“Detox at home”: Dein Herbst-Detox-Programm

Herbst Detox

Der Herbst ist eine Zeit des Übergangs und ein idealer Zeitpunkt für ein sanftes Detox-Programm, das Körper und Geist entschlackt und das System auf die kalte Jahreszeit vorbereitet. Hier die ganz persönlichen Tipps der Münchner Yogalehrerin Gabriela Bozic für ein “All Inclusive”-Kurzretreat der besonderen Art – nämlich in den eigenen vier Wänden.

Text: Gabriela Bozic / Titelbild: burst via Pexels

In erschöpften Phasen sehnen wir uns nach Ruhe und Schlaf, sind jedoch oft zu gereizt, um wirklich loslassen oder tief schlafen zu können. Finde dein natürliches Gleichgewicht und die Leichtigkeit des Seins wieder, indem du dir Zeit für ein Mini-Regenerations-Retreat zu Hause nimmst! Du musst nämlich nicht weit weg fliegen, um dich zu erholen. Man begegnet sowieso immer nur sich selbst, egal ob am Strand in Thailand, in einer Höhle im Himalaya oder im eigenen Wohnzimmer. Bei einer akuten Erschöpfung kann es sogar effektiver sein, zu Hause zu bleiben. In der Regel ist unser Zuhause ein Ort, an dem wir loslassen können und uns geschützt fühlen – der perfekte Ort für ein regeneratives Kurzretreat!

Stärke deine Lebensenergie

Die Inspiration für dieses Retreat lieferte mir eine uralte Yoga-Tradition: Kayakalpa verjüngt Körper, Geist und Psyche, indem es die Lebensenergie stärkt. Auf Sanskrit bedeutet “kaya” Körper und “kalpa” unsterblich. Die Wissenschaft des Kayakalpa beschreibt, auf welche Weise unser menschlicher Körper “unsterblich” wird – es reinigt, nährt und belebt die einzelnen Bestandteile des Körpers, Geistes und der Psyche mit Ernährungstipps, Yoga- und Meditationstechniken. Drei Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt: Die Jugend und Gesundheit des Körpers zu erhalten, dem Alterungsprozess entgegen zu wirken und den Tod solange hinauszuzögern, bis man spirituelle Perfektion erlangt hat.

Herbst-Detox: Die Vorbereitung

  • Reduziere bereits in den Wochen oder Tagen vor dem Retreat deinen Koffein-Konsum.
  • Erzähle Familie und Freunden von deinem Herbst-Detox-Plan, um ungestört zu bleiben, und schalte deine Abwesenheitsassistenten ein.
  • Bereite dich vor und kaufe alle Zutaten für die Mahlzeiten ein. Das Kitchari und die Gemüsebrühe solltest du schon im Vorfeld zubereiten, um jederzeit essen zu können.
  • Mache dich nicht mit einem “Schlafplan” verrückt. Während des Retreats solltest du immer dann schlafen und ausruhen, wenn dir danach ist. Laut Ayurveda ist die beste Zeit zum Einschlafen um 22:30 Uhr und zum Aufwachen zwischen 6:00 und 6:30 Uhr morgens. Körper und Geist erhalten dadurch mehr Stabilität – fühle dich aber frei, deinen eigenen Rhythmus zu finden.

Nicht verpassen: Im neuen YOGAWORLD JOURNAL 06/2025 zeigt Gabriela dir eine Praxis, die dich perfekt auf einen erholsamen Schlaf vorbereitet. Ab 28.10.2025 im Handel erhältlich!

Beginne mit Entschleunigung

Detox

Die wichtigste Voraussetzung für das Mini-Retreat sind Ruhe und Rückzug. Achte darauf, dass du in diesen Tagen vollkommen für dich bist und mit niemandem sprichst – auch nicht am Telefon. Suche keinerlei Ablenkung in Form von Fernsehen, Radio, E-Mails, Büchern oder Musik. Mit anderen Worten: Lasse jegliche Stimulation von außen weg! Den Raum, in dem du schläfst, solltest du vollkommen abdunkeln können. Dein Körper wird sich nur dann völlig erholen können, wenn du ihm erlaubst, ganz abzuschalten. Unser Alltag ist normalerweise so angehäuft mit Stimuli, dass sich unsere Organe in einem konstanten Stresszustand befinden. Dadurch kann es zu einer Nebennierenschwäche kommen, die eine Ursache des Burn-Out-Syndroms ist.

Die richtige Ernährung

Iss während des Retreats bewusst und entwickle eine gute Beziehung zu deiner Nahrung: Sie soll uns im wahrsten Sinne des Wortes nähren und stärken, und nicht Kraft und Klarheit rauben. Deshalb solltest du während des Retreats bewusst auf Substanzen verzichten, die die Leber und den Geist belasten – also Alkohol, Koffein, Zucker, Salz und industriell verarbeitete Lebensmittel. Die hier vorgeschlagenen basischen Speisen sind auf die sanfte Entlastung des gesamten Organismus abgestimmt. Die Speisen sollten idealerweise aus frischen und zu 100 Prozent biologischen Zutaten sowie mit viel Liebe und Achtsamkeit vorbereitet sein.

Iss dich satt, aber nicht zu viel

Während des Retreats wirst du einmal täglich Haferbrei, zweimal am Tag Kitchari und zwischendurch Gemüsebrühe, heißes Wasser und Kräutertee zu dir nehmen. Iss so viel, dass du dich gesättigt, jedoch nicht zu voll fühlst, und unterstütze so dein Verdauungsfeuer. Nimm deine Mahlzeiten an einem ruhigen Ort ohne Ablenkung zu dir. Kaue dein Essen langsam und bewusst. Solltest du noch hungrig sein, iss als Nachspeise ein paar Bio-Apfelscheiben oder frisches Gemüse.

Tagesplan für deine Detox-Kur

Frühstück: Trinke direkt nach dem Aufstehen zwei Tassen warmes Wasser mit Zitrone und zwei Scheiben frischem Ingwer. Iss etwa 20 Minuten später eine Schüssel Haferbrei pur (ohne Salz, Zucker oder (Soja-)Milch).

Mittagessen: Eine Schüssel Kitchari. Trinke tagsüber zwischendurch Kräutertee und warmes Wasser. Solltest du trotzdem noch Hunger haben, kannst du Bioäpfel und frisches oder gedünstetes Gemüse essen.

Abendessen: Trinke 20 Minuten vor dem Essen ein Glas warmes Wasser. Dein Abendessen besteht aus einer Schüssel Kitchari und einer Schüssel Gemüsebrühe.

Haferbrei, Kitchari und Gemüsebrühe: Die Zubereitung

Einkaufsliste: Hafer- oder Reisflocken, brauner Reis, Mung-Dhal, Kombu-Meeresalgen, Äpfel, Karotten, Rote Beete, Zitronen, Gurken, verschiedenes grünes Gemüse wie Zucchini, Spinat und Grünkohl, Kräutertee, eine abführende Teesorte.

Haferbrei: Messe etwa eine halbe Tasse Haferflocken ab und gib sie zusammen mit zwei Tassen kaltem Wasser in eine mittelgroße Pfanne. Bringe die Flüssigkeit kurz zum Kochen und reduziere anschließend die Hitze auf ein Minimum. Lasse den Brei etwa 10 Minuten vor sich hinköcheln.

Kitchari: Messe 1 ½ Tassen Mungbohnen (die du zuvor mindestens drei Stunden eingeweicht hast, idealerweise über Nacht) und ½ Tasse braunen Reis ab, gib alles in einen großen Suppentopf und 10 Tassen Wasser zu. Füge ein Stückchen getrocknete Kombu-Meeresalge zu – dadurch wird die Konsistenz der Mungbohne positiv beeinflusst, so dass sie besser zu verdauen ist. Kurz aufkochen und dann für etwa eine Stunde köcheln lassen. Du kannst ein paar Stücke grünes Gemüse und etwas Zitronensaft hinzufügen. Bewahre die Reste im Kühlschrank auf: Du kannst das Kitchari über mehrere Tage hinweg verzehren.

Gemüsebrühe: Gib klein geschnittenes Gemüse sowie Kartoffel-und Karottenschalen in einen großen Topf und gib so viel gefiltertes Wasser hinzu, dass das Gemüse komplett bedeckt ist. Bringe den Inhalt zum Kochen und lasse ihn anschließend etwa eine Stunde lang bei geringer Hitze köcheln. Schütte die Suppe durch ein Sieb und trinke nur die Flüssigkeit.


Gabriela Bozic unterrichtet weltweit Workshops, Ausbildungen und Retreats. Mehr zu Gabi findest du unter www.gabrielabozic.com  und auf Instagram.

Filme und Dokus, die Yogi*nis lieben

Yoga abseits der Matte: Das lässt sich unterschiedlich gestalten, denn Yoga ist ein Lifestyle und bereichert unser Leben in verschiedenster Weise. Die berühmte Self-Care-Praxis ist ein großer Teil der Lehre und dazu darf man ruhig mal ein paar gemütliche Stunden auf der Couch beim Fernsehen verbringen. Schließlich gibt es so einige Filme und Dokumentationen, die unsere Yogapraxis auf eigene Weise bereichern. Wir haben dir die Favoriten der Redaktion herausgesucht, die auf deine To-Watch-Liste gehören. //anzeige

Der Yoga-Kult

Die dunkle Seite der Macht… Sie war charismatisch, witzig, inspirierend – auch bei uns im Heft kam sie bis zu ihrem frühen Tod 2021 regelmäßig vor. Doch hinter der lebensfroh-spirituellen Fassade soll es noch eine andere Guru Jagat gegeben haben. Eine, die sich irgendwann „der Dunkelheit angeschlossen“ haben soll. Das sagt ihre Mutter in dieser vierteiligen Doku-Serie. Trotz des mitunter etwas theatralischen Stils ein sehenswerter Blick auf die Schattenseiten des Wellness-Booms. Zu streamen über WOW/Sky.


The Yoga Teacher

Namaste, Nervenzusammenbruch! Manchmal muss es einfach eine Rom-Com sein, bei der man den grauen Herbst ausblenden und sich einfach nur entspannen kann. In diesem verhilft Yogalehrerin Ann (Heather Graham) anderen, ihre innere Mitte zu finden, steht aber selbst kurz vor dem Durchdrehen angesichts von Familien-Chaos, eines ungeschickten Händchens bei der Männerwahl und, und, und. Ein Lichtblick scheint der bodenständige Steve (Jonathan Brotherton) zu sein – hätte der nicht eine äußerst eifersüchtige 7-jährige Tochter (Ella Grace Helton) …


Der Salzpfad

Was bleibt, wenn alles verloren scheint? „Vielleicht sollten wir einfach laufen“, schlägt Raynor (Gillian Anderson) ihrem Mann Moth (Jason Isaacs) vor. Das Ehepaar steht vor dem Nichts: Durch ein riskantes Investment hat es Haus und Vermögen verloren, dazu kommt Moths Parkinson-Diagnose. „Laufen verschafft uns Zeit zum Nachdenken“, glaubt Raynor. Und so wandern die beiden los, mittel- und obdachlos, rund 1000 Kilometer die englischen Küste entlang … Ein leiser, eindringlicher Film nach der wahren Geschichte von Moth und Raynor Winn, die Letztere in ihrem gleichnamigen Bestseller verarbeitet hat.


Mein Weg – 780 km zu mir

Man müsse dorthin gehen, wohin das Herz einen führt, heißt es an einer Stelle in Bill Bennetts Spielfilm über seine Jakobsweg-Erfahrung. Im australischen Original klingt das „heart“, mit italienischem Akzent gesprochen, ein bisschen wie „hurt“, „Verletzung“. Und vielleicht ist das manchmal auch dasselbe. Tatsächlich hat der Schmerz etliche der Pilgerinnen und Pilger, die einem in diesem leise-humorigen Streifen begegnen, auf den Jakobsweg geführt. Die Krankheit der Ehefrau, eine vermeintliche Schuld, Sinnfragen … Einzig der Regisseur selbst, im Film verkörpert von der australischen Kinolegende Chris Haywood, weiß im Grunde gar nicht so genau, was ihn überhaupt hierher getrieben hat, er empfindet sich nicht mal als sonderlich spirituell veranlagt. Denn ja, der Film beruht auf wahren Begebenheiten – beziehungsweise auf dem Buch, das Bill Bennett über seine eigene Pilgerreise geschrieben hat. Während eines Spanienurlaubs mit seiner Frau Jen (gespielt von der echten Regisseurs-Ehefrau Jennifer Cluff) waren ihm ein paar seltsame Gestalten auf Pilgerschaft aufgefallen. Was trieb diese Verrückten hierher? So nutzlos er ihr Unterfangen fand: Nun wollte er selbst herausfinden, was es damit auf sich hat.

Nein, das ist nicht der erste Jakobsweg-Film und wird vermutlich auch nicht der letzte sein. Dennoch ist „Mein Weg – 780 km zu mir“ allein schon wegen seiner Authentizität und Wärme sehenswert. Man bekommt direkt Lust, selbst die Wanderschuhe zu schnüren und loszulaufen, um die Welt, andere Menschen und natürlich sich selbst zu entdecken.


Somatic Yoga Grundausbildung mit Manuela Berndt: Die Kraft der sanften Bewegung

Somata Yoga Grundausbildung mit Manuela Berndt

Vom Tanz über Yoga zur somatischen Körperarbeit: Genau diese Kombi macht Manuela Berndt zu einer inspirierenden Lehrerin. Mit ihrem Buch “Somatisches Training – Die Kraft der sanften Bewegung” und ihrer Somatic Yoga Grundausbildung öffnet sie einen Raum, in dem Körper, Nervensystem und Achtsamkeit in Einklang kommen.

Vom Tanz zur somatischen Körperarbeit

Wer Manuela kennenlernt, spürt sofort: Bewegung ist ihr Lebensthema. Schon als Kind hat sie getanzt, später stand sie als Bühnentänzerin auf der Bühne und arbeitete als Choreografin. Doch für sie war Tanz nie nur Ausdruck im Außen – schon früh interessierte sie sich für den inneren Prozess.

“Ich nehme das gar nicht als Wandel wahr, denn es gibt sehr viele Überschneidungen zwischen den verschiedenen Methoden und meinem Tanzbackground. Schon als Tänzerin habe ich mich unter anderem auf Contact Improvisation und Release Techniken spezialisiert – somatische Herangehensweisen im Tanzbereich.”

Yoga begleitete sie von Beginn an: als Ausgleich zum Training, als Halt in einem intensiven Bühnenleben. Was zunächst ergänzend begann, wurde mit den Jahren zu einer tragenden Säule. Schon während ihrer Tanzkarriere fing sie an, Yoga zu unterrichten und erlebte es nicht als Bruch, sondern als natürlichen und fließenden Übergang: “Das Thema Bewegung vereint alles miteinander und begleitet mich seit meiner Kindheit in verschiedenen Varianten und Formen.”

Heute arbeitet Manuela als Somatic Coach, Yogalehrerin, Ausbilderin und Dozentin in ihrem eigenen Studio in Berlin – einem Ort, der ihre Arbeit auf besondere Weise trägt.

Somatic Yoga: So wirkt es auf Körper und Nervensystem

“Das Zusammenspiel von Bewegungsapparat und Nervensystem ist das Fundament der somatischen Methodik. Durch die Übungssequenzen wird der physische Körper aktiviert und harmonisiert. Gleichzeitig richtet sich der Fokus auf Innenschau und Selbstregulierung. Die beiden Stränge des Nervensystems – somatisches und vegetatives Nervensystem – werden in der Praxis angesprochen und ausbalanciert. Wenn das Nervensystem frisch und ausgeruht ist, sind Körper und Geist lebendig. Infolgedessen sind unsere Gedanken kraftvoll und klar, unsere Handlungen entschlossen. Bewegung fühlt sich in diesem Zustand locker und mühelos an, frei von Einengung oder Begrenzung.”

Ein Studio als Resonanzraum

Manuela liebt es, in ihrem eigenen Raum zu wirken. Für sie bedeutet das Freiheit, Selbstbestimmung aber auch Verantwortung: “Ich habe immer selbständig gearbeitet und empfinde es als große Freiheit, in meinen eigenen Räumen zu praktizieren. Dieser Standort ermöglicht mir Unabhängigkeit und kreative Gestaltung meiner Tätigkeit. Gleichzeitig bringt diese Art der Selbstbestimmung auch viel Verantwortung mit sich – von der Planung, über die Ausführung aller Kurse und Termine, bis hin zur Studioreinigung, Organisation und Administration. Tatsächlich erledige ich das alles aber sehr gerne, denn ich spüre immer direkt die Effekte der Energie, die ich in mein Studio investiere.”

Somata Yoga Grundausbildung mit Manuela Berndt

So wird das Studio zu einem Resonanzraum: für sie selbst, für ihre Teilnehmer*innen, für alle, die Bewegung nicht nur machen, sondern erleben wollen.

Das Buch: “Somatisches Training – Die Kraft der sanften Bewegung”

2025 erschien Manuelas Buch. Es ist eine Liebeserklärung an die sanfte Bewegung – und eine Einladung, tiefer zu schauen: “Neben der vielseitigen somatischen Bewegungspraxis interessieren mich besonders die Entwicklung der Methode sowie die historischen Zusammenhänge, die ich mit meinem Buch etwas mehr ins Licht rücken möchte.”

Denn Somatic Yoga ist für sie kein Trend, sondern Teil einer Bewegung, die in den 1960er- und 70er-Jahren entstand – mit Pionieren wie Moshé Feldenkrais oder Thomas Hanna und mit Manuelas Lehrer Tias Little, der aktuell in den USA unterrichtet. Gemeinsam ist allen somatischen Methoden der Fokus nach innen. Weg von Leistungsdenken, hin zu Achtsamkeit und Wahrnehmung.

„Ich möchte den Menschen mitgeben, dass sie unabhängig von allgemein gültigen Körperbildern und physischen Fähigkeiten (…) bis ins hohe Alter körperlich aktiv und gesund bleiben können.“

Die Somatic Yoga Grundausbildung: Start im Januar 2026

Am 24. Januar 2026 startet Manuelas Somatic Yoga Grundausbildung. Drei Wochenenden – in Berlin oder online via Zoom – geben dir die Möglichkeit, tiefer in somatische Bewegung einzutauchen und sie nachhaltig in deinen Alltag zu integrieren. “Die Online-Teilnahme ermöglicht es Menschen teilzunehmen, für die die Fahrt nach Berlin nicht möglich ist. Natürlich ist das live Erlebnis immer ein anderes, aber ich unterrichte Somatics oft im Hybrid-Modus und das hat sich für alle bewährt, die auf diesem Weg einen Zugang zur Praxis bekommen.”

Manuela hat dabei ein klares Konzept. Ihre Schüler*innen sollen lernen, üben, verinnerlichen und weitergeben. Zwischen den Modulen liegt jeweils ein Monat Pause, um das Erlernte sacken zu lassen und in die eigene Praxis zu integrieren.

„Im somatischen Training ist der eigene Körper der wichtigste Lehrer. Wenn wir ihm vertrauen, ihm Zeit geben und achtsam sind, werden wir langfristig mit mehr Aktivität, Mobilität und Regeneration belohnt.“

Drei Module, drei Tore zur Tiefe: Das erwartet dich

Modul 1: Die Kraft der sanften Bewegung
Einführung in somatische Philosophie, Anatomie, Iliopsoas, Beckenboden, Atmung und Entspannung.

“Am ersten Ausbildungswochenende legen wir das Fundament … Diese Inhalte sind wichtig, um die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Körpersystemen und der Wirkungsweise der Praxis zu verstehen.”

Modul 2: Im Netz der Beweglichkeit
Faszienarbeit, Bewegungsqualitäten, Spiralen & Diagonalen, Symmetrie & Asymmetrie.

“Die fließenden somatischen Abläufe bewirken Auflockerung, Geschmeidigkeit und Durchlässigkeit im Körper. … Bewegung hat sich für mich nie besser angefühlt als im somatischen Training.”

Modul 3: Somatic Yoga zur Prävention und Regeneration
Mobilität, Brustkorböffnung, Arbeit an Schulter, Hüfte und Wirbelsäule.

“Somatic Yoga ist besonders wirksam als regelmäßige Praxis zur Prävention von Bewegungsmangel, Haltungsschäden und Fehlbelastungen. … Wir verinnerlichen das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe, um uns mit Bewegung in anspruchsvollen Zeiten selbst zu regulieren.”

Wirkung im Alltag: Nervensystem & Selbstregulation

Somata Yoga Grundausbildung mit Manuela Berndt

Somatic Yoga geht tiefer als klassische Asanapraxis. Es löst Bewegung von Form, richtet den Blick nach innen und stärkt die Verbindung von Körper und Nervensystem. “Durch die Übungssequenzen wird der physische Körper aktiviert und harmonisiert. Gleichzeitig richtet sich der Fokus auf Innenschau und Selbstregulierung,” erklärt Manuela. Dadurch wird Bewegung frei, leicht und mühelos. Es ist diese Kombination aus Tiefe und Sanftheit, die Somatic Yoga so besonders macht.

Für wen ist die Ausbildung geeignet?

“Die Verbindung von fundierter Anatomie, somatischer Erfahrung, sanfter Bewegung und Achtsamkeit – kombiniert mit einem strukturierten, leicht integrierbaren Format – macht diese Ausbildung einzigartig.”

Ganz bewusst richtet sich die Ausbildung an alle, die neugierig sind, Bewegung neu zu erleben:

  • Yogalehrende, die ihre Praxis vertiefen und bereichern wollen
  • Coaches und Therapeut*innen, die somatische Elemente in ihre Arbeit integrieren möchten
  • Neugierige, die mehr über Körperwahrnehmung, Faszien und Selbstregulation erfahren wollen

Deine Einladung

Wenn du spürst, dass diese sanfte Art von Bewegung dir guttun könnte, dann höre auf Manuelas Worte: “Somatic Yoga kann schnell erlernt, mit wenig Aufwand praktiziert und ganz einfach in den Alltag integriert werden. Ich lade dich ein, deinen eigenen Interessen zu folgen und an dem zu arbeiten, was dir guttut und dich neugierig macht.”


Mehr Info zu Manuela:

Insta: @somata.bewegungstraining
Webseite: somata-bewegungstraining.de

Fotos: Jeanette Sophie Friedrich
Portrait: Jule Halsinger

Diwali – das Fest der Lichter

Dewali Lichterfest

Am 20. Oktober 2025 feiern Gläubige in Indien, Sri Lanka, Nepal und anderen hinduistisch geprägten Ländern das Diwali-Lichterfest – auch Deepavali genannt. Für viele Hindus ist es – wie für uns Christen Weihnachten – das höchste Fest, das je nach Region zwischen einem und fünf Tagen dauert.

Titelbild: Udayaditva Barua via Unsplash

Das Lichterfest findet jedes Jahr am 15. Tag des Hindumonats Kartik, der von Mitte Oktober bis Mitte November dauert, statt und fällt dabei auf die Phase des Neumonds.

Die Kernbotschaft des Festes ist der Sieg des Guten über das Böse, der Wahrheit über die Lüge, des Lichts über den Schatten sowie des Lebens über den Tod. Lampen sollen den Seelen der Verstorbenen den Weg ins Nirwana leuchten.

Diwali in der hinduistischen Mythologie

In der hinduistischen Mythologie markiert Diwali die Rückkehr des Lord Rama und seiner Frau Sita (die den Geist symbolisiert) in ihr Königreich Ayodhya, nachdem sie 14 Jahre im Exil verbracht hatten. Ihre Geschichte wird in der alten indischen Sage Ramayana erzählt, die eines der größten Epen der Weltliteratur ist, das rund 24 000 Verse umfasst.

Sie erzählt vom Leben Ramas und von seinem Kampf, in dem er seine Frau vor dem zehnköpfigen Dämonenkönig Ravana (der das Ego repräsentiert) rettet. Dieser hatte Sita entführt und nach Lanka verschleppt. Mit Hilfe seines treuen Freundes, des Affengottes Hanuman, der Prana symbolisiert, rettet Rama Sita nach einem schrecklichen Kampf.

Um die Rückkehr ihres Königs und ihrer Königin zu feiern, zündeten die Bewohner von Ayodhya Reihen von Lehmlampen an, um den Weg in einer dunklen Neumondnacht zu beleuchten, während Blumen und Girlanden vom Himmel herabregneten.

Eine weitere wichtige Gottheit, die im Zuge von Diwali gefeiert wird, ist Lakshmi. Die Menschen beten die Göttin an, indem sie die verheißungsvolle Lakshmi Puja in ihren Häusern und Büros durchführen und sie bitten, sie mit Wohlstand, Glück, Frieden und Reichtum zu segnen.

Prashant Gupta Light Ceremony
Bild: Prashant Gupta via Unsplash

Feiertage rund um Diwali

Da der indische Subkontinent so riesig ist, gibt es große regionale Unterschiede, was die Feierlichkeiten betrifft. In den meisten Staaten erstrecken sich die Feste rund um Diwali über fünf Tage. Im Staat Maharashtra, zum Beispiel, beginnt Diwali schon einige Tage vor dem eigentlichen Diwali-Fest mit Govatsa Dwadashi, auch bekannt als Nandini Vrat. An diesem Tag werden Kühe und Kälber verehrt und mit Weizenprodukten gefüttert. Der Verzehr von Rindfleisch und Weizenprodukten ist den Menschen verboten.

Einen Tag später – ab hier sind die Feierlichkeiten fast überall ähnlich – ist Dhanteras, oder Dhantrayodashi. Hier wird auch schon die Göttin Lakshmi verehrt sowie mancherorts der Lord Kubera, ebenso Gott des Wohlstands, und Lord Dhanvantari, der mit dem Ayurveda assoziiert wird.

Daraufhin findet Narak Chaturdashi (auch Choti Diwali), beziehungsweise Kali Chaudas statt. In beiden Fällen wird der Sieg über den bösen Dämonen Narakasura gefeiert, der Tausende Frauen in Gefangenschaft gehalten hatte. Im Fall von Narak Chaturdashi war es Krishna, der ihn besiegt hat und im Fall von Kali Chaudas, war es die Göttin Kali. Vor allem in Bengalen (Ostindien) wird Diwali grundsätzlich noch mehr mit Kali in Zusammenhang gebracht.

Der 20. Oktober 2025 ist der Tag der Hauptfeierlichkeiten von Diwali. Wie weiter oben beschrieben, stehen hier die Göttin Lakshmi und Ramas Rückkehr aus dem Exil im Vordergrund.

Weiter geht es mit Govardhan Puja. In Maharashtra ist dies schon der letzte Tag von Diwali. Es wird Krishnas Sieg über Indra, den Gott des Donners und Regens, zelebriert. Krishna hat in diesem Zuge den Berg Govardhan versetzt, um die Menschen der Stadt Gokul vor starken Regenfällen zu beschützen.

Mit Bhai Dhooj enden anschließend überall die Feierlichkeiten. An diesem Tag feiert man das starke Band der Liebe zwischen Bruder und Schwester, nach dem Vorbild von Yama und seiner Zwillingsschwester Yami. Die Brüder versprechen, ihre Schwestern zu beschützen und die Schwestern beten für ein langes Leben ihrer Brüder.

Bräuche zu Diwali

Wesentliche Merkmale von Diwali sind neben den Lichtern auch geschmückte und herausgeputzte Häuser, Festtagskleidung, ein reichhaltiges vegetarisches Essen, viele Süßigkeiten und natürlich Geschenke für die Kinder.

In der Vergangenheit zündeten die Menschen kleine Öl-Lampen an, die sie in Reihen an Fenster oder Eingänge stellten. Mittlerweile benutzen die Gläubigen jedoch eher elektrische Lichterketten, die die Wohnhäuser, Geschäfte und Straßen im ganzen Land erleuchten.

Diwali und Yoga

Diwali oder Deepavali, setzt sich aus den Worten “Deepa” (Licht, Lampe) und “Avali” (Reihe) zusammen und bedeutet eine “Reihe von Lichtern”. Das Fest hat eine reiche spirituelle Bedeutung. Die Lichterreihen stehen nicht nur für das Wesen des Lichts in unserem Leben, sondern sollen daran erinnern, über all das Gute im Leben nachzudenken.

Die mythischen Geschichten, die erzählt werden, weisen alle auf die Bedeutung von Wissen, Selbsterforschung und der Suche nach dem richtigen Weg im Leben hin. In den spirituellen Traditionen ist es eine Zeit, in der man sein inneres Licht entzündet – das Licht des Wissens, des Mitgefühls und der Freude. Eine Zeit, um eine Reihe von Lichtern in unserem Leben zu entzünden.

Diwali und die Bedeutung von Namasté

Im Kontext des Yoga steht Licht als Symbol, um unser Bewusstsein zu beschreiben. Je wacher und erhabener wir im Bewusstsein sind, desto heller leuchtet die Flamme des Bewusstseins. Als Yogi*nis ist es unser Ziel, den Körper durch Asana, Pranayama und andere Praktiken zu reinigen und zu “erhellen”. Wenn sich der Schleier der Unwissenheit hebt, sehen wir das helle Licht in uns – das wahre Selbst oder Atman. Dies ist das Licht, das wir anerkennen, wenn wir einander mit “Namasté” grüßen.

Licht gibt uns Klarheit. Unsere innere Vision besitzt dann genügend Entschlossenheit, um zwischen dem zu unterscheiden, was unserem Wachstum dient, und dem, was uns nicht dient. In diesem Sinne “Happy Diwali”!

Erfahre hier mehr über die Bedeutung von Namasté.

Perfektion im Yoga: Worum es dabei wirklich geht

Das Wort wabert wie ein Nebel durch die Yogaszene und -literatur: Perfektion. Aber was genau bedeutet das da überhaupt? Geht es nicht eigentlich um Akzeptanz und Loslassen? Unsere Autorin macht sich anhand der Yogaphilosophie auf die Suche.

Text: Sybille Schlegel / Titelbild: Alena Ozerova via Canva

Ein perfekter Körper in perfekter Pose, perfekter Hintergrund mit Meer und Palmen. Ist Instagram-Ästhetik der Maßstab für Perfektion im Yoga? Szenenwechsel: Orangener Indienfummel, Shiva-Zeichen aus Asche auf der Stirn, Wohnung und Job aufgegeben für ein Leben im Ashram. Ist ein radikaler Lifestyle-Wechsel Perfektion im Yoga? Noch mal Szenenwechsel: Muskeln ohne ein Gramm Fett, einarmiger Handstand, Luftanhalten wie ein Apnoe-Taucher. Ist optimale Leistungsfähigkeit Perfektion im Yoga?

Aber was ist das überhaupt, “Perfektion”? Der immer perfekt Bescheid wissende Duden definiert sie als “Vollendung” oder “Vollkommenheit” – also als einen Zustand, in dem nichts fehlt. So wie ein fertig gestelltes Puzzle: Kein Teil ist übrig, keine Lücke zu füllen, es bleibt nichts zu tun. Wie fühlt sich das an? Genau: still. Ruhig. Ohne Ursache für weitere Aktion. Es ist einfach da. Noch absoluter beschreibt es das Purna-Mantra aus den Upanishaden:

Purna ist eines der Sanskrit-Wörter für Perfektion. Man kann es auch übersetzen als Fülle, Vollkommenheit oder eben Vollendung. Das Mantra vermittelt uns: Vollkommenheit beschränkt sich nicht auf dieses oder jenes. Sie ist die Ursache und Quelle von allem, was entsteht – und was damit logischerweise auch vollkommen ist. Denn aus Vollkommenheit kann nichts Unvollkommenes erwachsen. Und selbst wenn aus der Vollkommenheit etwas entnommen würde (nämlich Vollkommenheit), bleibt Vollkommenheit zurück. So wie Wasser zurückbleibt, wenn man etwas davon herausschöpft.

Foto: Katerina Vulcova via Pixabay

Von Samskrta bis Siddhi und Vibhuti

Das nächste Wort, das mir in meiner themenbezogenen Kontemplation in den Geist kommt, ist Samskrta, das Sanskrit-Wort für Sanskrit. Denn das bedeutet? Richtig! Vollendet. Perfektioniert. Erfüllt. Die alte Sprache des Yoga bildet nämlich nach Vorstellung der indischen Weisen lautmalerisch das Universum in seiner “All-heit” nach und ab. Alle energetischen Aspekte sind da. Nichts fehlt.

“Aber vergiss nicht den Begriff Siddhi“, mischt sich mein Geist jetzt ein und beginnt sofort wie eine Einserschülerin darüber zu dozieren, wie das richtige Üben zu einem Ziel führt: “Sadhana ist das Üben auf ein Ziel hinzu – wie das Ausrichten von Pfeil und Bogen auf die Mitte der Zielscheibe. Siddhi ist das Erreichen des Ziels, also wenn der Pfeil getroffen hat: Vollkommenheit. In den verschiedenen Yogaschriften werden verschiedene Siddhis benannt, oftmals phantastisch anmutende Fähigkeiten wie zeitweise Unsichtbarkeit, Telepathie oder Teleportation, manche Siddhi-Meister können demnach alle Sprachen, sie kommunizieren mit Tieren oder gehen in fremde Körper hinein …”

“Ich weiß!”, unterbreche ich meinen Geist genervt. Doch wie immer ist er nicht zu bremsen: “Sogar der sonst so pragmatische Patanjali beschreibt sie im dritten Kapitel seines Yogasutra…” “Da heißen sie aber nicht Siddhi“, wende ich besserwisserisch ein, “sondern Vibhuti.” “Und auch das”, verkündet mein Geist, der ausnahmsweise ordentlich Vokabeln gelernt zu haben scheint, “heißt Vollkommenheit, Vollendung.” “Perfektion”, stöhne ich … Puh!

Lies dazu auch: “Vibhuti Pada: Freude am Üben vs. Selbstoptimierung”

“Yoga ist der Zustand, in dem man nichts vermisst.”

Ich winde mich auf meinem Meditationskissen und habe den Wunsch, das Bisherige mal auf den Tisch zu legen: Perfektion ist laut Yogaphilosophie also Vollkommenheit, Vollendung. Sie ist die Quelle aller Perfektion und unveränderlich da. Sie hat mit dem Sein als Solchem zu tun, kann sich aber auch in besonderen Fähigkeiten ausdrücken. Doch eigentlich bedeutet sie einen Zustand, in dem nichts fehlt.

Foto: chameleonseye von Getty Images via Canva

Diejenigen unter euch, die meine Artikel über Yogaphilosophie im YOGAWORLD JOURNAL regelmäßig verfolgt haben, erinnern sich vielleicht an die Definition des Yoga-Zustands von Shri Brahmananda Sarasvati, des Lehrers meiner Lehrerin: “Yoga ist der Zustand, in dem man nichts vermisst.” Anders gesagt: Im Zustand des Yoga ist man im Zustand der Perfektion. Erinnert euch an das Bild des fertigen Puzzles: Es bleibt nichts zu tun, es wird nichts vermisst, alles ist da und in Ruhe. Ein Zustand, der als universal, absolut und real wahrgenommen wird.

Der gegenteilige Zustand davon, in dem man sich laut Yoga Sutra 1.4 normalerweise befindet, ist individuell, partiell, eingeschränkt, scheinbar. Dieser Nicht-Yoga-Zustand muss die Welt des Geistes sein, denn Yoga bedeutet laut Yoga Sutra 1.2 ja, dass die Bewegungen des Geistes aufhören. Das ergibt Sinn, denn die Ideale, Konzepte, Kategorien und Maßstäbe, die aus dem Geist stammen, sind aufgrund ihrer Urheberschaft immer individuell, partiell, eingeschränkt, scheinbar. Das gilt sogar für so etwas wie körperliche Perfektion: Sie findet zwar in einem Teilbereich der manifesten Welt statt, nämlich im menschlichen Körper. Tatsächlich ist es aber ein kulturelles, ein geistiges Konzept, welche Art von Körper wir unserer Perspektive hier im Westen im Jahr 2025 als Ideal definieren. Mit anderen Worten: Es ist partiell, eingeschränkt, scheinbar.

Warum Perfektion nicht erreicht werden kann

Das Streben nach all den verschiedenen Vorstellungen von Perfektion, die dem Geist entspringen, ist entsetzlich anstrengend, denn – wie wir in den 1970ern in einem Lied aus der Sesamstraße gelernt haben: “Es gibt immer einen, der ist besser als du. Es gibt immer einen, der ist schneller als du…” Dieses Streben lebt von Messlatten und Vergleichen. Eine Karotte vor der Nase. Tatsächlich aber kann aus der Sicht der Yogaphilosophie niemals etwas Perfektion genannt werden, solange es lediglich teilweise und partiell ist. Dagegen ist das gesamte Sein, die gesamte Existenz ihrem Wesen nach in sich perfekt. In diesem Verständnis von Perfektion kann es keine Norm geben und auch kein Idealbild. Ein Puzzle ist eben nicht fertig, wenn man von drei Lamas, Bergen und Himmel nur ein Lama gepuzzelt hat und den Rest des Bilds nicht sieht, weil es sich in einem Haufen bunter Pappteilchen verbirgt.

Foto: El Jundi via Pexels

Genau da setzt die Yogaphilosophie an: Es geht darum, sich aus der partiellen, individuellen Gedankenwelt des Geistes zu lösen, um dahinter eine andere, vollkommene Welt zu entdecken. Sie ist immer schon da und in jedem von uns vorhanden, aber wir sehen sie meistens nicht, weil die Netflix-Serien des Geistes einfach zu spannend, lustig, inspirierend, dramatisch, gruselig oder abenteuerlich sind. Wer würde Stille und Frieden wählen, wenn man ständige Ablenkung haben kann? Das Selbst ist das Sein, absolut vollkommen – vollkommen absolut.

Ist es das Ziel unseres Übens, des Sadhana? Ja. Können wir es damit erreichen? Nein. Es ist so: Ein Sadhana, kann uns darin unterstützen, in unserer Bereitschaft zu reifen, dem Geist nicht länger zu glauben. Weil wir ihn irgendwann erschöpfend betrachtet haben und erkennen, dass er unstet ist und somit nicht absolut. Das Ziel – unser echtes, vollkommenes Selbst – kann deshalb nicht erreicht werden, weil wir es ja schon sind. Es ist da.

Perfektion loslassen und finden

Das ist ein wenig so, wie wenn man seine Brille sucht, die aber auf dem Kopf ist: Erst, wenn sie in der Umgebung wirklich nirgends aufzufinden ist, gibt man auf. Lässt das Suchen los. Und wird offen für das Spüren der Brille auf der Kopfhaut. Findet, was nie weg war. Im Yoga das Selbst, das Sein, die Perfektion. Jedes Getrenntsein, jede einseitige Perspektive, jede Vergleichsmöglichkeit hört auf. Alles ist da. Und man erkennt: Aham Brahm’asmi – Ich bin alles. Brahman, die letzte Sanskrit-Vokabel in diesem “perfekten” Artikel, ist das Absolute. An ihm haben wir Anteil über Atman, das Selbst. Dieses Selbst und das Absolute sind eins. In den Upanishaden heißt es daher: Tat tvam asi – Du bist das. Du bist Brahman, das Große, Absolute. Perfekte.

Man kann dies und jenes tun, um sich reif zu machen für den Sprung in diesen Zustand des Yoga. Eines dieser Dinge ist laut Patanjali das wiederholte Chanten von Om (Pranava). Aber das, worauf man zielt, trifft einen schließlich …

Tipp: Mehr zum Thema “Perfektion” liest du im YOGAWORLD JOURNAL 02/2025, aus dem dieser Artikel stammt.


Unsere Philosophie-Expertin Sybille Schlegel hat sich beim Schreiben dieses Textes wieder darauf besonnen, dass sie sich in all ihrer alltäglichen Unperfektheit doch perfekt wissen darf.

Nach vielen Jahren als Yogalehrerin und -ausbilderin konzentriert Sybille sich jetzt ganz aufs Üben und Schreiben. Du findest sie auf Instagram unter: @sybi_bille

Auf unserer Webseite findest du noch viele weitere Texte von Sybille. Lies zum Beispiel hier weiter:

Macht Meditation uns zu besseren Menschen?

Seien wir mal ehrlich: Leute, die Yoga üben oder meditieren (Anwesende natürlich ausgenommen), tun manchmal schon so, als wären sie bessere Menschen. Aber stimmt das? Und falls ja, was ist die Ursache, was die Wirkung?

Text: Ulrich Hoffmann / Titelbild: GaudiLab via Canva

Jede wachstumsorientierte Großfirma bietet heutzutage Meditationskurse an: Google. Die Deutsche Bank. SAP und die US Army. Warum sie das tun, liegt auf der Hand: Meditation fördert Konzentration und Kreativität, erhöht also die Produktivität. Steve Jobs hat meditiert und dann das iPhone erfunden, also los, Leute!

Meditation (nur) Mittel zur Energiegewinnung?

Wenn du ein bisschen allergisch darauf reagierst, dass man Meditation (nur) als ein Mittel zur Energiegewinnung und Profitsteigerung ansieht, hast du natürlich recht: Meditation ist vor allem eine Methode, systematisch die eigene Persönlichkeit, die eigenen Werte und die eigene Umwelt zu erforschen und zu betrachten – liebevoll und freundlich. Falls du also in deinem Alltag oder Arbeitsalltag Dinge tust, die moralisch fragwürdig sind, (was ganz sicher nicht nur auf Manager*innen und Soldat*innen zutrifft,) so wirst du dich im Zuge deiner Meditationspraxis hoffentlich auch damit auseinandersetzen, wie du dazu eigentlich stehst.

Die eigene Sache besser machen

Meditation ist, überspitzt formuliert, ein Teil des Bemühens, ein besserer Mensch zu werden. Dafür braucht man meiner Ansicht nach keinen religiösen Überbau. Aber wer ernsthaft meditiert, kommt auf die Dauer auch nicht um die Betrachtung entsprechender Lebensbereiche herum. Ich bin sogar überzeugt, dass es gut ist und die Welt besser macht, wenn jede und jeder von uns immer wieder versucht, ihre oder seine Sache so gut und anständig wie möglich zu machen.

Meditation besserer Mensch
Meditation ist, überspitzt formuliert, ein Teil des Bemühens, ein besserer Mensch zu werden. Foto: Madison Lavern via Unsplash

Yoga wirkt auf die Psyche

Natürlich könnten wir Yoga auch wie Fußball oder Leichtathletik betreiben: rein als Sport. Vielleicht mit dem Ziel, schlanker, straff er oder gelenkiger zu werden – was sich natürlich auch durch andere sportliche Betätigung erreichen ließe. Wer erst einmal wirklich auf den Yogaweg einbiegt, erkennt aber schnell: Viel entscheidender sind die positiven Wirkungen auf die Psyche. Sogar von Traumapatient*innen weiß man aus Untersuchungen, dass bestimmte Yogapraktiken eine ausgezeichnete Ergänzung zur Therapie darstellen, weil sie dem Körper ermöglichen, die Ruhe und den Frieden zu erleben, die Traumapatient*innen so schwerfallen.

Aber es geht noch weiter, denn Yoga ist von seiner Tradition her ja eine spirituelle Praxis. Wenn man im Sinne des Achtgliedrigen Pfades übt, den Patanjali im Yogasutra beschrieben hat, dann sind Asanas und Meditation nur Schritte auf einem Weg, dessen letztes Ziel die völlige geistige Ruhe und Versenkung ist: Samadhi. Wer das im Blick hat, weiß: Yoga als Kalorienverbrennstunde wird völlig unter Wert genutzt. Genauso bleibt auch die Meditation hinter ihren Möglichkeiten zurück, wenn du nur sitzt, um dich in deinem ansonsten unveränderten Leben härter rannehmen zu können.

Durch Meditation lernst du dich besser kennen

Aber an dieser Stelle wird es tricky: Manche Menschen finden es sehr spannend und verlockend, sich und ihr Leben genauer zu betrachten. Anderen erscheint es schwierig oder schmerzhaft. Wie gesagt: Du musst das nicht tun, um die Vorteile der Meditation für dich zu nutzen. Ich schlage dir aber vor, offen für Erlebnisse und Wahrnehmungen in dieser Richtung zu bleiben. Meditation wird, wenn du dich auf sie einlässt, mit der Zeit dazu führen, dass du die in deinem Leben zum Ausdruck gebrachten Werte bemerkst und hinterfrägst. Du lernst dich selbst besser kennen und kannst so mehr die oder der werden, die oder der du sein möchtest.

Das gilt ähnlich für jedes Coaching, jede Psychotherapie, auch schon für ein substanzielles Gespräch unter Freunden: Wer große Angst davor hat, die eigenen Werte und das eigene Tun zu hinterfragen, und sich lieber hinter Härte und Entschlossenheit versteckt, hat vermutlich unbewusste oder unterbewusste Gründe dafür. Mit anderen Worten: Ob du es als eine Bereicherung oder als eine Irritation ansiehst, sich mit diesen Ebenen des Ichs auseinanderzusetzen, ist eine sehr persönliche Frage, die ganz unabhängig ist von der Meditation. Wenn du unbedingt genau so bleiben willst, wie du bist, solltest du nicht nur die Meditation, sondern ganz generell jede Form der Reflexion meiden.

Du musst für Meditation bereit sein

Wobei klar ist: Häufig handelt es sich bei einem solchen Beharren um eine Abwehr von Ängsten, die am Ende in sich zusammenbricht und zum Burnout oder einer Depression beiträgt. Man sollte aber auch nichts erzwingen: Wenn du dich im Rahmen der Meditation mit deinen Werten und deiner Persönlichkeit auseinandersetzt, obwohl es dir (jetzt) einfach richtig unangenehm ist, dich tief auf dich und das Leben einzulassen, dann kann Meditation zu Schwierigkeiten führen. Oder sie wird nicht gelingen, weil die ablehnende Stimme in deinem Inneren sich wehrt. Wenn du also wirklich große Angst davor hast, verwundbar, weich oder soft zu werden, dann würde ich dir empfehlen, eher die “einfachen” Techniken (wie Atemmeditation oder Gehmeditation) zu nutzen, oder ein Verfahren wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) oder autogenes Training zu erlernen. Das mindert deine körperliche Belastung durch Stress und du bist nicht gezwungen, deine Persönlichkeit auf den Prüfstand zu stellen.

Über die eigenen Werte stolpern

Aber nehmen wir mal an, du kannst und willst dich auf die tiefere Selbsterforschung in der Meditation einlassen: Was verändert sich dadurch? Ich behaupte mal: Wer eine Arbeit verrichtet oder an Verhaltensweisen festhält, die mit den eigenen Werten nicht wirklich vereinbar sind, wird früher oder später über diese Erkenntnis stolpern. Und ich glaube sogar, dass genau diese Befürchtung es ist, die manche Menschen davon abhält, zu meditieren. Denn wenn man erst einmal weiß, was man bisher erfolgreich verdrängt, muss man ja auch irgendwie damit klarkommen.

Eine bessere Version deiner Selbst

Doch keine Sorge: Wenn du einen Job hast, den manche vielleicht für völlig überflüssig halten, du findest ihn aber relevant – dann wird auch kein Problem beim Meditieren auftreten, keine Diskrepanz. Im positiven Fall trägt Meditation sogar zu mehr Rückgrat und Entschlossenheit bei. Denn wenn du bewusst erkennst, dass du mit dir, deinem Tun und deinen Werten im Einklang bist, dann kannst du auch deutlich überzeugender vertreten, was dir wichtig ist, und lässt dich nicht so leicht von alltäglichen Zwischenfällen verunsichern.

Das Ergebnis wären die Partner*innen, Freunde, Eltern, Kolleg*innen oder Chefs, die wir uns alle wünschen: offen genug, um gut zuzuhören, und entschlossen genug, um Position zu beziehen. Macht Meditation uns also zu besseren Menschen? Ich wüsste nicht, wie das gehen soll. Aber zu einer besseren Version des Menschen, der ich sowieso bin. Und vielleicht sollten wir davor nicht nur keine Angst haben, sondern uns sogar darauf freuen.


Autor Ulrich Hoffmann ist Yoga- und Meditationslehrer. Als Autor von Titeln wie “Was Meditation wirklich kann”, “Meditation: Mein Übungsbuch” und “Mini-Meditationen” erreicht er ein großes Publikum. Mehr Info auf ulrichhoffmann.de


5 gute Gründe, deine Kreativität zu fördern

Kreativität Symbolbild

Raus aus der Komfortzone und rein in neue Abenteuer! Ein wichtiger Schlüssel zu Inspiration, Lebensfreude und persönlichem Wachstum ist Kreativität – denn dahinter verbirgt sich sehr viel mehr als künstlerischer Erfindungsreichtum. Das Schöne ist: Jeder Mensch ist kreativ – und diese Kreativität macht unsere Welt reich und lebendig.

Text: Sally Wadyka / Titelbild: mihailomilovanovic von Getty Images Signature via Canva

Aufstehen, arbeiten gehen, einkaufen, Familienleben leben, Yoga üben, schlafen gehen – und gleich wieder von vorne beginnen: Routinen haben sicher vieles für sich, sie sparen Energie, sie geben dem Leben einen vertrauten Rahmen und damit Ruhe und Sicherheit. Gleichzeitig kann so ein Dasein in immer gleichen Rhythmen und Mustern aber auch jene Teile des Menschseins ersticken, denen wir viele der beglückendsten und lebendigsten Momente verdanken, die es immer wieder neu und spannend machen und die uns helfen, neue Lösungen für alte Probleme zu finden: Inspiration und Kreativität.

Lies dazu auch: “Raus aus dem Hamsterrad: Routinen durchbrechen!”

Wenn das Wort “Kreativität” bei dir vielleicht unangenehme Erinnerungen an schulisch verordnete Aufsätze, durchgekaute Bleistiftenden im Zeichensaal und verhasste Klavierstunden weckt: Tief durchatmen! Du musst kein neuer Stern am Klassikhimmel werden, den nächsten großen Bestseller schreiben oder eine App erfinden, die die Welt verändert. In diesem Artikel geht es weniger um künstlerische Kreativität, sondern um etwas viel Allgemeineres: Wir möchten dich dazu einladen, den kreativen Funken (wieder) zu entdecken, der neue Impulse und Ideen hervorbringt.

Denn auch wenn du das vielleicht von dir selbst bisher nicht dachtest: Jeder Mensch ist kreativ. Man muss nur den äußeren Rahmen und die innere Offenheit dafür schaffen, dass neue Ideen ins Bewusstsein ringen und sich entfalten können. Yoga und Meditation sind dafür sehr wertvoll, aber es gibt noch eine Reihe anderer Tipps und Techniken, um den kreativen Flow in Gang zu setzen.

Was ist das überhaupt, Kreativität?

Das lateinische Wort “creare” bedeutet “neu schöpfen, erschaffen, erfinden”, also etwas erzeugen, das es zuvor noch nicht gegeben hat. Im 19. Jahrhundert hat man Kreativität vor allem als Eigenschaft des künstlerischen Genies wahrgenommen. Der Kreativitätsforscher Joy Paul Gilford meint dagegen: “Jeder Mensch ist kreativ”. Er definiert Kreativität als eine spezielle Form des Denkens, die in der Lage ist, Informationen so zu ordnen, dass neue Lösungen für Probleme entstehen. Die wichtigsten Hemmnisse für Kreativität sind Versagensängste, Zeitdruck, Konformismus und Perfektionismus.

5 gute Gründe, die eigene Kreativität zu fördern

“Kreativität ist der Schlüssel zum Potenzial des Gehirns”, sagt der Neuropsychologe Theo Tsaouides. “Wenn man seinem Gehirn nicht erlaubt, kreativ zu denken, provoziert man eine Menge Probleme” – und man versperrt sich den Zugang zu einer der wichtigsten Quellen von persönlichem Wachstum, Lebensfreude und Zufriedenheit. Die Kreativität von der Leine zu lassen, kann zum Beispiel …

die Produktivität steigern: Kreativität funktioniert nur, wenn man neue Wege beschreitet. Man muss also riskieren, auch mal zu scheitern mit dem, was man gerade probiert. Herauszufinden, was nicht funktioniert, wirft aber auch ein neues Licht darauf, was funktionieren könnte – und das ist ein wichtiger Schlüssel zu mehr Produktivität.

➳ Ängste lindern: Wenn man sich Sorgen macht, liegt das oft daran, dass man sich vor einem bestimmten Ausgang einer Situation fürchtet. Kreatives Denken kann helfen, sich auch andere Szenarien vorzustellen – die nicht mehr und nicht weniger wahrscheinlich sind.

➳ depressive Stimmungen bekämpfen: Depression bedeutet, das Leben wie durch eine dunkle Brille zu betrachten und das Gefühl zu haben, nichts verändern zu können. Wenn man dagegen gewohnt ist, kreativ zu denken und neue Lösungen zu entwickeln, führt das zu einem hoffnungsvolleren Lebensgefühl.

➳ Flow-Erlebnisse erzeugen: Ganz in seine Tätigkeit vertieft, entrückt und völlig konzentriert zu sein, ist ein zutiefst beglückender Zustand. Psycholog*innen bezeichnen das, was wir auch in Yoga und Meditation anstreben, als Flow. Im kreativen Tun kann man Flow besonders leicht erleben.

➳ Selbstwirksamkeit spürbar machen: An Kindern kann man gut beobachten, wie befriedigend und stärkend es ist, selbst etwas zu erschaffen. Kreative Prozesse vermitteln Erfolgserlebnisse und stärken das Gefühl, selbst etwas zu bewirken und gezielt Einfluss auf die Dinge und die Welt nehmen zu können.


Autorin Sally Wadyka verfolgte beim Verfassen dieses Artikels ganz persönliche Interessen: Als freie Journalistin kennt sie sich aus mit kreativen Prozessen – und mit kreativen Blockaden.

Diese Meditation kann deine Kreativität und innere Klarheit unterstützen:

Das Universum im Darm: Faszination Mikrobiom

Sich das Mikrobiom in unserem Darm vorzustellen, ist gar nicht so leicht. Gerne wird es mit einer Blumenwiese verglichen, auf der es im besten Fall kunterbunt grünt und blüht und parasitäres Unkraut maximal eine Nebenrolle spielt. Doch womit haben wir es überhaupt zu tun und wie halten wir es gesund?

Text: Carmen Schnitzer / Titelbild: MD Max D Graphic Designer via Canva

In jedem von uns steckt eine ganze Welt! Wenn ich mit Freund*innen über diese Feststellung spreche – und das tue ich gerne – dachte ich dabei bislang an die vielen miteinander verwobenen Schichten aus Erinnerungen, Träumen, Wünschen, Ängsten und gesellschaftlichen Rollen, die uns ausmachen und die auch dann präsent sind, wenn Außenstehende sie nicht wahrnehmen. Seit ich mich für diesen Artikel mit dem Thema Mikrobiom auseinandersetze, merke ich: Es braucht gar keinen philosophischen Überbau, die Welt, die da in uns steckt, ist auch im rein physischen Sinn ebenso real wie faszinierend. Und der yogische Grundgedanke, dass alles mit allem zusammenhängt, bestätigt sich auch hier mal wieder.

Ein regelrechtes Ökosystem, gleich einem tropischen Regenwald, tut sich in uns auf, wenn wir genauer hingucken. Eine riesige Solidargemeinschaft, die gefährliche Eindringlinge bekämpft und sich bemüht, den Laden, der sich Organismus nennt, am Laufen zu halten. Okay: Ein starkes Mikroskop ist für dieses genaue Hingucken natürlich von Vorteil, denn diese riesige Gemeinschaft besteht aus unzähligen, winzig kleinen Einzelteilen.

Die Darmflora: Blühende Landschaften

Aber von vorn: Was ist das überhaupt, dieses Mikrobiom, von dem in den letzten Jahren immer häufiger die Rede ist? Kurz gesagt handelt es sich dabei um die Gesamtheit aller Mikroben, die unseren Körper bewohnen. Die Mundhöhle zum Beispiel, die Nase, den Genitalbereich oder auch die Haut. Vor allem aber den Darm – vielen ist darum auch noch der inzwischen als veraltet geltende Begriff “Darmflora” geläufig, der darauf zurückgeht, dass man Bakterien und andere Mikroorganismen einst den Pflanzen zuordnete (lateinisch flor bedeutet Blume). Auch wenn man mittlerweile weiß, dass dem nicht so ist (Bakterienzellen sind weder pflanzlich noch tierisch, weil ihnen im Gegensatz zu diesen der Zellkern fehlt): Das Bild einer blühenden Landschaft, eines Waldes oder einer Wiese veranschaulicht das, was da in uns passiert, schon ziemlich gut.

Geschätzt 100 Billionen Mikroorganismen tummeln sich im Darm, hauptsächlich Bakterien, außerdem Bakteriophagen, Viren und Pilze. Das ist eine 1 mit 14 Nullen dran! Und diese unvorstellbare Vielzahl an Mikroben sorgt im Optimalfall dafür, dass die Verdauung funktioniert, dass unsere Haut Keime abwehrt, dass Nährstoffe verwertet werden, dass Wunden gut verheilen, dass wir gut schlafen, dass sich unser Gewicht nicht in riskante gesundheitsgefährdende Bereiche entwickelt und, und, und. Eine ganze Armee fleißiger Helferlein, die insgesamt rund eineinhalb Kilo auf die Waage bringt, ist also unentwegt darum bemüht, unseren Körper zu unterstützen und gesund zu halten. Und unsere Seele gleich mit!

tanzende Frau im Sonnenlicht auf einer Blumenwiese, Symbolbild, von Oksana Krasiuk via Canva
Bild: Oksana Krasiuk via Canva

Das Bauchgefühl

Denn der Darm beeinflusst auch unsere Psyche immens – das weiß das auch der Volksmund: Zum Beispiel haben wir mal ein “gutes Bauchgefühl” und ein anderes Mal “schlägt uns was auf den Magen”. Das hängt auch mit dem komplexen Geflecht aus 100 bis 200 Millionen Nervenzellen in unserem Verdauungsapparat zusammen. Dieses “Bauchhirn” kommuniziert direkt mit unserem Denkorgan. Die ganzheitlich orientierte US-Ärztin Casey Means spricht in ihrem kürzlich erschienenen Gesundheitsratgeber “Good Energy. Der erstaunliche Zusammenhang zwischen Stoffwechsel und unerschöpflicher Gesundheit” gar vom Darm als “Schnittstelle zwischen dem Kosmos (das heißt allem im Universum), der gesamten Außenwelt und ,uns’.

Wer – wie ich zum Beispiel – jetzt schon überwältigt ist, dem sei gesagt: Das ist längst noch nicht alles! In der Sendung “Planet Wissen: Mikrobiom – Schlüssel zur Gesundheit?” (zu sehen in der ARD- Mediathek oder auf planet-wissen.de) wird die Mikrobiologin Prof. Dr. Lisa Maier gefragt, bei welchem Kilometer auf einer Strecke “von einem Kilometer bis zehn” wir aktuell in der Mikobiom-Forschung stehen. Ihre Antwort: “Auf den allerersten Metern.” Es gebe rund 5000 Spezies, die miteinander und mit der menschlichen Gesundheit interagieren: “Wenn man das hochrechnet, dann sieht man eigentlich: Es gibt noch unendlich viel zu tun!” Das kann also noch spannend werden in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten!

Darmbakterien – gut oder böse?

Konzentrieren wir uns aber erst mal auf das, was bereits bekannt ist: Die Zusammensetzung des Mikrobioms etwa ist so individuell wie ein Fingerabdruck und abhängig von den Lebensumständen, dem Lebensstil und vielem mehr. Schon bei der Geburt beginnt seine Entstehung, wobei es sogar einen Unterschied macht, ob ein Säugling per Kaiserschnitt oder vaginal zur Welt kommt. Über Körperkontakt, die Atmung und vor allem die Nahrung gelangen ständig neue Mikroben in den Organismus.

Gemerkt? In diesem Satz steckt bereits eine Botschaft: nämlich die, dass du einen großen Einfluss auf dein Mikrobiom hast. Das Ziel ist hier wie in der Natur das Schaffen und der Schutz von Artenvielfalt: Je mehr unterschiedliche “gute” Mikroben sich in und auf unserem Körper und insbesondere im Darm tummeln, desto besser. Zum Thema “gut” und “böse”:

Guck mal, wer da wohnt:
Unsere riesige Darm-WG

In unserem Körper ist ganz schön was los. Ein kleiner, grob unterteilter Überblick über die unterschiedlichen Mikroben:

“Die Guten”: Diese Bakterien, Viren und Pilze sind sozusagen die Verbündeten unseres Körpers. Ihnen liefern wir zum Beispiel über die Nahrung die nötigen Nährstoffe zum Überleben, und im Gegenzug unterstützen sie unseren Körper bei der Abwehr von Krankheitserregern, der Verdauung, der Bildung von Hormonen, der Stärkung unseres Immunsystems und, und, und. Manche dieser kleinen Helferlein sind allerdings etwas übereifrig und wehren sich auch gegen eigentlich harmlose Fremdstoffe wie Pollen. Das Ergebnis: Allergien!

“Die Schlechten”: Diese Schädlinge können zum Beispiel Infektionen wie eine Magen-Darm-Grippe oder Entzündungen auslösen und werden von den “guten” Bakterien bekämpft.

“Die Neutralen”: Die Faulpelze unserer Wohngemeinschaft. Sie tun uns nix Böses, helfen aber auch nicht im Haushalt mit oder unterstützen uns, wenn’s brenzlig wird. Diese Mikroorganismen sind einfach da.

Modell vom Darm, Symbolbild, von Panuwat Dangsungnoen von Getty Images
Bild: Panuwat Dangsungnoen von Getty Images via Canva

Das richtige Futter für den Darm

Casey Means warnt in ihrem oben genannten Buch eindringlich vor hochverarbeiteten Lebensmitteln und solchen aus konventionellem Anbau. Sie nennt fünf Dinge, die eine ausgewogene Ernährung unbedingt regelmäßig enthalten sollte, nämlich Mikronährstoffe und Antioxidatien (etwa aus Nüssen, Hülsenfrüchten, Spinat, Tempeh), Omega-3-Fettsäuren (zum Beispiel aus Fisch, Walnüssen, Chia- und Leinsamen), Ballaststoffe beziehungsweise Präbiotika (etwa aus Artischocken, Chicorée, Vollkornprodukten), Fermentiertes beziehungsweise Probiotika (wie Kombucha, geringfügig verarbeiteter Joghurt, Sauerkraut) und Eiweiß (aus Eiern, Milchprodukten, Nüssen und Samen). Finger weg heißt es bei Means (und vielen anderen Expert*innen) dagegen von Lebensmitteln mit raffiniertem, zugesetzten Zucker, raffinierten, industriell hergestellten Pflanzen- und Samenölen sowie raffiniertem hochverarbeiteten Getreide wie etwa Weißmehl.

Einer Untersuchung des “American Gut Project” zufolge essen Menschen mit dem gesündesten Mikrobiom mindestens 30 verschiedene pflanzliche Lebensmittel pro Woche! Zeit, mal was Neues auszuprobieren, denke ich mir da. Denn irgendwie greife ich im Laden dann doch meist zu meinen immergleichen Obst- und Gemüselieblingen wie Weintrauben, Tomate, Paprika oder Zucchini. Das darf bunter werden! Auch mit speziellen Nahrungsergänzungsmitteln, die “gute” Bakterien enthalten, kann man einen positiven Einfluss auf das Mikrobiom nehmen und die Darmfunktion unterstützen.

All das ist wichtig zu wissen, denn in hochentwickelten Ländern nimmt unter anderem aufgrund unserer Ernährung die mikrobielle Vielfalt stetig ab, wie neuere wissenschaftliche Studien zeigen. Und es ist sicher kein Zufall, dass gleichzeitig Zivilisations- oder Wohlstandskrankheiten wie Typ-2-Diabetes, Depressionen et cetera gerade dort auf dem Vormarsch sind. Mitverantwortlich dafür ist neben unserer oft allzu ungesunden, wenig natürlichen Ernährung auch der sorglose Umgang mit Antibiotika, die auch den “guten” Darmbakterien zusetzen und darum wirklich nur im Notfall zum Einsatz kommen sollten.

Bewegung für den Darm

Zudem bewegen sich viele Menschen in den Industrienationen zu wenig. Dabei brauchen unsere Organe und insbesondere der Darm Druck und Zug für die Durchblutung, und um reibungslos arbeiten zu können. Zu guter Letzt ist unser Darm auch kein Fan von Stress. Mit Yoga haben wir da natürlich ein wunderbares Tool an der Hand. Asanas wie Kobra, herabschauender Hund, Drehsitz oder Katze-Kuh können helfen, eine träge gewordene Verdauung wieder ankurbeln. Bei Durchfall hilft dagegen eher eine Vorwärtsbeuge. Im Zweifel frag bei Magen-Darm-Problemen aber lieber nochmal genauer deine Yoga-Therapeut*in, Arzt oder Ärztin.

Fazit: Sich für Artenvielfalt einzusetzen lohnt sich im Grunde überall – auf der Erde genauso wie im eigenen Körper! Auf dass diese faszinierenden Welten in und um uns weiter blühen und nicht verkümmern…


Carmen_Schnitzer, Autorin Yoga Journal

Carmen Schnitzer arbeitet als Journalistin und schreibt seit Jahren für das YOGAWORLD JOURNAL. Erfahre mehr über die Autorin und besuche ihre Facebook-Seite.

Hier findest du einen weiteren Beitrag von Carmen Schnitzer:

Falls dich das Thema Darmgesundheit interessiert, schau doch mal hier vorbei:

Und hier findest du mehr zum Thema Yoga und Ernährung: