bedeutung Zeit in der Yogaphilosophie hat. Die Ausgabe kannst du dir hier bestellen:

Ist der Hype wirklich vorbei? Ein Blick auf die Yogaszene 2025

Schließende Studios und Yogalehrende, die sich andere Jobs suchen – auf der anderen Seite aber steigende Zahlen bei Online-Buchungsportalen: Was ist los in der Yogaszene? Ist der oft beschworene “Yoga-Hype” wirklich vorbei, oder verändern sich nur Angebote und Nachfrage?

Text: Nici Tannert / Titelbild: Ryan Lane von Getty Images via Canva

Was bedeutet eigentlich “Yoga-Hype”?

Ein Hype ist ein Trend, ein Riesenrummel um etwas oder jemanden. Oberflächliche Begeisterung, die morgen schon von der nächsten Hysterie abgelöst werden kann. Viele haben deshalb zugestimmt, als Studioinhaber Patrick Broome im September 2022 im Online-Magazin Fuck Lucky Go Happy erklärte: “Der Yoga-Hype ist over!” Sie spürten: Es ist Zeit, aus dem modischen Rummel und Getöse wieder auszusteigen und zum Kern von Yoga zurückzukehren.

Aber was bedeutet das eigentlich? Und kann man im Zusammenhang mit Yoga überhaupt von einem Hype sprechen? Wirtschaftlich betrachtet auf jeden Fall: Um die Jahrtausendwende begann ein regelrechter Yogaboom. Studios schossen überall aus dem Boden, zu den traditionellen Yogarichtungen gesellten sich immer neue Stile, Teacher Trainings waren selbst bei kleineren Studios ausgebucht, auch der Markt für Yogabekleidung und -hilfsmittel wuchs und wuchs. Und hinter all dem stand natürlich auch eine wachsende Zahl an Übenden, die Kurse und Schulen mit Leben füllten. Zwei Jahrzehnte lang dauerte dieser ungebremste Aufschwung, aber wie steht es heute?

Corona als Einschnitt für die Yogaszene

Keine Frage: Die letzten fünf Jahre waren für Yogalehrende sehr herausfordernd. Insgesamt fast zehn Monate lang blieben die Studios während der verschiedenen Corona-Lockdowns geschlossen. Viele Yogalehrer*innen haben in dieser Zeit auf Digitalisierung gesetzt, sie sind mit ihren Stunden online und später hybrid gegangen. Andere haben ihre Räume und Yogaklassen aufgegeben und sich neue Verdienstmöglichkeiten gesucht.

Inzwischen herrscht in den verbliebenen Studios zwar längst wieder normaler Betrieb, aber die Boom-Stimmung ist gebrochen: Viele Lehrende klagen, dass ihre Schüler*innen nicht so zurückgekommen sind, wie sie es vor der Pandemie gewöhnt waren: Statt feste Kurse und Abos zu buchen, wünscht sich ein wachsender Teil der Übenden heute mehr Flexibilität, was nicht nur die Planung erschwert, sondern oft ganz einfach bedeutet, dass die Klassen weniger regelmäßig und weniger zahlreich besucht werden. Auch gestiegene Energiepreise, die hohe Inflation und Mieterhöhungen machen Studiobetreiber*innen zu schaffen – und genauso auch ihren Gästen, denn sie müssen sich häufig fragen: Gibt mein Geldbeutel überhaupt noch jede Woche Yogastunden her?

Wirtschaftlicher Druck auf Studios und Lehrende

Das große Geld hat mit Yoga wohl nie jemand verdient – und ganz sicher war das auch nie das Ziel. Aber irgendwo gibt es natürlich auch eine Schmerzgrenze. “Ich übe fleißig, ich unterrichte fleißig, ich akquiriere fleißig – und das alles für die paar Kröten. Das ist schon echt frustrierend”, sagte mir neulich eine befreundete Yogalehrerin. Eine andere hat laut überlegt, sich wieder eine Teilzeitstelle zu suchen, weil sie sich schlicht erschöpft fühlt. Ihre resignierte Überlegung: “Vielleicht sind zehn Jahre Vollzeit-Yoga auch genug.” Nicht wenige tolle, moderne Yogastudios stehen jetzt voller Pilates-Reformer – und die Yogalehrenden, die hier mal volle Klassen unterrichtet haben, verstehen die Welt nicht mehr.

Mehr zum Thema “Yoga und Geld” und klare Statements verschiedener Yogalehrenden liest du hier.

Foto: Ryan Lane von Getty Images via Canva

Persönliche Geschichten aus der Yogaszene

Ist der Yoga-Hype also vorbei? Das habe ich bei meiner Recherche Mitte Januar (Anm. d. Red.: 2025; dieser Artikel stammt aus dem YOGAWORLD JOURNAL 02/2025) auch meinen Ausbilder Michael Forbes gefragt. Gemeinsam mit seiner Frau Margareta Eckl betreibt er ein großes Iyengar-Yogastudio in München. Meine Frage erreichte ihn mitten in einem großen Umbruch: “Wir downsizen gerade und ziehen in ein kleineres Studio.” Wie bitte? Michaels Räumlichkeiten sind mir sehr vertraut: drei Übungsräume, einer davon 175 Quadratmeter groß, ein riesiger Aufenthaltsbereich, Yogaliteratur und -hilfsmittel ohne Ende. Wenn es dieses über lange Jahre erfolgreiche Studio bald nicht mehr gibt, beantwortet das dann meine plakative Frage vielleicht bereits? Wie kam es dazu, will ich wissen?

Michael erzählt, dass sich die ohnehin schon beträchtliche Miete nach Corona kontinuierlich erhöht hat. Gleichzeitig sind 30 bis 40 Prozent seiner Schüler*innen seither weggeblieben. Zwar kamen dafür Buchungen für Onlinestunden aus ganz Europa dazu, aber die konnten den Verlust nur teilweise ausgleichen. “Margareta und ich haben 24/7 gearbeitet, um das Studio am Leben zu halten. Das alles hat viel geistige Kraft gekostet.”

“Aufhören? Niemals!”

Ans Aufhören hat er dennoch nie gedacht: “Ich wollte immer zeigen, dass es möglich ist, ein Leben als Yogaübender zu führen und als Yogalehrer eine Familie zu ernähren. Und ich wollte einen Ort schaffen, wo sich eine Gemeinschaft bildet, wo man zusammen authentisch Yoga praktizieren kann. Das hat geklappt. Das klappt auch weiterhin”, sagt der 69-Jährige zuversichtlich. Ja, es wird wehtun auszuziehen, aber die neuen, kleineren Räumlichkeiten sind nur 300 Meter entfernt und weil sie deutlich günstiger sind, schaffen sie Platz für neue Ideen und Möglichkeiten. Michaels Resümee fällt also positiv aus: “Die Gesellschaft hat sich verändert. Wenn wir uns verkleinern, ist das eine Entscheidung für Nachhaltigkeit und Lebendigkeit. Es ist Zeit für eine Veränderung. Und das im Positiven.”

Michael Forbes

Yoga wächst trotz allem weiter

Doch während viele Studios schließen oder sich verkleinern, gibt es anderenorts durchaus Zuwachs. Seit 2022 veröffentlicht die österreichische Software-Firma Eversports jährlich eine Erhebung unter den Studios und Übenden, die bei der Buchungsplattform von Eversports ein Konto haben. (Falls du das nicht kennst: Damit kann man europaweit Sportangebote in der Nähe finden und sich direkt für eine einzelne Klasse einbuchen.) Der Geschäftsführer Hanno Lippitsch beobachtet, dass Yoga hier nach wie vor stark wächst: “Unsere Datenbank zeigt bei den Buchungszahlen für Yoga von 2023 auf 2024 einen Zuwachs von knapp 20 Prozent.”

Nun sagen die Zahlen einer Online-Buchungsplattform natürlich nicht unbedingt etwas darüber aus, wie viele Menschen tatsächlich Yoga üben, beziehungsweise Yogastunden besuchen. Deren genaue Zahl kennt niemand, genauso wenig weiß man, wie viele Yogaschulen, Studios oder Lehrer*innen es gibt, wie viele neu dazukommen oder wieder verschwinden. Aber zumindest für die Praktizierenden gibt es aufgrund von Marktforschungsumfragen Hochrechnungen. Und entgegen allen Unkenrufen aus der Yogabranche geht auch die Marktforschung davon aus, dass Yoga sich derzeit nicht etwa “gesund schrumpft”, sondern im Gegenteil weiter wächst: So übten laut Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse 2022 rund 3,37 Millionen Menschen in Deutschland “häufig” Yoga und weitere 8 Millionen immerhin ab und zu – insgesamt also über 11 Millionen. Bei der ersten Erfassung 2018 waren es unter den häufig Übenden noch 2,64 Millionen, es gab also innerhalb von vier Jahren einen Zuwachs von fast 28 Prozent.

Auch wenn viele Menschen deutlich mehr auf ihren Kontostand achten müssen als noch vor einigen Jahren: Beim Yoga sparen sie also nicht unbedingt.

Wandel in der Yogalandschaft

Aber spannend ist das schon: Wenn gegenüber den 28 Prozent Wachstum, den die Marktforscher*innen für vier Jahre errechnet haben, der Zuwachs bei der Buchungsplattform Eversports in nur einem Jahr schon bei fast 20 Prozent liegt, dann scheint das auch zu belegen, dass es immer mehr Menschen zu unverbindlichen Drop-in-Klassen zieht – und damit weg von langfristigen Mitgliedschaften in einem einzelnen Studio oder festen Kursen bei einer bestimmten Lehrerin. Entsprechend hoch ist der Druck für die Studios, sich für Buchungen über externe Anbieter zu öffnen. Dafür setzen sie seit einigen Jahren nicht nur zunehmend auf Onlinebuchungen, sondern auch auf die Zusammenarbeit mit sogenannten Aggregatoren wie Urban Sports Club oder Wellpass.

Aggregatoren und Pilates im Vormarsch

Der Eversports-CEO Hanno Lippitsch hat einen differenzierteren Blick auf die auch bei seinen Partner-Studios wachsende Zahl an Buchungen über Aggregatoren: “Ganz klar: Dadurch erhöht sich die Auslastung. Wir raten unseren Studios aber auch darauf zu achten, dass die Aggregatoren und das eigene Business in einer gesunden Balance stehen. Wenn man so Neukunden gewinnen kann, dann ist das gut. Aber wenn man eigene Mitglieder verliert, weil sie nur noch über die Urban-Membership ins Studio kommen, ist es auch gefährlich.” Um sich nicht abhängig zu machen, rät er dazu, mit mehreren Anbietern zusammenzuarbeiten und die eigenen Mitgliedschaften mit Sonderkonditionen attraktiver zu gestalten. – Oder man verzichtet eben ganz auf Aggregatoren.

Neben online gebuchten Drop-in-Klassen und Aggregatoren-Abos zeigt der Eversports-Bericht aber noch andere interessante Trends: “Es gibt mehr und mehr Yogastudios, die Pilates in irgendeiner Form anbieten. Zusätzlich boomt im Moment Reformer-Pilates, wofür gerade viele neue Studios entstehen“, berichtet Lippitsch. Dagegen sind reine Online- und Hybridklassen offenbar wieder etwas auf dem Rückzug: Die Anzahl der Onlineyoga-Teilnahmen ist im Vergleich zum Vorjahr zwar gestiegen, sinkt aber prozentual gesehen innerhalb der gesamten Buchungen. Immer mehr Lehrer*innen setzen daher wieder mehr auf reinen Präsenzunterricht.

Was entscheidet über den Erfolg eines Yogastudios?

Aber wovon hängt es nun ab, ob eine Klasse voll ist oder nicht, ob ein Studio floriert oder nicht? Hanno Lippitsch und seine Marketing-Koordinatorin Paula Dobiasova von Eversports üben beide selbst viel Yoga. Sie sind überzeugt: Es liegt einzig und allein an der Persönlichkeit der betreffenden Lehrer und Lehrerinnen. Auch wenn der Wunsch nach Flexibilität offenbar ein starkes Motiv ist und unverbindliche Last-Minute-Buchungen zunehmen, letztlich ist die Bindung an bestimmte Lehrende also doch entscheidend. Das bestätigt auch die Datenbank von Eversports: Wer einmal eine Klasse gefunden hat, die wirklich passt, der kommt in der Regel immer wieder.

Und was sagt uns das alles nun über den angeblichen Hype und sein Ende? Vielleicht vor allem das: Yoga entwickelt sich womöglich nicht mehr so exponentiell wie eine Zeit lang, das Angebot ist vielfältiger und flexibler geworden, es verteilt sich auf viel mehr Lehrende und etliche Studios können sich nicht halten. Dennoch wächst es weiter – in die Breite genauso wie in die Tiefe.

Hype vs. Normalität: Yoga in der Zukunft

Die Leipziger Studioinhaberin Lisa Hakim behauptet sogar: “Yoga ist in Deutschland noch gar nicht richtig angekommen!” Die 38-Jährige hat zwölf Jahre lang in den Vereinigten Staaten gelebt und ein Studio im New Yorker Stadtbezirk Brooklyn geleitet. Sie ist überzeugt: “Im Gegensatz zu den Deutschen wissen US-Amerikaner*innen, dass Yoga nicht nur der physischen, sondern auch der mentalen, also der ganzheitlichen Gesundheit dient. Und es ist ihnen bewusst, dass es dafür einer regelmäßigen Praxis bedarf.”

Lisa ist deshalb der Meinung, dass es gar nicht genug Yogastudios geben kann. “Ich glaube nicht, dass wir uns da gegenseitig im Weg stehen, denn wir haben ja alle das gleiche Ziel: Mehr Yoga braucht die Welt! Mehr Achtsamkeit braucht die Welt!” In ihrem Leipziger Studio setzt sie deshalb auf Yogaunterricht zu allen Tageszeiten, in mehreren Sprachen und verschiedenen Stilen sowie auf einige Klassen auf Spenden-Basis, bei denen man auch für einen geringeren Preis üben kann. Sie hofft, dass sich das Bild, das man in Deutschland von Yoga hat, in den nächsten Jahren weiterentwickelt: weg von den Hippie-Esoterik-Stereotypen, aber auch weg vom schicken Fitness-Lifestyle mit Green Smoothies und teuren Yogaklamotten. “Ich wünsche mir, dass die Menschen Yoga einfach als etwas ganz Alltägliches in ihr Leben einbauen.”

Vom Trend zur ernsthaften Praxis

Diese wachsende Normalität jenseits des modischen Hypes hat auch viel mit einer gesunden Ernsthaftigkeit zu tun: Yoga nicht als Mode, sondern als Methodik, die nicht beliebig ist, sondern einer gewissen Hinwendung, Regelmäßigkeit und Tiefe bedarf. Michael Forbes ist das bewusst, vielleicht auch weil Iyengar-Yoga mehr noch als andere Stile sehr viel Commitment erfordert: “Yoga ist nicht mehr der letzte Schrei, wenn man ihn als oberflächliches In-Thema betrachtet. Aber da ist eine Substanz, die den Hype nicht braucht. Dass uns die Gesellschaft anerkennt und uns die Krankenkassen unterstützen, ist viel wichtiger.”

Die Praxis ist daher aus gutem Grund vielfältiger geworden, sie darf verschiedene Formen annehmen und flexibler sein, aber eines steht fest: Es ist gut, wenn der oberflächliche Hype vorbei ist und diese Ernsthaftigkeit im Yoga wieder zu einer Normalität wird, die weiter wachsen darf. Michael formuliert es so: “Eine echte Yogapraxis verändert das Leben. Und umgekehrt: Um sich eine echte Yogapraxis zu leisten, muss man Yoga wirklich in das Leben integrieren.”


Unsere Autorin, die Iyengar-Yogalehrerin Nici Tannert, freut sich über ihre teilweise weit entfernt lebenden Onlineschüler*innen, die nicht mehr nur alleine am Bildschirm üben, sondern sich in Gruppen zu Hause treffen und sie dann zuschalten. Mehr Info auf yogakraftwerk.de


“Komme ich heute nicht, komme ich morgen.” Flexibler Drop-in vs. 10er-Karte. In diesem Artikel haben wir uns mit dem Thema Verbindlichkeit beschäftigt und gefragt, inwiefern sie mit echter Verbundenheit zusammenhängt:

Zeitmanagement & Yoga: Wie schaffst du es trotz Alltag auf die Matte?

Mutter und Kind üben Yoga

Wie können wir uns motivieren, unsere Yogapraxis aufrecht zu erhalten, wenn wir immer weniger Zeit haben? Müssen wir auf etwas verzichten, wenn Kinder ins Spiel kommen? Unser Autor geht der Sache anhand der alten Göttergeschichten auf den Grund und stellt fest: Die Entscheidung liegt bei uns.

Text: Ralf Sturm / Titelbild: Vitaly Gariev via Pexels

Als wieder mal Süßigkeiten aus der Küche verschwunden waren, stellte Krishnas Mutter ihren kleinen Sprössling zur Rede. Als sie in seinen offenen Mund schaute, um Reste vom Milchkuchen zu finden, sah sie nicht nur das Dessert. Sondern nach der Geschichte gleich das ganze Universum darin. Auf diese Weise brachte der kleine Krishna seine Mutter dazu, sich der Selbstverwirklichung zu widmen. Bei uns scheint es manchmal umgekehrt zu sein. Bevor die Kinder kamen, hatten wir es noch einfach, ins Yogastudio zu gehen oder im Wohnzimmer die Matte auszurollen. Jetzt ist entweder keine Zeit oder kein Raum da, um in Ruhe zu üben.

Wenn es nicht Kinder sind, dann werden oft auf einmal die beruflichen Anforderungen größer. Irgendwo tauchen früher oder später Gründe auf, die uns Zeit rauben und uns nach Erklärungen suchen lassen, warum Asanas auf einmal nicht mehr so wichtig sind. Wir haben kaum mehr Zeit, uns zur Meditation aufs Kissen zu setzen. Anfangs ist das kein Problem. Wir hatten ja auch die Lehren des Advaita Vedanta verstanden: Alles ist Eins. Das machte uns eine zeitlang noch stressresistent. Nach einigen Monaten ohne Praxis meldet sich aber auch der geduldigste Körper. Das früher geschmeidige Gewebe fühlt sich auf einmal verhärteter an als im vergangenen Sommer, als wir den Morgen noch mit Surya Namaskar begrüßt haben. Und dem Quengeln des Nachwuchses. Oder dem übervollen Schreibtisch am Arbeitsplatz begegnen wir auch nicht mehr so gelassen. Das Zeitmanagement für die Yogapraxis misslingt.

Zeitmanagement im Alltag: Der Alltag als Lehrer

Wie hat sich Krishnas Mutter die Zeit genommen, zu meditieren? Auf jeden Fall hatte sie mit ihrem Sohn eine große Inspiration. Die haben wir durch unsere Kinder auch. Wenn meine Schultern oder Rückenmuskeln sich melden, weil ich mal wieder die Kleinen durch unser großes Haus getragen habe, weiß ich, welche zwölf Übungen mir helfen. Und wenn die Tochter Zähne bekommt und uns das nachts lautstark wissen lässt, wird sie zu meiner Meditationslehrerin.

Foto: Vitaly Gariev via Pexels

Die alten Yogaschriften haben uns keine einfachen Tipps gegeben, an welchen Stellen wir Zeit einsparen können, um mehr Raum für unsere Praxis zu finden. Aber wenn uns die Anforderungen des Alltags zu überrollen scheinen, kann ein kurzes Lesen in Patanjalis Yoga-Sutren oder der Bhagavad Gita nicht schaden. “Yoga ist Geschick im Handeln”, heißt es da. Oder man bekommt wieder Lust auf das Zur-Ruhe-Kommen der Gedanken im Geist. Das findet man natürlich auch in jedem anderen guten Buch aus anderen Kulturen.

Warum Prioritäten entscheidend sind

Letztendlich muss das jeder Mensch für sich selbst umsetzen. Wenn es irgendwo weh tut, könnten wir zwar immer wieder eine*n Heiler*in aufsuchen. Der wirklich entscheidende Schritt auf die Yogamatte oder das Sitzen auf dem Meditationskissen, das kommt schließlich doch von uns selbst. Wir sind die einzigen, die uns wirklich mit dem Zeitmanagement helfen können. Und nur wenn es uns gut geht, können wir anderen dienen. Unseren Kindern oder unserem Partner oder der Partnerin.

Es ist die Intention, die uns trägt. Wenn das Zeitmanagement einmal wieder kippt, hilft die Frage: Was ist mir wirklich wichtig? Krishna hat seiner Mutter mit dem Abbild des kosmischen Spiels in seinem Mund einen schönen Anreiz gegeben, sich nicht nur ums Tagesgeschäft zu kümmern, sondern auch für ihre innere Stille zu sorgen. Ich helfe meiner Familie vielleicht am meisten damit, dass ich morgens eine halbe Stunde früher aufstehe und mich Shirshasana und Trikonasana widme. Dann geht es mir gut. Und meine Lieben freuen sich auch.


RALF STURMs Geschichten von den Göttern gibt es zusammen mit Yoga-Übungen von Katharina Middendorf im Buch und auf der CD “Götter-Yoga”. Mehr zu ihm und seiner Arbeit auf nivata.de

Zum Weiterlesen: Im YOGAWORLD JOURNAL 05/2025 dreht sich alles rund um das Titelthema “Zeit”. Wie wir mit dem ständigem Fluss der Zeit umgehen, warum effizientes Zeitmanagement nicht immer die Lösung ist und vieles mehr. Hier kannst du dir das Heft bestellen: